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Anschlag in Ratingen: Polizei-Gewerkschaft platzt wegen Politikern der Kragen – „Zutiefst verstört“

Die Polizei-Gewerkschaft spricht wegen einer Sondersitzung im NRW-Landtag zum Anschlag in Ratingen Klartext. Fehlendes Mitgefühl?

© dpa

Video zeigt mutmaßlichen Täter von Ratingen auf seinem Balkon

In Ratingen kam es am Donnerstag zu einer Explosion in einem Wohnhaus. Ein Amateur-Video soll den mutmaßlichen Brandstifter auf seinem Balkon zeigen.

Noch immer herrscht absolute Fassungslosigkeit über das, was sich am 11. Mai in Ratingen abgespielt hat. Der Anschlag auf zahlreiche Rettungskräfte hat viele Fragen aufgeworfen. Zu den möglichen Motiven des 57-jährigen Tatverdächtigen aber auch über das Verhalten der Behörden. Denn der Mann war kein Unbekannter.

Wie die Polizei bestätigte, wurde der Mann mit einem Haftbefehl gesucht. Fragen wurden laut, ob die Einsatzkräfte nicht wussten, mit wem sie es zu tun haben (mehr hier). Hätte es eine Warnung geben müssen? Wegen Fragen wie dieser hat die SPD-Fraktion einen Antrag auf eine Sondersitzung im NRW-Landtag einberufen. Das hat jetzt für Unmut gesorgt.

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Ratingen: Polizei-Gewerkschaft poltert – „Verstört“

„Dass sich Politiker über den Stand der Ermittlungen informieren, gehört zu ihren Aufgaben“, sagte Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei NRW. „Aber die Art und Weise, wie es zu der Sondersitzung gekommen ist, deuten darauf hin, dass es einigen Politikern nicht nur um ihr Mitgefühl mit den schwer verletzten Einsatzkräften geht, sondern auch darum, den Innenminister aus parteipolitischen Motiven unter Druck zu setzten“, sagte Mertens und fügte hinzu: „Uns hat das zutiefst verstört.“ Mertens warnte am Tag vor der Sondersitzung vor „parteipolitischen Ränkespielen“.

Dabei stehen am Montag einzig und allein die neuesten Erkenntnisse zu den Ermittlungen im Fall Ratingen auf der Tagesordnung. „Es geht auch darum, wie wir unsere Sicherheitskräfte besser schützen können“, hatte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christina Kampmann, angekündigt.

Die Polizei-Gewerkschaft warnt vor politischen Machtspielchen zu Lasten von NRW-Innenminister Herbert Reul. Foto: dpa

Einsatzkräfte „konnten nicht vorgewarnt sein“

Die Polizei-Gewerkschaft wies darauf hin, dass es sich um einen Routineeinsatz gehandelt habe. Nachbarn hatten den Notruf wegen einer hilflosen Person gewählt. Gegen den 57-Jährigen habe ein Haftbefehl vorgelegen, weil er eine geringfügige Geldstrafe nicht bezahlt habe. Dass sich der Mann, der zur Prepper-Szene gehöre und offenbar zu Verschwörungstheorien neige, auf die Ankunft der Einsatzkräfte vorbereitet hatte, habe niemand geahnt. „Nach allem, was wir bisher wissen, konnten die Kollegen nicht vorgewarnt sein“, sagte ein Sprecher am Sonntag.


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Nach Angaben von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schweben ein Polizist und eine Rettungskraft noch immer in Lebensgefahr. Sie lägen mit schwesten Verletzungen im künstlichen Koma. Weitere Beamte und Rettungsdiensten seien noch auf Intensivstation. „Der Genesungsprozess wird bei einigen voraussichtlich sehr, sehr lange andauern“, sagte Reul. (mit dpa)