Eine aufgebrachte Menschenmenge zieht durch Gelsenkirchen und ruft antisemitische Parolen – die erschreckenden Szenen des unangemeldeten antisemitischen Demozugs am Mittwochabend ziehen weite Kreise in Deutschland.
Ein SPD-Politiker warnt nun von den Zuständen. Im Gespräch mit DER WESTEN spricht er von einer „Überschreitung aller Grenzen“.
Gelsenkirchen: SPD-Politiker warnt nach antisemitischem Demozug
Markus Töns, SPD-Bundestagsabgeordneter für Gelsenkirchen, ist schockiert. Eigentlich wolle er sich gar nicht zu dem antisemitischen Vorfall in seiner Stadt äußern, doch das schlimme Ereignis lässt ihm keine andere Wahl.
Denn: „Ich finde es fatal, dass jüdisches Leben immer noch bedroht ist.“ „Das ist ein Skandal“, sagt der 57-Jährige. In den vergangenen Jahren sei es uns gelungen, jüdisches Leben in Gelsenkirchen zu „stabilisieren“, doch der Vorfall von Mittwochabend sei „UNVORSTELLBAR“, betont der gebürtige Gelsenkirchener.
„Es ist beschämend für meine Stadt“ und es sei „nicht zu akzeptieren“. „Das (der Antisemitismus) darf bei uns nicht wieder Fuß fassen“, so der SPD-Politiker. Töns befürchtet offenbar einen wieder auflebenden Antisemitismus in Deutschland.
Die Polizei stellte bei der Anti-Israel-Demo schließlich Volksverhetzung, Landfriedensbruch, Widerstand und Beleidigung gegen Vollstreckungsbeamte sowie Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung fest. Die Polizei Gelsenkirchen meldete am Donnerstagabend, das sie einen 26-jährigen Deutsch-Libanesen aus Gelsenkirchen ermittelt hat. Der Staatsschutz hat eine Ermittlungskommission eingerichtet.
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Das ist die Stadt Gelsenkirchen:
- Stadtteil Buer 1003 erstmals urkundlich erwähnt
- rund 260.000 Einwohner, fünf Stadtbezirke und 18 Stadtteile, elftgrößte Stadt in NRW
- Heimatstadt des Bundesligisten FC Schalke 04
- Wahrzeichen unter anderen: Zoom Erlebniswelt, Wissenschaftspark Rheinelbe, Sport-Paradies
- Oberbürgermeisterin ist Karin Welge (SPD)
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Gelsenkirchener Abgeordneter: „Wir müssen noch genauer hinschauen“
Die Vorfälle seien eine „Überschreitung aller Grenzen“. Doch der SPD-Bundestagsabgeordnete ist nicht nur über das Verhalten der Demonstranten schockiert. Er fragt sich: „Hätte man das vorher nicht wissen können?“ Zwar sei die Demo nicht angemeldet gewesen, doch er meint: „Da hätte man deutlich früher reagieren können.“
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Die Demonstranten hatten sich am Gelsenkirchener Bahnhofsvorplatz versammelt und von da aus auf den Weg zur rund einen Kilometer entfernten Synagoge gemacht. Nur einige hundert Meter entfernt wurden sie laut Polizeiangaben von zahlreichen Beamten aufgehalten. Ein Video, das vermutlich aus der Synagoge heraus aufgenommen worden sei, wie ein Polizeisprecher sagte, zeigt, dass die Polizisten trotz der antisemitischen Parolen nicht eingriffen.
Für Töns sei es „ein politisches Rätsel“, dass Antisemitismus nicht aus der Gesellschaft weggehe und immer wieder aufkeime. Dabei würde er sich wünschen, dass die religiösen und Gesellschaftsgruppen zusammenleben. „Eigentlich funktioniert das“, sagt er.
„Ich erwarte von allen – Christen und Muslimen – Solidarisierung mit den Juden in Gelsenkirchen“. Und von der Politik fordert er, „dass man das stärker in den Blick nimmt“. „Wir müssen in NRW und Deutschland noch genauer hinschauen, wer Antisemitismus betreibt“, so Töns. „Es gibt da kein Relativieren!“ (nk mit dpa) >>> Mehr zu der Anti-Israel-Demo in Gelsenkirchen liest du hier
Nach dem antisemitischem Mob vor der Synagoge in Gelsenkirchen hat die Polizei den Schutz vor den Gotteshäusern in NRW verstärkt. >>> Hier mehr dazu