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Dortmund und Gelsenkirchen: Kinder-Kliniken schlagen Alarm – droht ein Aufnahmestopp?

Ein Virus, der die Atemwege befällt, bricht zurzeit wieder aus. In Dortmund und Gelsenkirchen sind deshalb die Kinderkliniken voll.

Dortmund und Gelsenkirchen Säugling
© IMAGO / HRSchulz

Warum sind Masern eigentlich so gefährlich?

Masern – eigentlich eine Kinderkrankheit, die dank Impfung ausgemerzt sein könnte. Doch warum sind Masern eigentlich so gefährlich – für Kinder wie für Erwachsene?

Alle Kinderkliniken sind voll, egal ob in Dortmund, Gelsenkirchen oder sonst wo in Deutschland. Der RS-Virus trifft aktuell so viele kleine Kinder und sogar Säuglinge, dass die Krankenhäuser nicht mehr wissen, wohin mit den ganzen Patienten.

Der Direktor der Dortmunder Kinderklinik, Prof. Dr. Dominik Schneider, spricht gegenüber DER WESTEN von einer „ganz heiklen“ Situation. Kein einziges Bett sei mehr frei. Ihn ereilen bereits Notrufe aus dem ganzen Land. Und in Gelsenkirchen sieht es auch nicht besser aus.

Dortmund und Gelsenkirchen: Kinderkliniken am Limit – „Keine lustige Situation“

Eine Welle an Virusinfektionen bricht zurzeit über das Land herein. Das Respiratorische Synzytial-Virus befällt die oberen Atemwege und ruft ähnliche Symptome wie bei anderen Infektionen, wie zum Beispiel der Influenza, hervor. Erwachsene stecken sich damit meist einmal pro Jahr an und tragen oft nur einen Schnupfen davon.

Doch besonders kleine Kinder können schwer daran erkranken, wie Prof. Dr. Schneider gegenüber DER WESTEN erklärt. Gerade im Säuglingsalter können die Atemwege regelrecht „verkleben“, sodass es zur Atemnot kommt. Da sie noch keine Grundimmunität entwickelt haben, ist der Virus für sie besonders gefährlich.

Die Situation in der Dortmunder Klinik sei derzeit grenzwertig. „Die RSV-Ansteckungszahlen sind zwar ähnlich hoch wie im letzten Jahr, doch gleichzeitig zeigt sich eine beginnende Influenzawelle – keine lustige Situation.“ Zudem befänden sich zahlreiche Kinder mit schweren Lungeninfektionen auf Station. Jeden Tag gäbe es 20 Neuaufnahmen, sodass kein einziges Bett mehr frei sei. „Wir sind ziemlich auf Kante genäht“, so Prof. Dr. Schneider. Doch ein Aufnahmestopp wäre keine Option. „Wer sollte die Kinder aufnehmen, wenn nicht wir?“

Notrufe gehen „quer durchs Land“

Wie der Dortmunder Klinikdirektor feststellen muss, sieht die Situation in anderen Städtchen nicht anders aus. Mit den Kinderkliniken in der Umgebung – Hamm, Hagen, Gelsenkirchen – sei man bereits im Austausch. Teilweise kämen Notrufe aus Bonn und erst kürzlich musste ein Kind aus Duisburg eingeflogen werden.

In der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen ist auch kein Platz mehr frei. „Wir sind voll belegt und haben die Kapazitätsgrenze erreicht“, so der ärztliche Direktor Dr. Gerrit Lautner. Ein Viertel aller Patienten sei an dem RS-Virus erkrankt, würden teils schon unter einer Bronchitis oder Lungenentzündung leiden. Oft blieben die Kinder über eine Woche auf Station und bräuchten zusätzlichen Sauerstoff. Darum rät Dr. Lautner Eltern zu einer Grippeimpfung: „Gesunde Eltern sind der beste Infektionsschutz für Kinder.“

Dortmunder Kinderklinik-Direktor klagt Politik an

Aktuell bemerkt der Direktor der Dortmunder Klinik besonders viele Fälle von erkrankten Säuglingen. Im letzten Jahr seien noch mehrere Jahrgänge betroffen gewesen, nun jedoch vor allem Kinder im ersten Lebensjahr. Das erklärt sich womöglich mit der Corona-Pandemie, wie der Klinikdirektor aus aktuellen Studien schließt. So seien Schwangere dem Virus weniger ausgesetzt gewesen und konnten für ihre Babys keine Leih-Antikörper entwickeln. Die Folge sind viele Säuglinge ohne jegliche Immunisierung.


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Die aktuell „knackige Viruswelle“ weise nun erneut auf die strukturelle Notlage hin, die bereits die Corona-Pandemie aufgedeckt habe. „Die Kindermedizin ist unterfinanziert“, stellt Prof. Dr. Schneider fest. Betten würden wegrationalisiert, Kliniken geschlossen, Personal wandere ab und dann auch noch die Corona-Krise. „Genau diese Einsparmaßnahmen fallen uns nun auf die Füße“, meint der Mediziner. Er spricht von einer politischen Fehlentwicklung, der es nun entgegenzusteuern gelte.