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Bochum: Einwohner rechnen mit eigener Stadt ab – „Kaputt gemacht“

Über das Einkaufen in Bochum wird heftig diskutiert. Einwohner äußern Kritik und Lösungsideen. Jetzt kommen Forscher in die Stadt.

© IMAGO / Jochen Tack

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Schon Herbert Grönemeyer sang über Bochum: „Du bist keine Weltstadt – auf deiner Königsallee finden keine Modenschau’n statt.“ Doch in einer aktuellen Diskussion gehen zahlreiche Bochumer noch viel härter mit ihrer Stadt ins Gericht als „Herby“. Es gibt aber auch Lösungsvorschläge.

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Auslöser der Diskussion ist eine Ankündigung der Stadt Bochum, die aufhorchen lässt. Das Bundesministerium für Stadtentwicklung und das Bundesamt für Bauwesen haben zwei Universitäten und ein Stadtplanungsinstitut damit beauftragt, sich Bochum und fünf weitere deutsche Städte genauer anzuschauen. Konkret sollen die Forscher in der einstigen Bergbau-Metropole untersuchen, wie sich die Corona-Pandemie und der boomende Online-Handel auf den Ruhr Park und den Einzelhandel in der Bochumer Innenstadt mit dem weithin bekannten Bermuda-Dreieck ausgewirkt haben.

Bochum: „Leider ein Open-Air-Lost-Place“

Doch kaum hat die Stadt Bochum auf Facebook die Ankündigung gepostet, entbrennt schon eine sehr kritische Diskussion. Und da geht es nicht nur darum, dass Bochum, wie Grönemeyer sang, „ein Himmelbett für Tauben“ und „leider total verbaut“ ist. Die Innenstadt sei „ein Open-Air-Lost-Place“, kommentiert ein Nutzer. Eine andere Nutzerin pflichtet ihm bei: „Die Innenstadt ist vor ein paar Jahren gestorben und verkommt von Jahr zu Jahr mehr.“

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Ein älterer Bochumer schwelgt in Erinnerungen: „Ich bin als Kind der Innenstadt und im Schatten der Schlegel-Brauerei groß geworden, habe eine lebendige Stadt erlebt. Heute, da hilft auch keine Studie, sind Deutschlands Städte alle gleich. Filialisten mit ständig wechselnden Filialleitungen, Franchise-Nehmer, die andere glücklich machen. Einkaufscenter in der City, die vor Leerstand nur so glänzen.“

Bochum: „Keine Bedeutung mehr! Kaputt gemacht!“

Ein Nutzer versucht sich an einer Analyse: „Corona war maximal eine Beschleunigung, aber hat nichts grundsätzlich damit zu tun. Innenstädte sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Shopping-Center wie der Ruhr Park bieten da wesentlich mehr.“ Ein anderer Mann sieht das ähnlich: „Das Zeitalter des Shoppens in einer Innenstadt ist ausgelaufen. Siehe Galeria Kaufhof, das kommt ja nicht von ungefähr.“ Und noch ein Bochumer kommentiert: „Unsere Innenstadt hat keine Bedeutung mehr! Kaputt gemacht! Von Leuten, die aus ihrer Sicht bestimmt nur das Beste wollten, aber nicht über den Tellerrand geschaut haben.“

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Doch in der Diskussion gibt es nicht nur Kritik und Vorwürfe, sondern auch Lösungsvorschläge. Einer lautet: „Man sollte darüber nachdenken, Innenstädte mehr und mehr zu Kulturplätzen umzuwandeln. Weiter kann man die frei gewordenen Flächen nutzen, um zum Beispiel Wohnraum zu schaffen, der dringend benötigt wird. Alles in allem finde ich dieses Gejammer immer total schrecklich. Dieses ständige ,Früher war alles besser und wir müssen alles erhalten‘ ist in meinen Augen totaler Quatsch und man sperrt sich gegen den Fortschritt.“

Sind Autos in der Innenstadt die Lösung?

An diesen Vorschlag knüpft ein anderer Nutzer an: „Ich denke auch: Kulturplätze, Veranstaltungen, Flair und bestenfalls Autos raus, wo es geht. Wir brauchen Erholungs- und Abschaltflächen. Shoppen gehen wir online oder eben im Ruhr Park usw.“ Ein anderer Bochumer sieht noch Chancen für den Einzelhandel in der Innenstadt, aber dafür müsse sich etwas ändern: „Der Ruhr Park macht es vor. Ladenlokale, die regelmäßig auf den Stand der Technik gebracht werden. Parkplätze kostenlos.“ An die Bochumer Stadtplaner appelliert er: „Verpflichtet die Eigentümer der Ladenlokale, die Haustechnik und Fassaden auf den neusten Stand zu bringen und sorgt dafür, dass die Pacht bezahlbar bleibt. Macht die Innenstadt wieder befahrbar. Bekommt kostenlose Parkplätze hin.“


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Moment mal. Die Bochumer Innenstadt für Autos befahrbar machen? Für diesen Vorschlag gibt es in der Diskussion sofort Gegenwind. Ein Nutzer schreibt: „Innenstädte befahrbar machen? Ich habe überhaupt gar keinen Bock, irgendwo einkaufen zu gehen, wo mir Tausende von Autos entgegenkommen und es einfach nur laut ist und stinkt.“ Zustimmung kommt von diesem Nutzer: „Eines der Dinge, die mich an Berlin stören: Es gibt kaum Auto-freie Fußgängerpassagen in der Innenstadt… Ich finde es einfach nicht angenehm, da durch die Straßen zu bummeln und in Geschäfte zu gehen.“

Die Diskussion zeigt: Die Forscher werden einiges zu tun haben. Aus Sicht der Bochumer liegt vieles im Argen, aber Hopfen und Malz sind vielleicht noch nicht verloren. Oder wie Herbert Grönemeyer singt: „Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser, als man glaubt!“