Eine Kanzlerpartei mit weniger als 14 Prozent der Stimmen – was für ein Debakel für die SPD. Während Olaf Scholz lächelnd durch das Willy-Brandt-Haus wanderte, zeigten sich Lars Klingbeil und Kevin Kühnert schon angeschlagener von dem Ergebnis.
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Doch was nun nach der Pleite zwangsläufig in der SPD diskutiert wird, könnte die Ampel-Koalition endgültig sprengen.
Arbeiter wenden sich von der SPD ab
Gesundheitsminister Karl Lauterbach machte schon am Wahlabend den Auftakt. Er postete auf X eine Wahlauswertung von Infratest dimap (ARD). Demnach kam die AfD bei Menschen mit einem „niedrigen Lebensstandard“ auf 32 Prozent. Die SPD kam dagegen bei Menschen mit wenig Geld nur auf 11 Prozent. Für weitere Konkurrenz für die frühere Arbeiterpartei sorgt Wagenknechts BSW mit 9 Prozent.
Lauterbach zieht daraus einen klaren Schluss:
„Wir müssen mehr für Menschen mit geringem Lebensstandard tun. Auch wenn das für große Teile der Kritiker der Regierung kein wichtiges Ziel ist.“
Karl Lauterbach am Wahlabend auf X
Eine weitere Statistik unterstreicht die Schwäche der SPD bei den „einfachen Leuten“. So wählten nur noch 12 Prozent der Arbeiter die Sozialdemokraten. Die AfD kam bei dieser Wählergruppe auf 34 Prozent, die Union auf 24 Prozent.
Doch was will die SPD nun in der Ampel vorantreiben? Einen weiteren politisch gesteuerten Anstieg des Mindestlohns auf 14 oder gar 15 Euro die Stunde? Nicht durchsetzbar mit der FDP.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert erklärte jedoch am Montag nach der Europawahl kämpferisch in Richtung des liberalen Koalitionspartners im Haushaltsstreit:
„Ein Sparhaushalt auf Kosten des sozialen Zusammenhalts – den kann, den wird es mit der Sozialdemokratie nicht geben.“
Kevin Kühnert nach EU-Wahl
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Wie soll die Ampel den Haushaltsstreit überstehen?
Da Finanzminister Christian Lindner auf die Einhaltung der Schuldenbremse pocht und strikt gegen Steuererhöhungen für Wohlhabende, gibt es aus FDP-Sicht keinen Spielraum für weitere Sozialausgaben. Die Kindergrundsicherung, die Grüne und SPD in den Koalitionsverhandlungen mit den Liberalen durchdrückten, ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.
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Es ist kaum vorstellbar, wie die SPD mit der FDP als Koalitionspartner und angesichts der Haushaltslage ihr soziales Profil starker betonen kann bis zur nächsten Bundestagswahl. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sagte am Sonntagabend bei der sogenannten Elefantenrunde der Parteivorsitzenden im Studio von RTL/ntv: „Wir haben schwierige Haushaltsberatungen vor uns.“
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Nun macht wiederum auch FDP-Chef Lindner neuen Druck und will ein „Fairness-Update“ beim Bürgergeld – mit mehr Druck auf die Arbeitslosen. Ob die Ampel all diese anstehenden Verhandlungen übersteht, steht in den Sternen.