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Mehr Abschiebungen unrealistisch? Experte deutlich: „Den Behörden fehlt Personal“

Das „Festival der Vielfalt“ in Solingen endet in einer Tragödie. Wieso kam es nie zu der Abschiebung und kann sich überhaupt etwas ändern?

Nach der schockierenden Attacke beim Stadtfest in Solingen geraten die Behörden unter Beschuss. Der Täter war zur Abschiebung vorgesehen, blieb aber in Deutschland. Wie konnte es zu diesem folgenschweren Fehler kommen? Die Hintergründe werfen viele Fragen auf.
© IMAGO/Martin Müller

Messer-Anschlag von Solingen: Täter stellt sich

Die Polizei meldet die Festnahme eines Syrers (26).

Noch immer steht ganz Deutschland unter Schock. Nach dem Messerangriff beim „Festival der Vielfalt“ in Solingen wurden mehrere Menschen verletzt, drei davon starben. Der mutmaßliche Täter sollte eigentlich abgeschoben werden. Doch das ist nie geschehen. Nun fordern viele Politiker eine Verschärfung bei Abschiebungen.

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Die Frage, die alle bewegt: Wie konnte es zu dieser schrecklichen Bluttat kommen? Wieso kam es nicht zur Abschiebung und ist eine Änderung des Zustands überhaupt realistisch?

Messerangriff in Solingen erschüttert Deutschland

Nach dem Messerangriff am 650. Geburtstag der Stadt Solingen kristallisieren sich immer mehr Details zum Tathergang heraus. Ein mutmaßlicher Täter wurde bereits festgenommen. Dieser Tatverdächtige sollte eigentlich abgeschoben werden, so diverse Pressemeldungen. Von Deutschland sollte er nach Bulgarien gebracht werden, es war eigentlich alles geregelt. Doch dann trafen die Behörden den Tatverdächtigen nicht in seiner Unterkunft an und kamen angeblich nicht wieder.

Wenn ein Asylsuchender in die EU kommt und in Deutschland bleiben will, kann Deutschland ihn in das Land zurückführen, das er als erstes erreicht hat. Im Fall des Solinger Tatverdächtigen also Bulgarien. Nach der Dublin-III-Verordnung geht das aber nur in einem gewissen Zeitraum. Wenn die Behörden den Asylsuchenden also nicht innerhalb von sechs Monaten abschieben, ist das Erstaufnahmeland nicht mehr zuständig. Diese Frist ist beim Tatverdächtigen aus Solingen wohl verstrichen.

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Viele Politiker, darunter die SPD-Vorsitzende Saskia Esken und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, fordern eine konsequente Abschiebung von Straftätern in ihre Heimatländer. Merz geht dabei sogar noch einen Schritt weiter: Er fordert einen sofortigen Aufnahmestopp aus Afghanistan und Syrien. Auch Olaf Scholz hatte im Herbst 2023 angekündigt, „im großen Stil“ abschieben zu wollen. Das ist jedoch leichter gesagt als getan.

Abschiebung des Tatverdächtigen gescheitert

„Es gibt auch einen Grund, warum die Behörden das häufig nur einmal probieren“, erklärt Jurist und Hochschullehrer Daniel Thym im Heute-Journal. „Sie haben einfach nicht die Ressourcen. Ihnen fehlen Menschen, Personal“. Außerdem „sind die Verwaltungsabläufe so super kompliziert, dass es die Behörden derzeit einfach nicht schaffen, in jedem Einzelfall mehrfach das zu probieren. Das führt dann dazu, dass die Menschen dauerhaft in Deutschland bleiben.“

Wie geht es nun mit dem Tatverdächtigen aus Solingen weiter? Thym erklärt, er bekomme erstmal ein Strafverfahren, wie jeder andere auch, und müsse dann wahrscheinlich ins Gefängnis.


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Eine Möglichkeit wäre, erklärt Thym, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den mutmaßlichen Täter überprüft und – wenn er in Syrien doch sicher sein sollte – dorthin abschiebt.