Wie stehen die Russen zu Putin und dem Krieg in der Ukraine? Zuletzt gab es Berichte über einen Sinneswandel in der Bevölkerung. Eine neue Umfrage deutete ein Umschwenken an. Doch eine Insiderin winkt ab – das ganze Land ist voll im Kriegsmodus.
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Für ARD-Korrespondentin Ina Ruck war Russland eine „zweite Heimat“ – nun befinde sie sich in einem „schmerzhaften Prozess, so eine Art Trennungsprozess“, erzählt sie in der TV-Talkshow von Sandra Maischberger (14. November). Sie erkennt ihr Russland nicht wieder.
ARD-Reporterin: „Wir sind der Feind im Land“
In der ARD-Sendung berichtet Ruck davon, wie sie das Land von Präsident Putin mittlerweile erlebt. „Wir sind quasi der Feind im Land“, sagt sie, als sie über die Arbeitsbedingungen als westliche Journalistin auspackt. Es sei sehr schwierig geworden, überhaupt Gesprächspartner zu finden. Nur noch wenige würden mit ihr sprechen wollen .
Das ganze Land sei auf einen langen Krieg in der Ukraine eingestellt. Es sei nicht nur Putins Krieg, muss sie einräumen. Man ist „kollektiv im Krieg, hat einen kollektiven Feind“ – und finde das auch mehrheitlich in Ordnung.
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„Die Rüstung läuft, es gibt Vollbeschäftigung in Städten mit Rüstungsindustrie.“ Auch brauche es aktuell gar keine Mobilmachungswelle im Land. „Die ist gar nicht nötig! Die Leute melden sich freiwillig zum Kriegsdienst, weil es natürlich sehr gut bezahlt wird.“
Maischberg lässt dann einen Ausschnitt aus dem Konzert des beliebten russischen Popmusikers Shaman einblenden. Er drückt auf der Bühne auf einen symbolischen roten Atomknopf, seine Fans jubeln. Dazu singt er: „Ich bin Russe, wir Russen gehen immer bis zum Ende!“ Ina Ruck dazu: „Das ist ein Hit in Russland, ein absoluter Partysong“.
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Propaganda von Putin zeigt Wirkung beim Volk
Zuletzt veröffentlichte die Forschungsgruppe Russian Field Umfragezahlen, die auf einen Sinneswandel im Land hindeuteten. Demnach waren 48 Prozent der Befragten für Friedensverhandlungen. Nur 39 Prozent für die Fortsetzung der Kämpfe, der Rest enthielt sich.
Den Eindruck kann Ruck so nicht bestätigen: „Ich höre es sehr, sehr selten, dass jemand sagt: ‚Dieser Krieg ist falsch. Wir müssen ihn beenden'“. In Hinblick auf Verhandlungen seien viele aufgeschlossener – aber nur unter der Bedingung, dass es bei den russischen Geländegewinnen in der Ostukraine bleibt. „Es ist schon sehr erschreckend“, so die Russland-Kennerin.
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Kanzler Olaf Scholz zeigte sich am Mittwoch (15. November) im Bundestag jedoch betont willensstark. Putin hoffe darauf, den Krieg auszusitzen, bis die Bereitschaft zur Unterstützung der Ukraine im Westen über eine lange Strecke schwinde. Scholz bekräftigte aber: „Wir werden die Ukraine unterstützen, solange wie das notwendig ist. Darauf kann sich die Ukraine verlassen“.
Russlands Mentalität hat sich verändert – „Viele Freunde verloren“
Für Ina Ruck hat die Veränderung in Russland unter Putin auch eine persönliche Komponente. Sie habe viele Freunde „an die Propaganda verloren“. Dieses imperialistisch denkende Land könne sie nicht mehr als zweite Heimat bezeichnen.