„Herr Scholz, wann Bubatz legal?“, fragte ARD-Journalistin Tina Hassel den Bundeskanzler im Juli vergangenen Jahres. Die Cannabis-Legalisierung komme in dieser Legislaturperiode, versprach Scholz.
Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ins Spiel gebrachte Teil-Legalisierung von Cannabis sollte zum Jahreswechsel kommen (mehr dazu hier). Doch der Startschuss für die Hanf-Revolution verspätet sich. Laut „Tagesspiegel“ wird der Durchbruch erst im Frühjahr 2024 eintreten, da sich die Ampel in ihren endlosen Debatten über die Details des Gesetzes verstrickt hat. Ein Durchbruch, der nicht nur die Gemüter der Politiker, sondern auch die der Kiffer erhitzt.
„Niemand wird wegen des Konsums kriminalisiert“
Der erste Plan von Lauterbach wurde von Experten zerpflückt, doch nun, nach langen Verhandlungen, haben sich SPD, Grüne und FDP auf Änderungen geeinigt. Ab dem 1. April des kommenden Jahres dürfen Erwachsene Cannabis selbst anbauen und besitzen. Ab Juli sollen sogar Cannabis-Clubs aus dem Boden sprießen, in denen gemeinschaftliches Gärtnern zum sozialen Event wird.
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„Von nun an wird niemand mehr wegen des Konsums von Cannabis kriminalisiert“, verkündet Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), die Chefin des Gesundheitsausschusses im Bundestag, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei in den Verhandlungen gelungen, „praktikable Regelungen zu finden, die den Jugend- und Gesundheitsschutz gewährleisten und die Entkriminalisierung von erwachsenen Konsumierenden Wirklichkeit werden lassen“. Für jene unter 18 Jahren bleibt der Griff zum grünen Kraut tabu.
Die Grünen jubeln über einen „Paradigmenwechsel“, den sie als Sieg für all jene feiern, die sich jahrelang für die Legalisierung starkgemacht haben. Die gesundheitspolitischen Sprecher von SPD, Grünen und FDP teilen mit, dass sie die gesellschaftliche Realität anerkennen und neue Wege in der Cannabis-Drogenpolitik gehen.
Cannabis: Ampel entschärft Regeln
Doch bevor man in Jubelchöre ausbricht, gibt es ein paar Regeln zu beachten. Die „Bannzone“, in der das Kiffen verboten bleibt, wird verkleinert. Im Klartext: In Sichtweite von Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen dürfen keine Rauchwölkchen aufsteigen, und dafür reichen nun 100 Meter statt der bisherigen 200. Der Deutsche Hanfverband jedoch lehnt alle Abstandsegeln und Konsumverbote ab.
Strafvorschriften werden entschärft, und es gibt eine Toleranzgrenze für den legalen Besitz von Cannabis. Ursprünglich waren Mengen über 25 Gramm strafbar, nun werden Mengen zwischen 25 und 30 Gramm im öffentlichen Raum und zwischen 50 und 60 Gramm im privaten Bereich als Ordnungswidrigkeit behandelt. Erst darüber wird es ernst. „Die Toleranzmenge hätte noch größer sein müssen“, erklärt der Hanfverband in einem Video.
„Hätten uns mehr vom Bundestag gewünscht“
Auch die Bußgelder werden aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von maximal 100.000 auf 30.000 Euro gesenkt. Das Gesetz klärt außerdem, dass sich die erlaubte Besitzmenge auf getrocknetes Cannabis bezieht. Ohne diese Klarstellung wäre das legale Abernten der erlaubten drei Cannabis-Pflanzen laut Experten undenkbar gewesen. Auch der Hanfverband forderte diese Unterscheidung bei einer Anhörung, beklagt aber gleichzeitig: „Wir hätten uns mehr vom Bundestag gewünscht“.
Vorerst wird der Plan der Ampel, Cannabis in lizenzierten Geschäften anzubieten, auf Eis gelegt. Das soll zunächst nur im Rahmen von Modellversuchen in einzelnen Regionen ausprobiert werden. Stattdessen dürfen Mitglieder von Cannabis-Clubs die grüne Pflanze gemeinsam züchten und austauschen.
Aber das ist noch nicht alles: Die Ampel hat beschlossen, dass bis zum 31. März 2024 eine Expertenkommission einen neuen THC-Grenzwert im Straßenverkehr festlegen soll. Der aktuelle Wert von 1,0 Nanogramm je Milliliter Blutserum ist zu niedrig, sagen sie. Er kann sogar Tage oder Wochen nach dem Konsum noch überschritten werden.
Einige Kommentare unter dem Video des Deutschen Hanfverbands zeigen, was Konsumenten von den neuen Details halten:
- „Solange ich privat zuhause anbauen darf und mich vom Schwarzmarkt fernhalten kann, ist das für mich schon ein großer Erfolg“
- „Unsere Regierung hat einfach absolut keinen Plan von der Materie“
- „Wow, für diese Mini-Änderungen sollen wir jetzt Monate warten? Ich bin maximal enttäuscht, aber was haben wir erwartet“