Seit diesem Jahr erhalten ehemalige Empfänger von Hartz 4 das Bürgergeld und damit auch mehr Geld. So stieg der Regelsatz von 449 Euro auf 502 Euro pro Monat. Seit Juli 2023 greift die zweite Stufe der neuen Sozialreform.
Aus- und Weiterbildungen stehen dabei im Fokus. Doch nicht jeder kann von den neuen Möglichkeiten auch profitieren – Langzeitarbeitslose zum Beispiel. Jetzt sollen noch mehr Maßnahmen für Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in den Arbeitsmarkt vermittelt werden können, eingestampft werden.
Bürgergeld: Jobcenter nicht „ausreichend finanziert“
Denn: Im aktuellen Haushaltsentwurf der Bundesregierung seien „nicht genügend aktive Arbeitsmarktmittel und nicht genügend Mittel für Verwaltungskosten der Jobcenter eingeplant“ worden, sagt Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit. „Da steht ein Minus von 6,6 Prozent, umgerechnet 700 Millionen Euro weniger“, betonte Nahles im Interview mit „Welt am Sonntag“. „Wir sind schlichtweg nicht ausreichend finanziert.“
Die Folge: Die Jobcenter würden darauf drastisch reagieren – und zwar zum Nachteil von Langzeitarbeitslosen. Denn die Jobcenter planen laut Nahles bereits weniger Maßnahmen für die Integration von Langzeitarbeitslosen. „Die Sicherheit, dass sie das refinanzieren können, ist weg“, sagte die ehemalige SPD-Vorsitzende und Bundesarbeitsministerin.
„So viel zum Thema Bürgergeld“
Und selbst haben die Jobcenter mit großem Personalmangel zu kämpfen. Vor allem sei es schwierig, Beschäftigte für den IT-Bereich zu gewinnen. Denn die Gehälter in der freien Wirtschaft seien so hoch, dass die Behörde im Tarifgefüge nicht mithalten könne.
Zusätzlich werden die Ämter gerade durch diese Tariferhöhung mit 300 Millionen Euro im nächsten Jahr belastet. „Teilweise können die Jobcenter Personal nicht nachbesetzen, weil sie nicht wissen, wie sie es auf Dauer finanzieren sollen“, so Nahles.
Dass die Jobcenter sparen müssen, ist vor allem für Langzeitarbeitslose ein großer Nachteil. Denn eigentlich sehe das Bürgergeld Mehrausgaben bei den Maßnahmen für Langzeitarbeitslose vor. Kritik dazu kommt von Ulrich Schneider.
Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands schreibt auf Twitter: „Bundesregierung zwingt [die Bundesagentur für Arbeit], bei Integrationsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose einzusparen. So viel zum Thema ‚Bürgergeld'“.
Und: Gleichzeitig wächst die Zahl der Langzeitarbeitslosen wieder. „Diejenigen, die arbeitslos sind, kommen nicht mehr so schnell in Arbeit“, mahnt die ehemalige SPD-Politikerin. Nach der Pandemie sei die Zahl der Langzeitarbeitslosen jeden Monat zurückgegangen, jetzt stelle sich eine Trendumkehr ein.