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Newsblog zur Ampel-Krise: Streit eskaliert – Ampel sagt Koalitionsausschuss ab

Die Wahlen in Sachsen und Thüringen waren eine Klatsche für die Ampel. Intern beginnen die Drohgebärden, kommt es bald zum Regierungs-Aus?

Nach den Wahlen im Osten wird der Tonfall in der Ampel rauer. Droht ein baldiges Aus?
© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

So hat Sachsen gewählt: CDU gewinnt knapp vor der AfD

Sachsen hat einen neuen Landtag gewählt. Wie die Wahl ausgegangen ist, erfährst du im Video.

Das Wahldebakel im Osten hat das politische Berlin in Aufruhr versetzt. Die Ampel-Parteien ergatterten im Trio in Sachsen lediglich 13,3 Prozent, in Thüringen waren es sogar nur 10,4 Prozent. Die Grünen verabschiedeten sich aus dem Erfurter Landtag, die FDP aus Erfurt und Dresden.

Die Rufe nach Neuwahlen aus der Opposition werden lauter – und auch intern rumort es gewaltig in der Koalition.

Newsblog: Kommt es zum Ampel-Aus?

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Freitag, 6. September, 11:10 Uhr: Seit den desaströs verlaufenen Ostwahlen haben die Parteien SPD, Grüne und FDP nicht mehr miteinander beraten. Das wird auch erst einmal so bleiben. Denn die Ampel will nicht mehr miteinander sprechen. Ein für Mittwoch kommender Woche (11. September) geplanter Koalitionsausschuss ist abgesagt worden, wie mehrere Teilnehmer des Gremiums gegenüber „Welt am Sonntag“ bestätigen. Eigentlich wollte man sich bis Mitte nächster Woche auf Reformen der Migrationspolitik verständigen.

Freitag, 6. September, 8.33 Uhr: Insbesondere die Inhalte der Migrations- und Wirtschaftspolitik von SPD, Grüne und FDP klaffen weit auseinander. FDP-Vize Kubicki fordert jetzt von seiner Partei, dass man die Regierung platzen lassen müsse, sofern es hier keine Bewegung gebe. „Wir werden das Jahr nicht in dieser Koalition beenden, wenn es keine Bewegung in der Migrationsfrage und vor allem keine Bewegung bei der Wirtschaftspolitik gibt“, sagte er im Podcast von Pioneer. Die zu hohe Einwanderungsquote würde zu viele Migranten nach sich ziehen, die sich nicht in das Wirtschaftssystem integrieren, sondern vom Sozialsystem leben würden.

„Wir können diese Politik nicht mehr mittragen und werden die Ampel verlassen, wenn keine entsprechenden Maßnahmen umgesetzt werden. Dann müssen Sozialdemokraten und Grüne alleine untergehen. Jedenfalls nicht gemeinsam mit der FDP“, konkretisiert er sein Appell. Als es um den Kanzler geht, wird der 72-Jährige noch deutlicher: „Man kann sicher sagen, dass Olaf Scholz nicht mehr der nächste Bundeskanzler in Deutschland sein wird.“

Donnerstag, 5. September, 15.45 Uhr: Die Union bringt sich bei auf der Klausurtagung der Fraktionsspitze in Neuhardenberg für einen Regierungswechsel in Stellung. „Wir beschäftigen uns praktisch gar nicht mehr oder ganz wenig nur am Rande mit dem, was von dieser Koalition kommt“, sagte Friedrich Merz zum Auftakt der Veranstaltung. Konkreter wurde Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU. Man treffe sich auch, um eine „Regierungsübernahme in Berlin vorzubereiten“, so der 54-Jährige.

Bürgergeld und Schuldenbremse gießen Öl ins Ampel-Feuer

Donnerstag, 5. September, 9.32 Uhr: Es gibt zwei neue Ampel-Konflikte: ums Bürgergeld und die Schuldenbremse! Nach Berechnungen des Arbeits- und Sozialministerium ist der Regelsatz für das Bürgergeld zu hoch! Er müsste für Alleinstehende eigentlich bei 539 Euro liegen. Im kommenden Jahr gibt es eine Nullrunde, eine Kürzung ist im Sozialgesetzbuch nicht vorgesehen. Genau das kritisiert nun FDP-Sozialpolitiker Jens Teutrine laut „Table.Media“ und fordert eine Absenkung des Regelsatzes.

Daneben pocht die SPD-Bundestagsfraktion auf eine Reform der Schuldenbremse für Investitionen in die Infrastruktur. Damit gehen die Sozialdemokraten auf Konfrontationskurs mit der FDP, die das strikt ausschließt. In einem Papier der SPD-Fraktion, das „Spiegel“ und „Table.Media“ vorliegt, heißt es, die bisherige Schuldenbremse sei „zu starr“. Nötig seien hohe dreistellige Milliardenbeträge für die Sanierung von Brücken, Autobahnen, Schienen, Schulen und Schwimmbäder. Man erwarte, „dass sich auch die Parteien, die bisher auf der Bremse stehen, den Realitäten und dringenden Handlungsnotwendigkeiten stellen und zu einer konstruktiven Reformdebatte bereit sind“, so SPD-Politiker Achim Post mit einem Seitenhieb gegen die FDP.

Olaf Scholz offenbart seine Ratlosigkeit – „Welches Patentrezept haben Sie“, fragt er einen Bürger

9.05 Uhr: Olaf Scholz räumte nun bei einem Bürgerdialog in Berlin ein, dass die Ampel sich verhalte „wie ein Haufen Kinder“. Eine entsprechende Beobachtung schilderte ein Erzieher, der als Gast beim Bürgerdialog war. Der eine Ampel-Politiker sage das, der andere was anderes, so der Mann. Der Kanzler entgegnete: „Die Wahrheit ist: Sie haben recht.“ Dann offenbarte er seine Ratlosigkeit, daran etwas zu ändern: „Welches Patentrezept haben Sie? Ich meine, ich frage für einen Freund.“

„Peinlich für einen SPD-Minister“

Mittwoch, 4. September, 15.20 Uhr: Die von Hubertus Heil angekündigte Nullrunde beim Bürgergeld könnte neuen Zündstoff für die Ampel bedeuten. Der Arbeitsminister kündigte am Mittwoch (04. September) an, dass es nach dem starken Anstieg des Bürgergeldes 2024 zum kommenden Jahreswechsel keine weitere Erhöhung geben wird. Für Katharina Stolla, Bundessprecherin der Grünen Jugend, ist das „ein Schlag in das Gesicht von mehr als 5 Millionen Bürgergeldempfängern“. Schon lange sei bekannt, „dass die Sätze nicht für ein würdevolles Leben reichen“. Mit den Erhöhungen in den letzten Jahren hätte man die Inflation keinesfalls ausgleichen können. Sie geht den SPD-Politiker offensiv an:

Stolla: „Es ist peinlich, wenn sich ein sozialdemokratischer Arbeitsminister nach einer Nullrunde feiert, wobei in den letzten Jahren immer mehr Menschen in die Armut abgerutscht sind. Anstatt Bürgergeldempfänger zu gängeln, sollten besser die leistungslosen Einkommen von Milliardenerben angegangen werden.“

Abschneiden der Ampel-Parteien bei den Ostwahlen:

Alle Entwicklungen rund um ein potenzielles Ampel-Aus findest du hier.

Landtagswahl ThüringenLandtagswahl Sachsen
SPD6,1%7,3%
Grüne3,2%5,1%
FDP1,1%0,9%
vorläufige amtliche Endergebnisse der Landtagswahlen

FDP-Fraktionsvize Jensen: „Schadet die Ampel sogar eher?“

Dienstag, 3. September – 13.10 Uhr: Die Vize-Fraktionschefin der FDP, Gyde Jensen, stellt gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ die Ampel-Koalition in Frage. „Wenn wir die Dinge jetzt weiter schönreden, wäre das nur eine Flucht vor der Realität. Aus rein rechtlicher Perspektive hat die Ampel ihre Legitimation sicherlich nicht verloren, aber das ist nicht die entscheidende Kategorie in einer Demokratie“, so Jensen.

Auch ein vorzeitiges Ampel-Aus bringt sie ins Spiel:  „Wir müssen in den nächsten Tagen eine klare Antwort auf die Frage finden, ob unserem Land mit der Ampel-Koalition wirklich noch geholfen ist – oder ob sie am Ende dem Land und unserer Demokratie sogar eher schadet.“ Für die Bürger bedeute „eine Koalition kein Zusammenschluss auf Gedeih und Verderb, nur weil eine Legislaturperiode vier Jahre dauert“.

Kühnert stellt FDP Ultimatum: „Hopp oder Top“

11.15 Uhr: Nach den Wahlen in Ostdeutschland spricht die Union der Ampel ihre Legitimation zum Regieren ab. „Die Ampel hat nicht nur verloren. Die Ampel ist eine rauchende Ruine. Wir brauchen nicht nur ein paar andere Köpfe. Was wir brauchen, ist eine Politik in Deutschland, die anders ist“, sagte beispielsweise Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.

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Doch auch Ampel-intern geht man sich nach dem Ostdebakel offensiv an. „Die Leute wollen nicht mehr hören, wer in der Vergangenheit daran schuld war und dass das die schwere Hypothek von Frau Merkel gewesen ist“, so Finanzminister Lindner mit Blick auf die destruktiven Schuldzuweisungen innerhalb der Regierung.

Noch deutlicher wurde SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert – er stellte der Ampel quasi ein Ultimatum aus. „Wir haben jetzt noch zwölf Monate bis zur Bundestagswahl, das heißt, die Zeit wird knapper, um Gesetzesvorhaben durchzubringen. Irgendwann muss man sich dann auch in die Augen gucken und sagen: Hopp oder Top“, so der 35-Jährige.