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Europawahl: AfD mit neuem Rekord – „werden Arm ausstrecken“

Die AfD hatte große Ambitionen, das Europawahl-Ergebnis bestätigt die Partei. Die verursachten Schäden durch Krah fallen glimpflich aus.

Die AfD erlebt bei der Europawahl kein Debakel - trotz des hinterlassenen Scherbenhaufens.
© IMAGO/Metodi Popow

AfD fordert EU-Austritt: Das kostet der Dexit

Die Forderung der AfD, dass Deutschland aus der EU austreten sollte, gibt es schon länger. Das IW hat jetzt berechnet, was ein solcher Dexit kosten würde.

Heute entscheidet sich, welcher deutsche Politiker eines der 96 EU-Tickets erhält und in den kommenden fünf Jahren im EU-Parlament sitzen wird. Bei der insgesamt zehnten Europawahl pochen 35 Parteien und politische Vereinigungen auf die Kreuze ihrer Anhänger, große Euphorie gab es im Vorfeld vor allem bei der AfD.

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Zumal in Deutschland erstmals 16- und 17-Jährige abstimmen durften. Die AfD liegt laut einer Jugendstudie bei der Generation Z auch wegen der Präsenz auf TikTok im Trend, die Voraussetzungen für eine gelungene Wahlparty hätten also nicht besser sein können. So kommt es auch, trotz etlicher Skandale um den EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah, mit denen sich die AfD ins eigene Fleisch geschnitten hat. Auch die Nummer Zwei der Liste, Petr Bystron, hat seiner Partei keinen Gefallen getan.

Europawahl: AfD zweitstärkste Kraft in Deutschland

„Das ist ein super Ergebnis. Die Wähler sind uns treu geblieben. Wir liegen vor der Kanzlerpartei, vor der SPD, vor den Grünen, das ist ein super Start ins Wahljahr. Das Rekordergebnis bringt Rückenwind für Verhandlungen. Wir werden mit 16,17 Abgeordneten einziehen. Mit dieser beachtlichen Größe wird man uns brauchen, um gegen die falsche Politik von Ursula von der Leyen Politik zu machen. Wir werden unsere Arme für die Fraktionen ausstrecken“

Tino Chrupalla, Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion, im Interview mit dem ZDF

Bei der letzten EU-Wahl im Jahr 2019 ergatterte die Weidel-Partei elf Prozent, dieses Ergebnis wollte man fünf Jahre später deutlich übertreffen. Spätestens im April dürfte der Parteizentrale aber bewusst geworden sein, dass dieses Ziel in großer Gefahr ist. Die ersten Hochrechnungen zeigen jedoch, dass diese Sorgen unberechtigt waren. Demnach kommt die AfD bei der Europawahl auf 16,0 (ARD) beziehungsweise auf 16,2 (ZDF) Prozent. Vor allem die jungen Wähler halten dennoch zur AfD. Gemeinsam mit der Union ist sie die stärkste Partei bei den Jungwählern.

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Im April die Vermutungen auf, dass ein Mitarbeiter von Maximilian Krah für den chinesischen Geheimdienst spioniert haben könnte. Für Krah tun sich in den kommenden Tagen gravierende Abgründe auf. Jian G. wir am 23. April festgenommen. Wenige Tage später enthüllen Recherchen von „Süddeutscher Zeitung“, WDR und NDR, dass AfD-Spitzenkandidat Krah Geld von Jian G. erhalten habe. Krahs Wohnung in Brüssel wird durchsucht, der 47-Jährige wird daraufhin zum Rapport nach Berlin bestellt.


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Krah bekommt ein Wahlkampf-Verbot aufgedrückt und verlässt den Bundesvorstand der Partei. Doch es kommt noch dicker: Kurz vor der Europawahl schmeißt die EU-Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) alle neun AfD-Mitglieder aus dem Verbund. Grund waren verharmlosende Aussage von Krah zur SS in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung La Republica. Die französische Spitzenkandidatin Marine Le Pen und ihre Partei Rassemblement National kämpften anschließend erfolgreich für den Ausschluss der AfD-Parlamentarier.

Petr Bystron bekleckert sich unterdessen ebenfalls nicht mit Ruhm. Gegen ihn wird gegen Bestechlichkeit und Geldwäsche ermittelt. Auch er hat ein Wahlkampfverbot ausgesprochen bekommen – und bricht es, wie Krah, gleich mehrfach.

Ungewisse Zukunft für Parlamentarier

All dies scheint der AfD-Euphorie jedoch keinen Abbruch zu tun und bestätigt die Vermutung, dass sich die Partei inzwischen eine große Stammwählerschaft aufgebaut hat. Das Ergebnis ist für die etablierten Parteien schockieren.

„Unser Wahlergebnis kann uns nicht zufriedenstellen, aber ehrlich gesagt, das Wahlergebnis der AfD, so wie es jetzt gerade aussieht, dass sie wahrscheinlich zweitstärkste Kraft in einer Europawahl werden, das ist für uns alle eine demokratische Katastrophe. Wir werden weiter für eine Europäische Union der Demokratie, der Freiheit kämpfen und die Rechtsextremen, die bekommen von uns nur eines, und zwar unseren Widerstand.“

Terry Reintke, EU-Spitzenkandidatin der Grünen

Dennoch nicht zu viele Nackenschläge binnen kürzester Zeit! Alice Weidel und Tino Chrupalla konnten den Karren rechtzeitig aus dem Dreck ziehen. Mit den 16,0 beziehungsweise 16,2 Prozent den Erfolg von 2019 geknackt, den eigenen Erwartung ist man gerecht geworden. Die Parlamentarier, die in den kommenden Tagen gen Brüssel ziehen, stehen zudem vor einer ungewissen Zukunft. Kurz nach der Wahl finden neue Fraktionsgespräche statt und es ist höchst fraglich, ob der AfD ein Comeback in die ID-Fraktion gestattet wird.