Die Bierstraße. Die kleine, berühmte Gasse am sogenannten Ballermann bekommt eine neue Attraktion. Sie heißt Carlos Lucio, ist gleich um die Ecke aufgewachsen, 44 Jahre alt, und gilt als eine bekannte Figur des Nachtlebens an der Playa de Palma. Lucio ist der neue Besitzer der Kölsch-Kneipe „Et Dömsche“ und des kleinen Biergartens gegenüber namens „Dings“.
Bekannt wurde Lucio nicht nur, weil er sieben Jahre lang an der Seite von Bartolomé Cursach (78) die Geschicke des Partykomplexes „Megapark“ lenkte, sondern vor allem durch seine Liebe zu der Sängerin Isi Glück. Beide haben 2019 geheiratet.
Neue Attraktion am Ballermann
Seine Erwerbungen „Et Dömsche“ und „Dings“ liegen mittig der Bierstraße. Die Nachbarn Richtung Strand sind die Restaurants „Bonito“ und „Chiringuito“ von der Familie Ferrer. Auf der anderen Seite thront die Institution „Deutsche Eck“ und das massiv in die Jahre gekommene „Las Palmeras“. Damit, dass Lucio diese beiden Läden übernimmt, hätte niemand gerechnet.
2023 kündigte Direktor Lucio unvermittelt mitten in der Saison im Megapark, nach eigener Aussage, um mehr Zeit für seine Familie zu haben. Work Life Balance. Die Gerüchteküche an der Playa schwappte daraufhin über. a) da muss was Heftiges im Megapark passiert sein b) er managt jetzt sicher den „Bierkönig“ c) er geht ins Musikbusiness und kümmert sich um die Karriere seiner Frau. Doch Lucio überraschte alle, in dem er nicht im Bierkönig gesehen wurde, dafür aber regelmäßig freundschaftlich seinen Ex-Chef im Megapark besuchte und dann mir nichts dir nichts bei der Spedition „Benzinger“ als Geschäftsführer anheuerte. Ein vermutlich langweiliger Schreibtischjob im Vergleich zu sieben Jahren Dauer-Adrenalinschub im Megapark.
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Es ist nicht auszuschließen, dass Lucio tatsächlich kurzfristig von einem möglichst ereignislosen Nine to Five Job träumte, dessen Höhepunkte in Mittagessen mit Großkunden liegen. Doch statt hartem Adrenalin-Entzug in trister Büro-Atmosphäre geht es gleich hoch her. Kurz bevor Lucio im September 2023 seinen Speditions-Job antritt, haut ein Dreiviertel der Benzinger Belegschaft zeitgleich zur Konkurrenz ab, die ein besseres Angebot vorlegt. Lucio wird davon vollkommen kalt erwischt. „Ich hatte mit Arbeitsbeginn noch zwei Buchhalterinnen und zwei LKW-Fahrer“. Und statt Nine to Five wird es wieder ein Five to Nine Job, denn der Mallorquiner muss sich fortan um alles kümmern. „Meine Frau war diejenige, die noch vor mir zweifelte, dass ich in diesem Job glücklich werde“. Lucio stellt neue Leute ein, fährt den Betrieb wieder hoch und kündigt zum Dezember. Nicht gut für den Lebenslauf, aber gut für das persönliche Wohlbefinden. „Ich habe währenddessen bemerkt, dass ich das Nachtleben schon sehr vermisst habe“, sagt Lucio.
Das Ding wird schlicht übersehen
Und während die Megapark-Macher hoffen, dass der erfahrene Manager wieder zu ihnen zurückkehrt, hat der bereits eine andere Idee. Er erfährt, dass Max Rohkst, der Besitzer vom „Et Dömsche“ und „Dings“, dringend die Läden abgeben möchte. Max selber erbte die Schankwirtschaften von seinem Vater Uli Rohkst, der 2020 verstarb. Doch der Sohn wird nicht warm mit dem Baller-Business. Im Dezember werden sich der Spanier und der Deutsche schnell handelseinig. Lucio übernimmt den Betrieb in der ersten Februarwoche und fängt an, zu entrümpeln. Viel hat sich in den 15 Jahren seit Bestehen der Läden angesammelt oder wurde schlicht vergessen, wie Dutzende völlig verstaubter Gin-Flaschen, die er hinter einer Tür des „Dings“ findet. Sowieso, das „Dings“. Ein kleiner Biergarten inmitten der Bierstraße, den kaum jemand kennt. Das Ding wird schlicht übersehen. Ein Stiefmütterchen, dass selbst vom alten Rohkst wie eines behandelt wurde. So richtig wusste der nie was mit dem „Dings“ anzufangen, das eigentlich nur im September, während der „Kölschen Wochen“ so richtig brummte.
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Doch genau in dieses Dings dort wird Lucio sein Herzblut investieren. „Das Et Dömsche hat Charakter, ist gewachsen und beliebt. Deshalb bleibt es vorerst, wie es ist“, sagt Lucio. Im Dings wird nichts so bleiben. Das beginnt schon beim Namen. Zukünftig soll es „Sommerland“ heißen. „Meine Schwiegereltern leben in Sommerland. Das ist bei Glückstadt in Schleswig-Holstein.“ Er strahlt. „Glückstadt, Sommerland. Das klingt alles so unglaublich positiv“. Schon während Corona lässt er sich den Markennamen Sommerland für Spanien schützen, ohne zu wissen, was er damit genau machen will.
Als Wirt, das ahnt Lucio, wird das nichts mehr mit Work-Life-Balance und mehr Zeit für die Familie. Aber er hat sich entschieden. „Ich liebe es zu arbeiten. Mehr als alles andere“.
Dass die Rheinländer wegen des Betreiberwechsels nicht mehr ins „Et Dömsche“ kommen, glaubt er nicht, zumal er dreizehn, meist deutsche Mitarbeiter übernommen hat. „Ich meine, nach sieben Jahren im Megapark kenne ich die Bedürfnisse der deutschen Gäste:“ Im Falle des Dömsche bedeutet das: Kölsch, Frikadellen, rot-weiße Optik, Partyschlager und Fußball. Als erstes wird eine neue Outdoor-Videoleinwand für die Liveübertragungen installiert. Die Partyschlager-Mixe steuert seine Frau bei. Mehr wird Isi Glück mit den beiden Läden aber nicht zu tun haben.
Keine Auftritte, keine Autogrammstunden, kein „Goodbye Deutschland-Kamerateam“, das die Openings begleitet. Sie hat ihre Karriere, er seine. Vielleicht war das doch auch ein Grund für seine Emanzipation vom Megapark. Böse Zungen unterstellten ihm, dem Manager und ihr, der Sängerin, immer wieder, den Status des jeweils anderen auszunutzen. Dieser Vorwurf dürfte spätestens jetzt obsolet sein. Eröffnen will Lucio das „Et Dömsche“ bereits Mitte März. Erst am 15.April – zu Lucios 45. Geburtstag – soll es ein Soft Opening im „Sommerland“ geben. In zwei Monaten soll aus dem „Dings“ nicht nur ein stylischer Biergarten werden, sondern ein Bindeglied zwischen den robusten Kneipen am Kopf der Bierstraße und den edlen Ferrer-Restaurants am Strand. Lucio hat sich sehr viel vorgenommen. Vielleicht holt er sich aber genau das, was er am meisten seit dem Megapark vermisst hat; den Dauer-Adrenalinschub.
Dieser Artikel ist zuerst in der Mallorca Zeitung erschienen.