Es war einer dieser Fälle, über die plötzlich das ganze Land sprach. Wir schreiben das Jahr 2021. Bislang stets als Sunnyboy und aufkommender Superstar der Comedy-Szene bewundert, steht Luke Mockridge urplötzlich im Kreuzfeuer der Kritik. In den sozialen Medien werden Vorwürfe laut. Es geht um Gewalt, um sexuelle Übergriffe. Eine Anzeige steht im Raum. Aufgegeben von seiner Ex-Partnerin, der Comedienne Ines Anioli. Später erscheint ein Spiegel-Artikel, der den Fall aufgreift und weitere Vorwürfe gegen den Komiker in den Raum stellt.
Die Kritik wird immer lauter. Luke Mockridge bekommt zu spüren, was geschieht, wenn sich Tausende in den sozialen Medien zusammenschließen. Die öffentlichen Anfeindungen nehmen Überhand. Luke Mockridge zieht sich aus der Öffentlichkeit zurück. „Ich brauche Zeit, Ruhe und Abstand, um zu verstehen, zu lernen und zu heilen“, teilt er via Instagram mit.
Luke Mockridge: Neue Details werden öffentlich
In seinem neuen Buch „Falsch verdächtigt“ veröffentlicht Star-Anwalt Alexander Stevens (Anm. d. Red.: selbst nicht in das Verfahren involviert) Teile der Ermittlungsakte Mockridge und geht der Frage auf den Grund, ob die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen gegen den Comedian einzustellen, aus seiner Sicht richtig war.
„Wie viele andere auch, stellte ich mir die Frage, warum die Staatsanwaltschaft eigentlich keine Anklage gegen Luke Mockridge erhoben hatte. Denn eines weiß zumindest jeder Strafjurist sehr gut: Strafverfahren wegen des Vorwurfes eines Sexualdelikts stellen die Staatsanwaltschaften alles andere als leichtfertig oder vorschnell ein. Im Gegenteil wird mittlerweile selbst bei ernstlichen Zweifeln an der Schuld des Tatverdächtigen dennoch regelmäßig Anklage erhoben“, schreibt Stevens zu Beginn seines Kapitels über den Fall Mockridge.
Auf über dreißig Seiten beschreibt der Strafverteidiger seine Sicht zu dem Fall und gewährt exklusive Einblicke in die Ermittlungsakten. Dabei werden eklatante Unterschiede in den Beschreibungen der angeblichen Tatnacht deutlich.
Während Ines Anioli beschreibt, dass Luke Mockridge sie fest in die Matratze gedrückt, dann an ihren Armen hochgezogen und heftig geschüttelt habe, beschreibt Luke Mockridge die Geschehnisse ganz anders. „Ich wollte sie ablenken und entschied mich, sie zu kitzeln. Sie ist extrem kitzelig, und wir hatten damit immer Spaß. Sie begann sehr stark zu lachen, und ich alberte rum. Als sie kaum noch an sich halten konnte, bat sie mich, auch indem sie das Wort ‚Honig‘ (Anm. d. Red.: Honig soll das Safeword gewesen sein) verwendete, dass ich aufhören solle. Da sie aber so sehr lachte, wollte ich gern weitermachen und sagte: ‚Honig zählt heute nicht.‘ Ich freute mich so sehr darüber, sie so zu sehen, und alles schien gut“, wird die Sicht des Komikers in den Akten wiedergegeben.
Danach soll es zu einer versuchten Vergewaltigung gekommen sein. Die Aussagen gehen auseinander. Klar ist, nach der Nacht vom 18. auf den 19. März verbringen Anioli und Mockridge weiterhin Zeit miteinander. Fahren sogar gemeinsam nach Disneyland. Am 30. März 2019 trennt sich das Paar.
Warum wurden die Ermittlungen eingestellt?
Vier Monate später zeigte Anioli ihren Ex-Freund an. Die Vorwürfe: Körperverletzung, sexueller Übergriff, Vergewaltigung. Die Staatsanwaltschaft Köln nimmt die Ermittlungen auf, stellt sie Ende 2020 nach monatelanger Prüfung ein. Nicht aber, so Stevens, weil Ines Anioli am Ende ihres juristischen Weges angelangt sei, sondern weil sie „bei den entscheidenden Weichenstellungen für mich nicht nachvollziehbare Entscheidungen getroffen hat, welche die spätere Einstellung des Verfahrens nahezu unausweichlich machten“, so der Top-Jurist.
So habe die Geschädigte beispielsweise kein sogenanntes „Klageerzwingungsverfahren“ gegen die Staatsanwaltschaft eingeleitet. An einen anwaltlichen Fehler glaubt Stevens dabei nicht. So hätten sich sowohl Mockridge als auch Anioli von „Topstrafrechtskanzleien mit ausgezeichnetem Ruf vertreten lassen“.
Stevens’ Fazit: „Nach Aktenlage kann man nicht entscheiden, ob eine Straftat, strafloses Fehlverhalten, ein eigentlich harmloses Missverständnis oder eine Falschanzeige vorlag. Der Vorwurf einer Straftat ist jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich.“ Doch warum suchte sich Stevens ausgerechnet diesen Fall für sein Buch aus, obwohl er doch gar nicht in das Verfahren eingebunden war?
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„Es gibt keinen Fall, in dem ein seriös geltendes Wochenmagazin, einen von zwei Instanzen für unschuldig befundenen Prominenten einfach weiterhin (mehr oder weniger) der Vergewaltigung beschuldigt, und sich dabei auch noch über essenzielle Grundsätze der Verdachtsberichterstattung hinwegsetzt“, so der 42-Jährige gegenüber dieser Redaktion.