Es klingt wie aus einem Horrorfilm entsprungen: Drei Menschen sind tot. Alle drei mit einem Kopfschuss hingerichtet. Im Auto, das noch am Tatort steht, versteckt sich ein kleines Mädchen unter dem Rock ihrer toten Mutter. Nun liegt es an den „Tatort“-Kommissarinnen Isabelle Grandjean (gespielt von Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (gespielt von Carol Schuler) herauszufinden, wer das Blutbad verursachte, und vor allem wie.
Im Interview spricht Anna Pieri Zuercher über den neuen „Tatort: Blinder Fleck“ aus Zürich, die Muttergefühle, die ihre Rolle der Isabelle Grandjean darin entwickelt und über die Gefahren Künstlicher Intelligenz, die im neuen Fall aus Zürich noch eine gewichtige Rolle spielen werden.
Ihre Rolle der Isabelle Grandjean im neuen Tatort: Blinder Fleck ist geprägt von Muttergefühlen. Ist das ein Thema, dass ihre Rolle auch in Zukunft prägen wird?
Ich kenne jetzt natürlich nicht alle Drehbücher, die noch kommen. Wir haben aber jetzt schon wieder zwei Filme gedreht, und in einem gibt es ein Telefonat mit meinem Sohn.
Es gibt keine große Entwicklung dahin, ich würde mich aber freuen, wenn Isabels Sohn einmal mitspielen würde. Schauen wir mal, jeder neue Tatort ist eine Überraschung.
Oder Sie spielen bald eine schwangere Kommissarin.
Das wäre super. Die Idee schicke ich direkt an die Redaktion. Isabel schwanger, das wäre sehr lustig.
Haben Sie denn Mitsprachemöglichkeiten?
Wir sind nicht von Anfang an involviert. Die Drehbücher bekommen wir etwa ab der vierten Fassung. Da ist die Geschichte dann schon geschrieben. Wir können aber bei den Dialogen Kleinigkeiten ändern, oder wenn uns etwas in der Beziehung zwischen Isabel und Tessa auffällt.
Spannend, Sie nennen die Figur Tessa. Isabell nennt sie in den Filmen stets Ott.
Ja, ich weiß. Das war anfangs eine Entscheidung der Autoren und der Redaktion. Mittlerweile mag ich es. Niemand nennt Tessa bei ihrem Nachnamen, nur Isabel. Es ist jetzt eine sehr persönliche Sache zwischen den beiden.
Das klingt, als wären Sie anfangs wenig begeistert gewesen?
Am Anfang habe ich mich schon gefragt, warum das so ist. Aber ich habe in meinem Leben zwei sehr gute Freunde, und die nenn mich auch bei meinem Nachnamen. Sie sagen Pieri. Es ist also eine schöne Sache.
Noch einmal zur Mitsprache bei den Filmen. Haben Sie einmal darüber nachgedacht, selbst einen Tatort zu schreiben?
Ich schreibe gerade ein Drehbuch. Keinen Tatort allerdings. Ich würde das aber sehr gerne machen. Ich habe jedoch noch nie einen Krimi geschrieben. Ich denke, das ist eine schwierige Sache. Das merke ich auch bei den Drehbüchern, dir wir bekommen. Mal sind sie zu kompliziert, mal gibt es nicht genug Spannung. Irgendwas ist immer. Ich weiß jedoch nicht, wann ich Zeit dafür finden soll.
Im Urlaub. Am Strand.
(Lacht) Genau. Das ist ganz witzig, Carol und ich würden so gerne mal im Tessin drehen. Da ist es sehr sonnig, wie Urlaub. Wir haben auch schon öfter bei der Produktion nachgefragt, ob wir nicht einmal einen Fall im Tessin drehen könnten. Das wäre wie Arbeit im Urlaub.
Und was spricht dagegen? Zu teuer?
Ja, das ist teurer als Zürich. Die ganze Crew kommt aus Zürich. Sie brauchen also schon mal kein Hotel. Aber wir haben auch gute Techniker im Tessin, das spräche also nicht dagegen.
Aber das könnten Sie in ihrem eigenen Drehbuch ja beeinflussen.
Genau. Aber im Sommer. Im Winter wäre das nicht so witzig.
Anders als beispielsweise Münster ist der Züricher Tatort von seiner Art her ein klassischer Krimi. Was finden Sie persönlich so spannend?
Das stimmt, aber der nächste oder übernächste Tatort aus Zürich ist sehr witzig. Wirklich verrückt. Wir werden also nicht mehr nur die klassischen Tatorte machen. Was ich aber so schön am Tatort finde, ist, dass wir wie ein Ensemble agieren. Wie eine Familie, die sich einmal im Jahr für zwei Monate trifft.
Halten Sie auch außerhalb dieser Zeit Kontakt?
Carol und ich hören uns mindestens einmal im Monat. Mit den Technikern ist das natürlich nicht so eng. Ich freue mich aber immer riesig, wenn ich alle wiedersehe.
Blinder Fleck hat zwei große Überthemen. Den Krieg in Bosnien und KI. Vor allem bei den Geschichten rund um den Krieg, habe ich immer wieder Ähnlichkeiten zum Krieg in der Ukraine gesehen. Ging Ihnen das auch so?
Ja, sicher. In unserem Team arbeitet ja auch Igor (Igor Kovac spielt die Rolle des Milan Madic). Er kommt aus Kroatien und als wir den Tatort gedreht haben, hat er mir erzählt, dass in diesen Ländern niemals Ruhe herrscht. Sie erwarten stets, dass es wieder anfängt. Ich wusste das gar nicht.
Spannend bei der zweiten Thematik KI fand ich den letzten Satz von Tessa Ott. Sie sagte, dass sie mehr Angst vor einer Drohne als vor einem Menschen habe. Können Sie dieses Gefühl teilen?
Eine Maschine hat kein Herz, sie hat keine Gefühle und keine Empathie. Jedoch gibt es selbst in den schlimmsten Menschen ein Stück Empathie. Deswegen hat Tessa recht mit diesen Worten. Das ist auch das Problem mit künstlicher Intelligenz. Sie ernährt sie von dem, was sie von uns bekommt, sie ist nur eine große Kopie.
Das ist auch das Problem im Krieg. Die Menschen nutzen Maschinen, um zu töten. Einfach so. Wie in einem Videospiel. Früher mussten Soldaten ihrem Gegner zumindest noch in die Augen sehen.
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Ein weiterer Punkt des Filmes ist der Überwachungsaspekt. Bereitet ihnen das Sorgen?
Ja. Ich bin nicht entspannt in dieser Thematik. Man sieht das bei Google. Die Maschinen kennen uns besser, als wir uns selbst kennen. Wenn ich Instagram nutze, und sehe, was für Werbung mit angezeigt wird… Zum Beispiel habe ich im August Zeit damit verbracht, mich auszuruhen und nichts zu tun und plötzlich wurden mir Bücher gegen Prokrastination angezeigt. Das ist doch verrückt.