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NRW: Sat.1-Team will über dubiose Werkstätten berichten – Video-Dreh endet dramatisch

Sat.1-Dreharbeiten bei einem Gebrauchtwagenhändler in NRW endeten dramatisch. Zwei Männer stehen jetzt vor Gericht.

NRW Sat.1 Justizia
© IMAGO/Panama Pictures

Gewahrsam? Festnahme? Was diese Polizei-Begriffe wirklich bedeuten

Eine Sat.1-Reportage über angeblich dubiose Methoden von Gebrauchtwagenhändlern ist in NRW völlig eskaliert. Von Schlägen und Tritten ist die Rede. Bei dem Vorfall wurde der Kameramann nicht nur schwer verletzt, er hat nach eigenen Angaben auch ein psychisches Trauma erlitten, könne nicht mehr arbeiten.

Zum zweiten Mal beschäftigt der folgenschwere Fall inzwischen die Justiz in NRW. Direkt zum Prozess-Auftakt am Dienstagmorgen (19. September) kam es zum Eklat. Haftbefehle im Gerichtssaal! Aber der Reihe nach.

NRW: Angeklagte zu spät – Haftbefehle!

Der Prozess um den Angriff auf ein TV-Reporter-Team, das im Auftrag von Sat.1 in NRW unterwegs war, ist am Dienstag neu gestartet worden. Einen ersten Anlauf gab es bereits im April. Weil dann aber ein Angeklagter erkrankte und das Verfahren nicht innerhalb von 30 Tagen fortgesetzt werden konnte, ist jetzt ein kompletter Neustart nötig.

+++ Wuppertal (NRW): Schüsse am Hauptbahnhof ++ Großeinsatz ++ zweiter Beteiligter stellt sich +++

Und der begann heftig. Weil die Angeklagten nicht pünktlich im Saal erschienen, verhängte der Richter Haftbefehle gegen sie. Die Verteidiger fehlten ebenfalls. Später erklärten sie, es sei ihnen mitgeteilt worden, der Prozess beginne später, weil sich eine Schöffin verspäte. Letztlich hob der Richter die Haftbefehle auf – aber die Stimmung im Saal blieb angespannt.

Sat.1-Team betritt Werkstatt für Interview

Die Anklage wirft zwei Männern vor, das erwähnte Reportage-Team und insbesondere den Kameramann angegriffen zu haben. Der Vorfall ereignete sich bereits im Oktober 2018 in einer Werkstatt in Wuppertal (NRW). Am dortigen Amtsgericht sind die Beiden jetzt wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt.

Das dreiköpfige Team sei wegen einer Interview-Anfrage auf das Gelände des Autohauses gegangen. „Es war mir nicht ersichtlich und ich habe nichts erkannt, was darauf hindeutete, dass das verboten sein könnte“, sagte der 50-jährige Kameramann am Dienstag vor Gericht. Die Reporterin habe gesagt, dass man vom Sender Sat.1 sei, und der Mann hinter dem Schreibtisch habe versucht, seinen Chef zu erreichen. „Dann bekam ich einen Schlag von hinten“, berichtete der Kameramann. Ein maskierter Täter habe versucht, ihn hinauszudrängen.

Knochenbruch und zerstörte Kamera

Weiter sagte er aus: „Ich wollte den Rückzug antreten und bekam noch mal einen starken Schlag in den Rücken. Ein zweiter Mann kam, wollte mir die Kamera entreißen. Ich wollte nur noch der Situation entfliehen, bin dann auf den Asphalt geknallt und habe ab da Erinnerungslücken.“ Bei dem mutmaßlichen Haupttäter soll es sich um einen 33-Jährigen aus Haan handeln. Der andere, jetzt mitangeklagte Werkstatt-Mitarbeiter kommt aus Gelsenkirchen.

Die Kollegen des Kameramanns haben später ausgesagt, dass der 33-jährige Angeklagte den Kameramann im Hof der Werkstatt auf die Motorhaube eines zum Verkauf angebotenen Pkw gedrückt und versucht haben soll, ihm die Kamera zu entreißen. Er und der Gelsenkirchener sollen auf die Kamera eingeschlagen haben. Diese wurde zerstört. Kurz darauf sollen die beiden Männer dem Kameramann mehrfach in den Genitalbereich und in den Unterleib getreten haben. Das Opfer soll auch am Arm und am Kopf verletzt worden sein. Rettungskräfte hatten den 50-Jährigen in eine Klinik gebracht, dort wurden unter anderem eine Fraktur des Mittelhandknochens und Prellungen diagnostiziert. 


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Mehr noch: Nach eigenen Angaben litt der Kameramann nach dem Vorfall unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, sei danach lange nicht mehr arbeitsfähig gewesen. Bis heute sei er in psychiatrischer Behandlung und nehme Beruhigungsmittel.

Pikantes Detail: Wie die „Rheinische Post“ berichtet, soll die Sat.1-Reporterin bei der ersten Auflage des Prozesses berichtet haben, auf den Kameramann sei auch dann noch eingetreten worden, als er schon am Boden lag. Auf Bildern einer Überwachungskamera war das aber nicht zu sehen. Gegen die Frau läuft daher inzwischen ein Verfahren wegen Falschaussage. Der Prozess wird fortgesetzt. (mit dpa)