Buckeln bis zum Umfallen? Wenn es nach einigen Politikern und Experten geht, trifft das wohl zu. Aktuell wird das Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben – für alle, die nach 1964 geboren wurden, ist diese Grenze schon gesetzt.
Nach Ansicht des baden-württembergischen Finanzministers Danyal Bayaz sei diese aber längst nicht zu halten. „Meine Generation muss sich auf längeres Arbeiten im Alter einstellen – auch wenn wir unseren Wohlstand halten wollen“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Doch es muss auch einen anderen Weg geben – einen, der die Arbeitnehmer weniger belastet.
Immer weniger Zahler für mehr Rentner
Klar ist: Das deutsche Rentensystem ist mit einigen Problem konfrontiert. Allen voran steht der demographische Wandel – die Menschen in Deutschland werden älter, weniger junge kommen nach. Die Folge: Immer weniger Beitragszahler müssen die Renten von immer mehr Ruheständlern stemmen.
Das Umlageverfahren gerät erst recht ins Wanken, wenn die geburtenstarken Jahrgänge, die Babyboomer, in Rente gehen. Um das System also zu retten, oder wenigstens zu stabilisieren, kann an drei Stellschrauben gedreht werden. So kann das Rentenniveau gesenkt, die Rentenbeiträge gesteigert oder eben das Eintrittsalter erhöht werden.
Doch vor allem der dritte Hebel findet in der politischen Debatte reichlich Platz. Es ist klar, dass nicht gewollt ist, dass es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber noch teurer wird. Doch warum muss gerade an der dritten Schraube immer wieder getüftelt werden?
Rente: Deutschland wird immer älter
Fest steht: Die Lebenserwartung steigt – lag 2020 bei 81 Jahren, 1960 noch bei 70 Jahren. Die Erhöhung des Eintrittsalters darf kein Tabu-Thema sein. Trotzdem muss man beachten, dass nicht alle Menschen so lange arbeiten können.
Zum Beispiel Beschäftigte in körperlich anspruchsvollen Berufen. Handwerker, Installateure, Pflegekräfte, Arbeiter in Straßen- und Gartenbau, Küchenpersonal, Fabriksarbeiter, Berufskraftfahrer – die Liste ist lang. Laut dem DGB Index Gute Arbeit des Deutschen Gewerkschaftsbundes von 2021 berichten immer noch 29 Prozent der Beschäftigten in Deutschland sehr häufig körperlich hart arbeiten zu müssen.
Wer es also nicht schafft bis 70 zu arbeiten, sei es körperlich oder psychisch, muss bei einem früheren Eintritt in die Rente mit Abzügen rechnen. Das kann nicht die Lösung sein! Auch, wenn Finanzminister Bayaz überzeugt ist, dass körperlich anstrengende Arbeit weniger werde.
Rente: Es braucht einen anderen Hebel
Und: Viele wollen gar nicht arbeiten bis zum Umfallen. In Deutschland gehen die Menschen laut Angaben der Deutschen Rentenversicherung durchschnittlich mit 64,4 Jahren in Rente. Die Forderung, das Eintrittsalter also auch weit über 67 anzuheben, geht völlig an der Realität vorbei.
Um die Arbeitnehmer in Deutschland nicht zu verheizen und zu demotivieren, braucht die Politik eine andere, flexiblere Lösung. Arbeitnehmer müssen vor allem besser bezahlt werden – daneben braucht es auch mehr Frauen in Vollzeitbeschäftigung und mehr Fachkräfte. Generell muss die Politik für bessere Arbeitsbedingungen sorgen.
Auch können Menschen im öffentlichen Dienst mit in die Pflicht genommen werden – Beamte und Politiker sollten ebenfalls in die gesetzliche Rente einzahlen. Das würde zumindest das Problem der fehlenden Beitragszahler ein wenig beheben.
All das scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Der Arbeitsmarkt müsste komplett umgewälzt werden. Doch das ist vor allem wichtig, weil es um nichts geringeres geht als um unsere (hoffentlich abgesicherte) Zukunft.