In den letzten Wochen müssen in vielen Teilen Deutschlands Menschen ungewöhnlich lange auf ihre Briefe der Deutschen Post warten. Das sorgt für viel Frust bei den Empfängern, doch auch Zusteller klagen über große Probleme.
Die Deutsche Post hat mit massiven Personalproblemen zu kämpfen. Als Grund werden vor allem Ausfälle wegen Corona genannt. Doch ein Mitarbeiter packt aus und erhebt schwere Vorwürfe, die eine ganz andere Perspektive darstellen.
Deutsche Post: Mitarbeiter sieht DAS als größtes Problem
„Die Leistungen, die wir gerade erbringen müssen, sind eine Zumutung“, schimpft ein Mitarbeiter der Deutschen Post gegenüber der „WirtschaftsWoche“. Die Zeitung nennt ihn Arno Müller, aber das ist nicht sein richtiger Name. Der Mann möchte lieber anonym bleiben, doch er arbeite schon seit 25 Jahren für den Bonner Logistikkonzern.
Die Zusteller könnten dem immensen Arbeitsauftrag und dem Mangel an Personal nicht nachkommen. Für ihn und seine Kollegen sei das größte Problem jedoch die Umstrukturierung, konkret gesagt: die neuen „Flexbezirke“. Seit letzten Sommer gebe es keine festen Bezirke mehr, Zusteller müssten quasi als „Lückenfüller“ agieren.
Zusteller an der Belastungsgrenze
Wenn ein Zusteller in einem Bezirk beispielsweise krankheitsbedingt ausfällt, werde die Arbeit auf die anderen Bezirke verteilt. Die sogenannten „Flexbezirke“ seien zudem viel größer als die ursprünglichen Stammbezirke. Dadurch würde oftmals Arbeit liegen bleiben, die dann am nächsten Tag abgearbeitet werden müsse.
Auf Anfrage der „WirtschaftsWoche“ sagt die Deutsche Post, dass sie mit den neuen flexiblen Bezirken der wachsenden Menge an Briefen und Paketen entgegenkommen will. Die Über- und Unterlasten sollten ausgeglichen werden. Im ersten Halbjahr sei nach Angaben der Deutschen Post „gerade einmal in rund 25 Prozent aller Zustellbezirke dieses Konzept angewandt.“ Für die Mitarbeiter kommt das neue System scheinbar jedoch wie eine zusätzliche Belastung rüber.
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Vorstandsmitglied Nikola Hagleitner räumte kürzlich ein, dass an einigen Standorten bis zu 30 Prozent des Personals fehlten. Es werde sich darum bemüht, neue Mitarbeiter einzustellen. Laut Arno Müller jedoch ein aussichtloses Bemühen. „Unsere Vorgesetzten wollen neues Personal einstellen, aber die meisten kommen unter diesen Bedingungen nach dem Probearbeiten nicht noch einmal wieder.“
Zeitgleich würden langjährige Kollegen aufgrund der Stresssituation kündigen, wie er der „WirtschaftsWoche“ berichtet. Im Januar 2023 will Verdi über die tariflichen Löhne mit der Deutschen Post verhandeln. Das Ergebnis könnte womöglich auch für viele aktuelle, aber auch künftige Mitarbeiter ein entscheidender Faktor werden.