Essen.
Das Verkehrsministerium berechnet zurzeit verschiedene Szenarien für die Einführung einer Pkw-Maut. 365 Euro im Jahr könnte sie bei gleichzeitigem Entfall der Kfz-Steuer betragen. ADAC, Umweltverbände und Industrie sind einhellig dagegen.
Noch Ende der vergangenen Woche hatte das von CSU-Spitzenpolitiker Peter Ramsauer geführte Bundesverkehrsministerium alle Forderungen zur Einführung einer Pkw-Maut entschieden abgelehnt. Diese hatte Ramsauers Parteifreund, Bayerns Innenministers Joachim Herrmann, ins Spiel gebracht. „Es gilt das, was die Bundesregierung immer gesagt hat: Es wird keine Pkw-Maut geben“, hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Jan Mücke (FDP), dazu gesagt. Jetzt wurde in der „Bild“ bekannt, dass das Ramsauer-Ministerium vier verschiedene Szenarien zur Einführung einer Pkw-Maut durchrechnet.
Demnach soll die Vignette entweder 80, 100, 155 oder 365 Euro pro Jahr kosten, und zwar für alle Fahrzeuge unterhalb von zwölf Tonnen Gesamtgewicht auf allen Autobahnen und autobahnähnlichen Bundesstraßen. Für kürzere Spannen sind auch Kurzzeitvignetten geplant, die auf den Tag umgerechnet aber ein Mehrfaches kosten, bis zu 45 Euro für zehn Tage. Ramsauer dazu: „In meinem Hause gibt es keine Denkverbote. Wo kämen wir denn hin, wenn wir den Fachleuten untersagen, sich mit allen Aspekten der Infrastrukturfinanzierung auseinanderzusetzen?“
Die jährlichen Einnahmen für den Bund würden bei 3,4 bis 15,5 Milliarden Euro liegen. Zum Vergleich: Für dieses Jahr rechnet der Bund mit Einnahmen aus der 2005 eingeführten Lkw-Maut von 4,6 Milliarden Euro.
Bundesregierung schließt Pkw-Maut für diese Legislaturperiode aus
Die Bundesregierung hat die Einführung einer Pkw-Maut für diese Legislaturperiode ausgeschlossen. Gleichwohl rechnet sie verschiedene Szenarien zur Einführung einer Vignette für Personenwagen durch, die von Jahressätzen bis zu 365 Euro ausgehen, wie das Bundesverkehrsministerium am Montag bestätigte. „Es wird keine Maut geben“, sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans und verwies darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sie bereits seit Jahren ablehne. Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums betonte, in ihrem Haus werde nichts dergleichen vorbereitet. „Eine Pkw-Maut steht nicht und stand nicht zur Debatte“.
ADAC kündigt „vollen Widerstand“ gegen die Vignette an
„Vollen Widerstand“ kündigte ein ADAC-Sprecher gegen „die weitere drastische Verteuerung des Autofahrens an“. Laut dem Münchener Automobilclub zahlen Autofahrer bereits jetzt 53 Milliarden Euro im Jahr, während für das Straßennetz insgesamt nur ein Drittel der Summe aufgebracht werde. „Im höchsten Maße unanständig,“ urteilt der mit 17 Millionen mitgliederstärkste Verein Deutschlands und ist sich sicher: „Die Vignette ist nur der Anfang. Das Fernziel ist eine elektronische Pkw-Maut. Es geht einfach darum, Mehreinnahmen zu generieren.“
Ablehnung der Pkw-Maut-Pläne kommt auch aus ganz unterschiedlichen Ecken, vom Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) und dem alternativen Verkehrsclub von Deutschland VCD. Für den VCD ist eine von der Kilometerfahrleistung unabhängige Vignettenlösung abzulehnen, weil sie Vielfahrer bevorzuge.
Die teuerste Vignetten-Lösung mit gleichzeitigem Entfall der bisherigen Kraftfahrzeugsteuer bevorzugt die Besitzer von Dieselfahrzeugen und großvolumigen Motoren sowie schadstoffreiche „alte Stinker“. Wer bislang mehr als 365 Euro Kfz-Steuer zahlt, zum Beispiel große geländewagenähnliche SUV mit Sechszylinder-Diesel, gehört zu den Gewinnern dieser Regelung. Größte Verlierer sind besonders sparsame neue Benziner wie Hybride. Diese werden bei einer Zulassung ab Juli 2009 zusätzlich zum Hubraum auch nach ihrem Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid besteuert. Die Hybridmodelle von Toyota kosten 36 Euro Kfz-Steuer im Jahr, Elektroautos sind sogar fünf Jahre von der Steuer befreit.