Veröffentlicht inWirtschaft

Ferrostaal kämpft an vielen Fronten

Ferrostaal kämpft an vielen Fronten

24920283--543x199.jpg
Foto: WAZ FotoPool
Der Essener Ferrostaal-Konzern gerät immer tiefer in den Schmiergeldsumpf. Laut einem Bericht hat das Unternehmen „fragwürdige Zahlungen“ in dreistelliger Millionenhöhe geleistet.

Essen. 

Die Korruptionsaffäre rund um den Industriedienstleister Ferrostaal aus Essen wird immer gefährlicher für das Unternehmen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-Vorstände und droht der Firma selbst mit einer Strafzahlung in dreistelliger Millionenhöhe. Damit nicht genug: die Banken lassen Kreditlinien auslaufen, das Geschäftsmodell bricht zusammen, die Besitzer des Konzerns sind zerstritten. Und dann werden auch noch immer mehr Details aus dem internationalen Bestechungsgeschäft von Ferrostaal bekannt. Alles zusammen ein Wirbelsturm, der dem Unternehmen sehr gefährlich werden könnte.

Der WAZ liegt der Abschlussbericht der Anwaltskanzlei Debevoise und Plimpton über die Vorgänge bei Ferrostaal vor. Die Kanzlei hatte das Dokument im Auftrag des Aufsichtsrates erstellt. In dem Bericht finden sich Beschreibungen über Bestechung, Korruption und Schmiergeldzahlungen in der ganzen Welt. In Libyen, in Chile, im Iran, in Algerien, Pakistan, Griechenland, Korea, Italien und Ägypten. Millionen wurden verschoben, über Tarnfirmen, Scheinkonten und dubiose Hintermänner, die Geldflüsse über Konten im Ausland wuschen. Empfänger waren Ingenieure in Deutschland, Vertraute von fremden Potentaten und anderen Machthabern, oder schlicht Angestellte in Staatsunternehmen. Wenn Ferrostaal Geschäfte machen wollte, zuckte im Konzern offenbar niemand zurück, wenn dafür Gegenleistungen fällig wurden.

Schadenersatzklage gegen Ex-Chef Mitscherlich

Zum Beispiel im Iran. Hier hatte Ferrostaal gleich zwei Dutzend Großprojekte laufen: Damit alles wie geschmiert lief, zahlte Ferrostaal unter anderem mehrere Millionen an den Berater Mahmoud K. und dessen Firma Conikar. In einer Email an Ferrostaal berichtet Mahmoud K. schließlich, dass er für eine Aluminium-Fabrik nur ein Prozent der Zahlungen an seine Conikar behalten werde. Der Rest werde weitergeleitet an „andere“ Personen. In der Email werden zwei Personen identifiziert, die Teil der iranischen Regierung sind, beziehungsweise mit ihr in persönlichem Kontakt stehen.

Insgesamt stellt der Debevoise-Bericht fragwürdige Zahlungen in Höhe von 246 Millionen Euro fest. Und zwar nach dem Stichtag 1999, als Korruption im Ausland in Deutschland strafbar wurde. Dazu kommen die bereits jetzt bekannten Zahlen: knapp neun Millionen Euro Schmiergeld, sowie 81 Millionen Euro an „verdächtigen Zahlungen“.

Der Konzern selbst versucht derweil einen Teil der illegalen Zahlungen bei den damals Verantwortlichen zurückzuholen. Gegen Ex-Konzernchef Matthias Mitscherlich und einen seiner ehemaligen Kollegen soll eine Schadensersatzklage über 40 Millionen Euro vorbereitet werden, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

Banken fordern 300 Millionen Euro an Sicherheiten

Dazu kommen kleinere Schadensersatzklagen, wie die gegen den ehemaligen Personalvorstand Lorenz H.. Hier fordert Ferrostaal die vergleichsweise bescheidene Summe von 600 000 Euro zurück, weil Lorenz H. ein international verwobenes Netz zur Steuerhinterziehung betrieben haben soll. So seien mit Hilfe des österreichischen Ingenieurbüros Vace und einer seiner deutschen Tochterfirmen Ferrostaal-Mitarbeiter bezahlt worden, ohne die fälligen Lohnsteuern zu entrichten. Sogar deutsche Betriebsräte des Konzerns seien so mittels illegaler Absprachen gefügig gemacht worden. Christian Nohr, Rechtsanwalt von Lorenz H. bestreitet, dass das System illegal gewesen sei. Ex-Konzernchef Mitscherlich sagte auf Anfrage, das sei so in Ordnung gewesen.

Unterdessen werden einige Geldhäuser nervös. Nicht zuletzt, weil Ferrostaal-Eigner MAN (30 Prozent) und der arabische Staatsfonds IPIC (70 Prozent) sich anhaltend ob der Folgelasten der Affäre bekriegen. In einer internen Mitteilung von Ferrostaal heißt es: Hausbanken hätten deswegen Kreditlinien für den Bau von Anlagen nicht über den 30. Juni hinaus verlängert.

Nun verlangen die Banken Sicherheiten. Es geht um Summen von bis zu 300 Millionen Euro extra – die Ferrostaal in bar aufbringen muss. Das Unternehmen beteuert in dem internen Papier, dass genügend Geld da sei. Die Verhandlungen mit den Banken zur Gewährung neuer Kreditlinien würden andauern.