Brüssel. Die Bundesbürger zahlen erstmals seit 1987 weniger Geld als im Vorjahr für ihren Lebensunterhalt. Typische Waren und Dienstleistungen, die Otto Normalverbraucher benutzt, kosteten im Juli 0,6 Prozent weniger als im Sommer 2008, meldet das Statistische Bundesamt.
Vor der Inflationsrate, wenn man sie denn überhaupt noch so bezeichnen kann, steht in diesem Monat also ungewöhnlicherweise ein Minuszeichen.
Deutschland erlebt damit, was einige andere europäische Länder bereits seit Monaten kennen. In Spanien, Portugal und dem schwer krisengeplagten Irland sinken die Verbraucherpreise schon seit dem Frühjahr – auch übrigens in der als Stabilitätshort gelobten Schweiz.
Sinkende Preise stützen die Konjunktur
Experten dämpfen trotz der vielen Minuszeichen die Sorge, dass Europas Wirtschaft nun in eine Deflation abgleitet – also in eine sich selbst verstärkende Schwächephase der Wirtschaft mit Kunden, die immer weniger kaufen, und Unternehmen, die immer weniger verdienen. Schließlich sinke der statistische Index für die Lebenshaltung vor allem wegen der Preiskapriolen bei Energie und Nahrungsmitteln. Die Preise für Sprit und Heizöl ebenso wie für einzelne Lebensmittel waren vor einem Jahr in die Höhe geschnellt und danach wieder spürbar gefallen. Dieser Effekt schlägt nun voll auf die allgemeine Teuerungsrate durch. Ohne Energiekomponente liegt die Euro-Inflationsrate immerhin bei mehr als ein Prozent.
Das Risiko einer Deflation bestünde erst bei einem breit angelegten und lang anhaltenden Rückgang von Preisen und Nachfrage, erklärt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. Gegenwärtig sei das aber nicht der Fall – zumal der allgemeine Preisrückgang viel zu gering sei, um Verbraucher darauf zu bringen, ihre Kaufpläne in der Aussicht auf künftige Schnäppchen zu verschieben.
Ganz im Gegenteil: Für den Konsum sei es derzeit sogar förderlich, dass Benzin und Öl billiger geworden sind. „Dass die Preise sinken, wirkt deshalb konjunkturstützend, nicht bremsend“, sagt Solveen. Der Ökonom rechnet von Herbst an wieder mit einem Plus vor der Teuerungsrate