Aldi Süd bietet Gemüse und Obst der zweiten Wahl an. Die „Krummen Dinger“ sollen ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung setzen.
Berlin.
Eine maximale Krümmung von zehn Millimetern auf zehn Zentimetern Länge – krümmer durften Gurken der Klasse „Extra“ nicht sein. Damals, als die berühmte und viel geschmähte EU-Gurkenverordnung noch galt. Seit 2009 gibt es sie nicht mehr, doch der Glaube, der hinter ihr steckte, hat im Handel noch vielfach Bestand: Verbraucher mögen angeblich kein krummes Gemüse.
Ob das wirklich stimmt, wollen Wissenschaftler der Fachhochschule Münster nun in Kooperation mit Aldi Süd erforschen. Dazu bietet der Discounter künftig Möhren und Äpfel der Klasse II an. Gemüse und Obst also, das Schönheitsfehler aufweisen kann. Zu dünn, zu dick, zu klein, vielleicht haben einige der Möhren sogar drei Beine.
Karotten ab sofort, Äpfel ab Ende September
„In puncto Geschmack stehen sie ihren makellosen Artgenossen aber in nichts nach“, heißt es in einer Mitteilung des Discounters. Die Bio-Karotten werden demnach ab Ende August, die Äpfel ab Ende September erhältlich sein.
„Mit dem Angebot ‘zweitklassiger’ Ware erweitern wir unsere Toleranzen im Einkauf und setzen ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung in der Lieferkette“, sagt Philip Skorning, verantwortlich für Qualitätssicherung und Corporate Responsibility bei Aldi Süd. „Gleichzeitig möchten wir unsere Kunden davon überzeugen, dass auch Obst- und Gemüse-Produkte mit kleinen optischen Fehlern trotzdem von ausgezeichneter geschmacklicher Qualität sein können.“
Ein Drittel aller Lebensmittel für die Tonne
Das Institut für Nachhaltige Ernährung der Fachhochschule Münster begleitet den Verkauf der „Krummen Dinger“, wie die B-Ware bei Aldi Süd heißt. Ziel sei es, die Ursachen für Lebensmittelverluste zu erkennen und herauszufinden, wie weniger Lebensmittel verschwendet werden können.
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Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen wird weltweit ein Drittel aller Lebensmittel für die Tonne produziert – unter anderem, weil sie optisch nicht den Ansprüchen des Handels genügen. Das Thema erregt schon länger die Gemüter. Organisationen wie Slow Food setzen sich für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln ein. Selbst die Bundesregierung bietet in ihrer App „Zu gut für die Tonne“ Rezepte für übriggebliebene Produkte.
Auch Rewe und Edeka mit krummem Gemüse
Nun haben also auch Handelsketten erkannt, dass sie sich mit dem Thema profilieren können. Schon 2013 rief die Rewe-Gruppe in Österreich die Eigenmarke „Wunderlinge“ ins Leben. Damit folgte sie einem Beispiel aus der Schweiz, wo die Supermarktkette Coop unter der Marke „Ünique“ optisch benachteiligte Obst- und Gemüsesorten anbietet. In Deutschland testete Edeka krummes Gemüse in einigen Filialen unter dem Motto „Keiner ist perfekt“. (cho)