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ACS steht vor der Machtübernahme bei Hochtief

Der Machtkampf um Hochtief ist entschieden

Im Übernahmekampf um den Baukonzern Hochtief ist der spanische Großaktionär ACS kurz vor dem Ziel: Unmittelbar vor der Hauptversammlung in Essen zogen vier ACS-kritische Aufrichtsratmitglieder ihre Kandidatur zurück, darunter Ex-Hochtiefchef Keitel.

Essen. 

Der Machtkampf bei Hochtief ist entschieden. Die letzten Gegner des spanischen Großaktionärs ACS im Aufsichtsrat des größten deutschen Baukonzerns verzichteten am Donnerstag in Essen auf eine Kampfkandidatur gegen die von ACS nominierten Kandidaten. Damit ist der Weg für die Spanier frei, auf der Hauptversammlung das wichtige Kontrollgremium nach ihren Vorstellungen zu besetzen.

Der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Detlev Bremkamp begründete auf dem Aktionärstreffen den Rückzug damit, dass er und seine Kollegen angesichts der absehbaren Stimmenmehrheit von ACS auf der Hauptversammlung für ihre Kandidatur keine Chance mehr sähen.

Bremkamp übte dennoch heftige Kritik an den Plänen von ACS, den Aufsichtsrat mit vier eigenen Vertretern, einem Vertreter des Großaktionärs Qatar Holding und drei weiteren von ACS ausgewählten Kandidaten zu besetzen. Dies entspreche nicht seiner Vorstellung von einer ausgewogenen Besetzung des Gremiums. „Hoffentlich ist das kein Signal, dass ACS versucht, die völlige Kontrolle über den Aufsichtsrat zu übernehmen, um die eignen Interessen durchzusetzen“, sagte der Manager. Erst die nächsten Monate und Jahre würden die Auswirkungen dieser Wahl zeigen.

Neben Bremkamp verzichteten auch die Aufsichtsratsmitglieder Hans-Peter Keitel, Heinrich von Pierer und Wilhelm Simson auf eine erneute Kandidatur.

Bremkamp zeichnete in seiner Rede ein wenig kompromissbereites Bild des spanischen Großaktionärs. Mehrere Versuche von Hochtief, mit ACS eine Investorenvereinbarung abzuschließen, seien am Desinteresse der Spanier gescheitert. Zu belastbaren Zusagen seien diese nicht bereit gewesen.

ACS legte Wert auf sein Ausscheiden“

Ausdrücklich wies Bremkamp darauf hin, dass auch der Abgang von Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter nicht ganz freiwillig erfolgt sei. „Es war nicht der Wunsch von Dr. Lütkestratkötter, das Unternehmen zu verlassen, sondern der Großaktionär ACS legte Wert auf sein Ausscheiden“, sagte der Aufsichtsratschef und sorgte damit für Buh-Rufe der Aktionäre.

Lütkestratkötter selbst nutzte seine letze Rede als Konzernchef noch einmal, um die Vorteile des Konzerns ins rechte Licht zu rücken und damit indirekt bei ACS für dessen Erhalt zu werben. „Für alle internationalen Märkte gilt: Das hohe Renommee von Hochtief wirkt als Türöffner“, sagte der Manager laut einem vorab verbreiteten Manuskript. Das Unternehmen stehe für Qualität, Zuverlässigkeit und erstklassige Ingenieursleistungen „made in Germany“.

Ausführlich pries Lütkestratkötter die großen Wachstumschancen des Konzerns. So habe sich Hochtief fest im boomenden Markt für Offshore-Windkraft etabliert und sei einer der wenigen Spezialisten, die hier über das notwendige Know-how verfügten. Wachstumschancen sieht der scheidende Hochtief-Chef auch in Indien. In der von zweistelligen Wachstumsraten im Bausektor geprägten Boomregion stehe der Konzern derzeit in ersten Verhandlungen, um sich an einem lokalen Unternehmen zu beteiligen. Auch in Kanada und den Golf-Staaten sieht der Manager gute Perspektiven für Hochtief.

Unabhängigkeit wird „zu Grabe getregen“

Bei Vertretern von Kleinaktionären stoßen die Besetzungsvorschläge des Angreifers ACS für den Hochtief-Aufsichtsrat auf entschiedene Ablehnung. ACS will mit den Personalvorschlägen seine Macht bei Hochtief festigen.

„Wir tragen heute die Unabhängigkeit von Hochtief zu Grabe“, beklagte Marc Tüngler, Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), bei der Hauptversammlung in Essen. Er fordere ein „Nein“ der Aktionäre zur ACS-Liste, betonte er. Die DSW werde rechtliche Schritte prüfen, da ACS seine Besetzungsvorschläge „mit der Brechstange“ durchsetzen wolle und die Liste nur kurzfristig vorgelegt habe. In dieser sei zudem ein wenig „viel spanisch drin“. Eine Vertreterin der zweiten großen Aktionärsorganisation SdK schloss sich Tüngler an.

ACS-Chef Florentino Perez lasse die Aktionäre im Unklaren über seine wahren Absichten, beklagte Tüngler unter dem Beifall der Hochtief-Anteilseigner. „Wir freien Aktionäre befürchten, dass Hochtief ausgeschlachtet wird“, rief Tüngler. Er fürchte, dass die Hochtief-Übernahme für ACS nur ein Schritt auf dem Weg zum wirklichen Ziel sei – dem Kauf des spanischen Versorgers Iberdrola. (dapd/rtr)