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Polizei verschweigt Sex-Attacke von Asylbewerbern in Meschede

Polizei verschweigt Sex-Attacke von Flüchtlingen in Meschede

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Foto: Susanne Droste
Eine Sex-Attacke auf Frauen in Meschede hat die Polizei im Hochsauerlandkreis verschwiegen. Auch auf Nachfrage berichtete sie nicht über den Vorfall.

Meschede. 

Die Polizei hat eine Sex-Attacke von Asylbewerbern auf zwei Frauen in Meschede verschwiegen. Sie begründet ihr Vorgehen mit taktischen Ermittlungen. Auch nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln hielt die Behörde an dieser Linie fest: Sie verneinte auf Nachfrage der WESTFALENPOST, dass es ähnliche Vorfälle im Hochsauerland gegeben habe.

Mareike Breuer (Name geändert) sitzt am Esstisch. Aus dem Fenster im Wohnzimmer kann die 25-Jährige in die Mescheder Fußgängerzone schauen. Es dämmert bereits. Sonntags laufen dort nur wenige Menschen entlang. Der Angriff am 27. Dezember passierte nur wenige Meter vor ihrer Haustür. Sie war mit einer Freundin im Embassy feiern. „Eine Gruppe hat uns immer wieder eng angetanzt. Ich mag das überhaupt nicht. Deshalb habe ich deutlich ‘Nein’ gesagt. ‘Ich möchte das nicht!’ Wir sind dann näher zum Eingang gegangen.“ Stunden später folgt eine weitere Begegnung.

Männer greifen unvermittelt an

5.45 Uhr, die Freundinnen laufen durch die Ruhrstraße nach Hause, zwei junge Männer fragen sie nach Zigaretten. „Please Cigarette.“ Beide gehörten zu den Antänzern aus der Disko. Der eine trägt einen schwarzen Bart, der andere eine bunte, grobgestrickte Wollmütze. Mareike Breuer kann die Täter Wochen später noch genau beschreiben, weil das, was folgt, ihren Alltag, ihre Einstellung verändert hat.

Die Männer greifen die Frauen unvermittelt von hinten an, halten ihre Arme fest, fassen ihnen an die Brüste, versuchen in den Schritt zu kommen. Mareike Breuer wehrt sich heftig, reißt sich los und eilt ihrer Freundin zur Hilfe. „Sie war unter Schock. Regungslos“, erzählt Mareike Breuer. „Ich hab’ noch nicht mal geschrien. Niemals hätte ich gedacht, dass sowas in Meschede passieren kann.“ Sofort rufen die Freundinnen die Polizei. „Wir hatten nur Angst, dass die zurückkommen. Oder mitkriegen, wo ich wohne.“

Verzicht auf Pressemeldung

Die Beamten verzichten bewusst auf eine Pressemeldung. Erst durch die Frauen wird der Fall bekannt. „Ich verstehe nicht, warum das nicht an die Presse ging. Das ist doch auch eine Warnung für andere Frauen. Dass Du vorsichtiger sein musst nachts“, sagt Mareike Breuer. Ihre Stimme bebt. Als die Frauen bei der Polizei nachfragen, erhalten sie nach eigenen Angaben den Rat, sich auf keinen Fall an die Medien zu wenden. „Weil dann unangenehme Fragen kommen könnten.“ Das geschehe zum Schutz der Opfer. Die Polizei habe gesagt, sie fürchte negative Reaktionen aus der Bevölkerung. Die Behörde bestreitet das.

Pressesprecher Ludger Rath sagt: „Wir wollten die Täter nicht aufscheuchen.“ Recht schnell wissen die Beamten, um wen es sich handelt: Zwei Männer aus Marokko, 20 und 21, untergebracht in der Notunterkunft für Asylbewerber in der Franz-Stahlmecke-Schule. Im Falle einer Veröffentlichung, so Rath, hätte es Reaktionen in sozialen Netzwerken gegeben. „Das könnten auch die Täter mitbekommen und fliehen.“ Die Taktik geht nicht auf: Noch in der Nacht des Überfalls verschwinden die Männer. Die Polizei kennt ihre Namen, sie hat ihre Fotos – doch sie weiß nicht, wo und ob sie sich in Deutschland aufhalten. „Als die Polizei mir sagte: „Wir haben sie“, war ich froh. Aber dann erfuhr ich, dass die Polizei nur weiß, wer die sind, aber nicht wo. Die können das also jederzeit wieder tun“, sagt Mareike Breuer. „Das ist kein schönes Gefühl.“

Frau bricht bei der Arbeit zusammen

Die Marokkaner stehen auf der Fahndungsliste. Ob sie jemals belangt werden, hängt auch davon ab, ob sie vorher mit Fingerabdrücken als Flüchtling registriert worden sind, und ob sie ihre Identität auch nach Verlassen der Unterkunft in Meschede behalten haben. Die Bestrafung wäre tendenziell gering, auch wenn wegen sexueller Nötigung ermittelt wird.

Als Anfang Januar die Übergriffe aus Köln gemeldet werden, kommt auch in Mareike Breuer ­alles wieder hoch. Sie bricht auf der Arbeit zusammen. Heute noch geht die 25-Jährige ungern im Dunkeln vor die Tür, sie hat ihre Wohnung in der Innenstadt gekündigt. Ihre Freundin ist bereits weggezogen.

– Aus Gründen des Informantenschutzes wurde der Name der Zeugin „Mareike Breuer“ frei erfunden.