Die Gewerkschaft spricht von bis zu 10.000 Teilnehmern des Warnstreiks. IG Metall und die Arbeitgeber verhandelten anschließend in der Stadthalle.
Mülheim.
Die Trillerpfeifen des Demonstrationszuges waren in der Innenstadt schon von Weitem deutlich zu hören. Bis zu 10.000 Arbeitnehmer aus ganz NRW, so schätzt die IG Metall, beteiligten sich am Freitagmorgen am Warnstreik, zu dem die Gewerkschaft aufgerufen hatte. Weit mehr als erwartet waren gekommen – der Veranstalter hatte mit rund 3000 Teilnehmern gerechnet.
Gegen 9.15 Uhr – rund zwei Stunden, bevor sich IG Metall und Arbeitgeber zur dritten Tarifrunde in der Stadthalle trafen – zogen die Streikenden von dort über die Schloßbrücke zur Kundgebung an der Ruhrpromenade. Der eisige Wind konnte die Stimmung auf und vor der Bühne dabei nicht trüben. An die zahlreichen Menschen mit triefenden Nasen in der Menge wurden Taschentücher mit der Aufschrift „Nase voll“ verteilt, was als deutliche Botschaft an die Arbeitgeberseite zu verstehen war.
Scharfe Kritik an geplantem Stellenabbau bei Siemens
Diese Botschaft untermauerte auch Dirk Horstkamp, Gewerkschaftssekretär der Mülheimer IG Metall, zum Auftakt der einstündigen Kundgebung. „Das Angebot der Arbeitgeber ist so mickrig, dass wir uns warm anziehen müssen.“ Dementsprechend war auf vielen Transparenten in der Menge die Parole „Wir für mehr“ zu lesen.
Diesen Schlachtruf griff Pietro Bazzoli, Betriebsratsvorsitzender von Siemens in Mülheim, zum Schluss seiner Rede auf und ließ ihn drei Mal im Chor mit der Menge erklingen. Den von Konzern-Chef Joe Kaeser angekündigten Stellenabbau, von dem auch der Standort in Mülheim spürbar betroffen sein könnte, nannte Bazzoli „unerträglich“ und warf seinem Arbeitgeber „Perspektivlosigkeit“ vor.
Teilnehmer kamen mit 60 Bussen aus ganz NRW
Siemens sei ein „Musterbeispiel dafür, wie man Beschäftigte verunsichern kann“, sagte auch der nordrhein-westfälische IG-Metall-Chef Knut Giesler in seiner Rede. Umso positiver sei es, dass sich rund 1000 Siemens-Mitarbeiter aus Mülheim und weiteren Standorten in NRW am Warnstreik beteiligen würden. Aus Duisburg wurden alleine 300 Siemens-Beschäftigte erwartet. Auch mit der Teilnehmerzahl insgesamt war Giesler hoch zufrieden. „Ihr zeigt uns, dass wir bislang alles richtig machen“, sagte er.
Mit über 60 Bussen waren die Arbeitnehmer aus ganz NRW nach Mülheim gekommen. In der Menge waren Banner aus dem Revier, aber auch aus Mönchengladbach, Köln, Gevelsberg, oder beispielsweise Siegen zu sehen. Mit diesem Rückhalt forderte Giesler von den Arbeitgebern ein „klar verbessertes Angebot.“ Andernfalls drohten eine Urabstimmung und unbefristete Streiks. Passenderweise erklang zum Ende der Kundgebung der umgedichtete Schlager „Sieben Tage lang“ auf der Bühne. In der IG Metall-Fassung hieß es: „Dann wollen wir streiken, keiner weiß wie lang.“