Noch ist der neue Krankenhausbedarfsplan des Landes nur ein Entwurf. Aber er ist einer, der unterm Strich weitere Bettenstreichungen an Krankenhäusern vorsieht. Die Gelsenkirchener Kliniken aber ächzen unter gestiegenen und übers Budget nicht genug ausgeglichenen Personalkosten und hohem Investitionsbedarf, der gar nicht bzw. unzureichend finanziert werde.
Gelsenkirchen.
Die Landesregierung hat mal wieder Änderungen in der Krankenhauslandschaft angekündigt. Neun Prozent der Betten sollen in NRW abgebaut werden, mit Schwerpunkt in den Großstädten. Ein Teil der Krankenhausbetten soll umgewidmet werden, zugunsten geriatrischer, psychiatrischer und neurologischer Plätze. Wegen des Anstiegs der Erkrankungen auf dem Gebiet und wegen der demografischen Entwicklung. Weniger Betten brauchen laut Entwurfsplan Augenheilkunde, HNO und Strahlentherapie, da hier verstärkt ambulant therapiert werden könne. Fallzahlen sind wichtiger als Bettenzahlen, zudem will man mehr Spezialisierung, nicht jedes Haus müsse alles vorhalten. Aber was heißt das für die Krankenhäuser vor Ort? Wie kommen sie zurecht?
Die neuen Qualitätskriterien, mit denen das Land für seine Pläne wirbt, sind vor allem Hürden für die Krankenhäuser, ist Peter Weingarten, Geschäftsführer der Marienhospital GmbH, überzeugt. Wenn grundsätzlich drei Fachärzte verlangt werden, um ein Fachgebiet vorhalten zu dürfen, und das trotz Fachkräftemangel, dann könne man das nur so sehen. Und die Baupauschalen, die heute die früheren projektbezogenen Zuschüsse ersetzen sollen, reichen hinten und vorne nicht, um ein Krankenhaus auf dem Stand zu halten, klagt Weingarten.
Zudem könne der geforderte Trend zur weiteren Spezialisierung auch dazu führen, dass Patienten mit unspezifischem Krankheitsbild künftig durch viele Krankenhäuser touren müssen, bevor eine Diagnose gestellt werden kann. Durch den neuen Bedarfsplan sieht Weingarten zwar keine akute Bedrohung seiner beiden Häuser (579 und 234 Betten). Aber es gebe mittlerweile konkrete Überlegungen, gegen den Rahmenplan zu klagen, der keine Existenzsicherung vorsehe. Das sei man auch den Mitarbeitern schuldig.
Evangelische Kliniken
Die schwarze Null, die man noch schreibe, gehe auf die Knochen der Mitarbeiter, klagt Dr. Karl Bosold, Geschäftsführer der Klinik an der Munckelstraße. Dass man angesichts steigender medizinischer Ansprüche und Möglichkeiten nötige Investitionen frei finanzieren müsse, statt Hilfe vom Land zu bekommen, sei verhängnisvoll. Man habe die Verweildauer der Patienten schon stark reduziert, die Fallzahlen gesteigert, weitere Schwerpunkte installiert, als Brust- und Darmzentrum etwa. Ob von dem jüngst verkündeten Zuschuss des Bundes überhaupt etwas in seinem 429-Betten-Haus ankomme, hält er für sehr fraglich.
Bergmannsheil
Bei der Sparwelle 2010 wurden 30 Betten abgebaut. Aber man hat anderswo erweitert, um sich den „Medizinischen Herausforderungen der Zukunft zu stellen,“ so Geschäftsführer Werner Neugebauer. In den letzten zehn Jahren habe man auf Spezialisierungen und Aufbau von Leistungsbereichen gesetzt: regionales Traumazentrum zur Versorgung von Schwer(st)verletzten, Wundtherapiezentrum, interdisziplinäre Intensivstation, Klinik für Neurochirurgie mit Alleinstellungsmerkmal in GE, orthopädische Rehaklinik… Auch wenn das Haus mit seinen 456 Betten noch schwarze Zahlen schreibe: Sie würden immer kleiner. Die Tarifsteigerungen der Mitarbeiter seien über die Budgets bestenfalls zu 50 Prozent abgefangen worden. Für die notwendigen Investitionen brauche man Geld, könne nicht ewig aus den Rücklagen zuschießen. Langfristig müssen sich die Strukturen der Finanzierung ändern, ist Neugebauer überzeugt.
St. Josef-Hospital Horst
Geschäftsführer Berthold Grunenberg sieht den Bedarf, Kapazitäten an die demografische Entwicklung anzupassen. 282 Betten hat er heute noch. „Wir könnten internistisch locker eine Station mehr füllen, sind zu 80 Prozent belegt, in der Geriatrie zu 90. Dass es nicht noch mehr ist, liegt an der Fünf-Tage-Medizin. Aber die ist auch Patientenwünschen geschuldet.“ Von der älter werdenden Gesellschaft mag Grunenberg keinen Bettenabbau in anderen Bereichen ableiten. „Im Gegenteil. Ältere Menschen haben mehr Krankheiten, innere oder kardiologische Erkrankungen. Das muss man mitbehandeln, mitdenken können. Mehr Ältere heißt nicht weniger Behandlungsbedarf.“
Elisabeth-Hospital Erle
Geriatrie, Psychiatrie, Neurologie – die Schwerpunkte der 223-Betten-Klinik sind wie für den neuen Bedarfsplan gemacht. Trotzdem klagt auch Elisabeth-Geschäftsführer Andreas Merten über mangelnde Finanzierung und Fachkräftemangel. Das Anwachsen des geriatrischen Bedarfs, auch in Kombination mit psychiatrischen Problemen, sei rasant. Doch da die Tariferhöhungen nicht ausgeglichen würden, würde die Finanzierung ohne die Einkünfte aus anderen Bereichen nicht funktionieren. Letzte Konsequenz müssten dann Entlassungen sein. Die stünden aber akut nicht an.