Der 13. Neujahrsempfang führte den IGBCE-Bezirk am Sonntag erstmals nach Gelsenkirchen.
Gelsenkirchen.
Als der Jugendchor „Pro Prosper“ das Steigerlied anstimmt, ist es um die Zurückhaltung vieler Gäste geschehen. Zaghaftes Mitsingen wechselt in herzhaftes Einstimmen. Als alle in der Lichthalle der Horster Vivawest-Zentrale vor der letzten Strophe aufstehen, sind das Zeichen für Respekt und Tradition. Und eine solidarische Haltung gegenüber dem Bergbau, der das Ruhrgebiet über viele Jahrzehnte positiv geprägt und bestimmt hat.
Es ist Januar 2016, und die Aussichten für die Kohle sind (bekanntlich) schlecht. Das zählt als Botschaft auch zum Neujahrsempfang des IGBCE-Bezirks, der in seiner 13. Ausgabe erstmals in Gelsenkirchen stattfindet. Das Bergwerk Auguste Victoria in Marl ist geschlossen, Prosper-Haniel in Bottrop, dort wird in diesem Jahr 160 Jahre Bergbau gefeiert, folgt in zwei Jahren. „Schwere Schläge sind das, nicht nur für einzelne Städte, sondern für die ganze Region. Denn die Beschäftigten kommen ja aus allen Städten“, betont Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) stellvertretend für seine Amtskollegen.
Das Thema, die Rolle der Kohle, der Verzicht auf eine heimische Energiequelle von Bedeutung, ohne Alternativen für die Industrie belastbar zu Ende entwickelt zu haben, das spielt auch eine Rolle in der Begrüßung von IGBCE-Bezirksleiter Thomas Steinberg, der sagt: „Diese Entscheidung ist nicht nachvollziehbar, und sie trifft ins Herz.“
Schwierige Situationen
Die Hauptrednerin des Empfangs, die Gladbeckerin Petra Reinbold-Knape als Mitglied des geschäftsführenden IGBCE-Hauptvorstandes, stimmt ein. Aus gutem Grund! Das Bergwerk Prosper steht für 5000 Arbeitsplätze und ist selbst in der Abenddämmerung seiner Existenz größter Arbeitgeber in Bottrop – die Verknüpfungen mit der umliegenden Zuliefererindustrie gar nicht mitgerechnet.
Doch nicht nur diese Aussicht beschäftigt die Redner. Auch die Situation bei BP. Während Steinberg und Reinbold-Knape den Betriebsräten Solidarität und Unterstützung zusichern, erläutert Baranowski den Gästen, die das regionale Who is Who aus Gewerkschaft, Industrie und Politik abbilden, wo die Ursachen liegen für einen beabsichtigten Abbau von über 300 Arbeitsstellen und eine Kostenreduzierung von 60 Millionen Euro pro Jahr am Raffinerie-Standort Gelsenkirchen: „Weil BP nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im Jahr 2010 nun 10 Milliarden Euro Schadensersatz an die USA zahlen müssen.“ Dafür könnten die Mitarbeiter in Deutschland und Gelsenkirchen nichts.
Ein großes Puzzle Ruhrgebiet
Ergänzend betont Petra Reinbold-Knape die Bedeutung des Strukturwandels im Revier auch vor dem Hintergrund der zweistelligen Arbeitslosenzahlen in Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck: „Deswegen spielen die im IGBCE-Bezirk ansässigen Branchen wie der Bergbau mit Prosper, die Energiewirtschaft wie Steag und Eon, die Chemieindustrie als Verbundindustrie, die Glasindustrie, Papier und die RAG eine so wichtige Rolle.“ Die Verbundindustrie im Bereich BP müsse Bestand haben. Jedes Unternehmen sei Teil eines großen Puzzles Ruhrgebiet. „Und kein einziges Element darf fehlen, damit das Bild vollständig bleibt.“