ZDF erklärt, warum es mit dem Ruhrgebiet weiter bergab geht
„Versenkt, verbaut, vergraben – Pleitegeier über Rhein und Ruhr“ hieß die ZDF-Sendung, die herausarbeitete, wie das Ruhrgebiet in die finanzielle Krise stolperte – und trotzdem weiterhin hunderte Millionen Euro, die man eigentlich gar nicht hat, in fragwürdige Prestige-Projekte wie die Küppersmühle in Duisburg versenkt.
Essen.
Der Kopf schwirrt vor lauter Zahlen, als das letzte Bild des Beitrags „Versenkt, verbaut, vergraben – Pleitegeier über Rhein und Ruhr“ über den Bildschirm geflimmert ist. In dem Beitrag zeichnet das Format „ZDF Zoom“ ein düsteres Bild des Ruhrgebiets. Eines, das suggeriert, dass das Revier den Strukturwandel nicht gemeistert hat. 53 Milliarden Euro kommunale Neuverschuldung, missglückte und überteuerte Prestige-Projekte wie die Küppersmühle in Duisburg, das Dortmunder U, die Beteiligung von sechs verschuldeten Städten am Energieunternehmen Steag: Viele Beispiele, die den Steuerzahler auf dem heimischen Sofa schnell in Rage bringen können.
Der Solidarpakt ist nicht schuld – die Misere ist hausgemacht
Der Solidarpakt Ost, den einige Oberbürgermeister des Reviers als Mitverantwortlichen für die finanzielle Misere ausgemacht haben wollen, er sei nicht die Wurzel des Übels. Vielmehr seien die Probleme hausgemacht, so die Autoren des Beitrags. Als Beispiel wird auch das neue Stadion für Rot-Weiss Essen angeführt – 42 Millionen Euro neue Schulden für einen Viertligisten, wie es fast naserümpfend heißt. Essens OB Paß begründet die Entscheidung für den Neubau als Zeichen des Optimismus und der Zukunft. Dass das alte Domizil an der Hafenstraße mehrere Jahrzehnte alt und völlig baufällig war, darüber verliert das ZDF kein Wort.
Auch Essens Kämmerer Lars-Martin Klieve kommt zu Wort. Er habe in Essen das Spardiktat durchgebracht, loben die Autoren. Wenngleich Klieve selbst verdeutlicht, was das größte Problem im städtischen Haushalt ist: Etwa die Hälfte der veranschlagten Mittel fließen in Sozialtransfer-Leistungen.
Den Strukturwandel verschlafen
Das Zweite spart nicht an Bildern von früher – als vermeintlich alles besser war und das Ruhrgebiet dank Kohle und Stahl zu den reichsten Regionen der gesamten Bundesrepublik gehörte. Und heute? Da schließt Ende des Jahres mit dem Voestalpine-Werk in Duisburg das letzte Schienenwerk Deutschlands. Der schicke Innenhafen Duisburgs mit seinen Cafés und Restaurants könne diese Arbeitslosen sicher nicht auffangen. „Das Ruhrgebiet hat nicht richtig Schritt gehalten mit dem demografischem und dem strukturellem Wandel“, bringt es Kämmerer Klieve auf den Punkt.
Zu viel sei in den vergangenen Jahrzehnten subventioniert, zu viele Gelder in „Schatten-Haushalten“ städtischer Töchtergesellschaften versenkt worden. Das lasse sich auch am Beispiel des Trickfilmzentrums Oberhausen ablesen, das vor allem dank Fördertöpfen des Landes in Höhe von 50 Millionen Euro geschaffen werden konnte – am Ende aber Pleite machte.
Schulden machen, um Schulden abzubauen
Schulden machen, um Schulden abzubauen – eine Handhabe, die in NRW vor allem aufgrund erleichterter Finanzregeln möglich sei. Kassenkredite – sie machen mit 22 Milliarden Euro einen Löwenteil der kommunalen Schulden aus – auf bis zu zehn Jahre zu verlängern, das sei in anderen Bundesländern so nicht möglich.
ZDF Zoom hält dem Ruhrgebiet auf höchst unangenehme Weise den Spiegel vor. Dennoch hinterlässt es den Zuschauer ratlos – denn ganz ohne Investitionen kann die Region die Wende nicht schaffen. Bilder des „Kohlen-Potts“ zu zeigen und vergangenen Zeiten hinterher zu trauern, schafft keine Perspektive. Denn aller städtischen Fehlentscheidungen zum Trotz: der Aufbau eines neuen Geschäfts- und Künstler-Viertels in der Essener Nordstadt, eine vielversprechende Entwicklung des Phönix-Sees in Dortmund, eine renommierte Uni Duisburg-Essen, die so viele Studenten der Arbeiterschicht lehrt, wie keine andere: Nur einige Beispiele, die zeigen, dass das Revier die alleinige Rolle des Schwarzen Peters nicht verdient hat. Beispiele, die aber nicht gezeigt wurden.