- Ab Ende Mai kannst du im Baldeney-See baden
- Ein Frühwarnsystem sorgt dafür, dass es nicht gesundheitsschädlich ist
- 35 bis 50 Badetage bleiben dir so
- Nur: Die sind meist im kühlen Mai und September
Essen.
Es hätte alles so schön sein können: Es ist Hochsommer, die Temperaturen klettern auf weit über 20 Grad und anstatt dich in einem vollen Freibad in einem sterilen Betonbecken erfrischen zu müssen, springst du einfach in den Baldeneysee. Wasser. Spaß. Natur. Ganz legal. An der 150.000 Euro teuren Badestelle im Sea-Side-Beach. Doch: falsch gedacht, denn so einfach wird es nicht.
Am Mittwoch hat die Stadt Essen letzte Details zu ihrem Grüne-Hauptstadt-Prestigeprojekt „Baden in der Ruhr“ vorgestellt. Die gute Nachricht: Die Bauarbeiten an der Badestelle sind voll im Soll, Ende Mai könnte die 50 Mal 15 Meter große Schwimmstelle inmitten des Baldeneysees erstmals für Badegäste öffnen.
Das Problem: „Die Ruhr ist nach wie vor anfällig, was gesundheitsgefährdende Stoffe im Wasser angeht“, erklärt Norbert Jadin vom Ruhrverband. Er ist derjenige, der sich mit dem Thema Gesundheitsrisiken im Ruhrwasser auskennt. Und der die Erwartungen an die erste Flussbadestelle in Essen seit über 40 Jahren dämpft.
Baden in der Ruhr kann gesundheitsschädlich sein
Denn obwohl in den letzten Jahren die Wasserqualität der Ruhr stetig besser geworden ist, ohne Risiken für die Gesundheit der Badegäste ein Naturbad betreiben zu können, bleibt schwierig.
Warum das so ist, zeigt eine kleine Rechenaufgabe: Stell dir vor, die Badestelle am Baldeneysee hätte es im letzten Jahr schon gegeben. Dann wäre das Baden im See an acht Tagen gesundheitsschädlich und deshalb verboten gewesen. Eine Draußen-Badesaison geht von Mai bis Ende September. Wie viele Tage hättest du also im See schwimmen gehen dürfen? 35! 35?
Nein, du hast dich nicht beim Fingerabzählen vertan. Grund für die so geringe Anzahl an möglichen Badetagen ist das Frühwarnsystem, das den See auf gesundheitliche Gefahren überprüft und von der Stadt bereits seit drei Jahren getestet wird.
Wasserqualität hängt mit Niederschlag zusammen
Es besagt: Baden kannst du immer dann, wenn es drei Tage hintereinander nicht regnet. Genauer gesagt: es nicht mehr als fünf Millimeter Niederschlag am Tag gegeben hat. Jardin: „Die Wasserqualität hängt mit dem Niederschlag zusammen. Durch Starkregen wird die Kanalisation überflutet. Ungereinigtes Abwasser gelangt dann in die Ruhr.“
Dann schlagen sechs Messstationen in der Nähe der Badestelle Alarm. Und es gibt Badeverbot.
Regnet es dann drei Tage lang nicht mehr, wird – um auf Nummer sicher zu gehen – die Wasserqualität untersucht. Das Labor braucht zwei Tage, um die Ergebnisse zu liefern. Liegt keine Gesundheitsgefährdung mehr vor, wird das Baden wieder erlaubt. Doch: regnete es in der Zwischenzeit, geht das Prozedere von Vorne los.
„Egal, wie sonnig die Tage sind, kann es sein, dass wir das Baden einfach nicht erlauben können“, so Jadin.
35 bis 50 Badetage bleiben – theoretisch
So bleiben in trockenen knapp 50, in regnerischen Sommern um die 35 potentielle Badetage. Theoretisch.
Denn die Probe-Messungen der letzten drei Jahre zeigen: Wirklich durchgehend ins Wasser hättest du nur im Mai und im September gekonnt. Nur an vereinzelten Tagen im Hochsommer wäre das Baden ebenfalls erlaubt gewesen.
Und mal ehrlich. Könntest du dir vorstellen bei den momentanen Temperaturen ins unbeheizte Freibad zu gehen?
Badestelle kein Freibadersatz
„Wir wissen, dass die Pilotbadestelle am Baldeneysee kein Freibadersatz ist. Man darf dabei nicht Bilder von hunderten Menschen in den früheren Naturbädern in der Ruhr im Kopf haben. Es soll lediglich das bereits vorhandene Angebot am Sea-Side-Beach ergänzen“, sagt Simone Raskob, Umweltdezernentin und Projektleiterin des Grünen-Hauptstadt-Jahrs.
Trotzdem könnte es im schlimmsten Fall sogar sein, dass du auch nach vierzig Jahren an keinem warmen Sommertag wieder in den Baldeneysee springen kannst.
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