Das Verkaufsverbot für nikotinhaltige E-Zigaretten-Liquids in Essen ist verpufft. Nachdem man angekündigt hatte, jeden gemeldeten Verstoß gegen das Verbot „ab sofort zu überprüfen und gegebenenfalls auch ordnungsrechtliche Maßnahmen einzuleiten“ gingen tatsächlich vier Hinweise bei der Stadt ein.
Essen.
Der Diskussions-Dampf um die E-Zigaretten hat sich aus Essen ein wenig verzogen, und inzwischen sieht die Stadt wieder klarer – zumindest in der Rückschau. Vor über einem Monat rieb sich die Republik verwundert die Augen. Da ließen die Rechtsexperten aus dem Rathaus einen vorsorglichen Schuss ins Blaue los, der bundesweit für Aufsehen sorgte. Es war ein echter Knaller: Von einem Tag auf den anderen verboten sie den Verkauf nikotinhaltiger Flüssigkeiten für die elektrischen Zigaretten und untersagten Handel wie Einfuhr mit Verweis auf einen entsprechenden Erlass aus dem Gesundheitsministerium. Das hatte die so genannten Liquids als nicht zugelassene und damit illegale Arzneimittel deklariert. Durch eine Dienstanweisung aus Düsseldorf sah man sich zum Handeln auf rechtlich eigentlich brüchigem Untergrund gezwungen.
Fragwürdiges Vorgehen
Staatsanwaltschaft und Zollfahndung hielten die Füße still und den Verantwortlichen in der Verwaltung wurde klar, in welcher Zwickmühle man steckte: Unternähme die Stadt nichts, machte sie sich in der Behörden-Hierarchie angreifbar. Lehnte sie sich zu weit aus dem Fenster, würde ihr Vorgehen in den Augen der Bürger fragwürdig. Fünf Wochen später ist genau das passiert: Bei Lichte besehen ist der Vorstoß verpufft, das Ganze war nicht mehr als eine Luftnummer und der Stadt scheint’s zudem ganz recht zu sein, dass sich durch das Verbot nichts verändert hat.
Jedenfalls fast nichts: Nachdem man angekündigt hatte, jeden gemeldeten Verstoß gegen das Verbot „ab sofort zu überprüfen und gegebenenfalls auch ordnungsrechtliche Maßnahmen einzuleiten“ gingen tatsächlich vier Hinweise bei der Stadt ein. Die allerdings hatte solche Reaktionen als Risiken und Nebenwirkungen des Vorstoßes einkalkuliert, die sie letztlich zum Handeln zwingen könnten. Doch das wird ein wohl mehr als moderates sein: Die vier benannten Liquid-Händler oder Inhaber von E-Zigaretten-Shops – und auch nur die – werden jetzt angeschrieben.
Um Informationen bitten
Zunächst informiert man noch einmal in aller Gelassenheit über die Rechtslage und wird dabei nett um Informationen darüber bitten, was die Händler wo verkaufen, ob im Laden oder übers Internet, und woher das Produkt stammt. Vier Wochen Zeit bleiben den Befragten für eine Antwort. Danach erst wird über das weitere Vorgehen entschieden, vielleicht läuft’s auf einen Termin der Amtsapothekerin vor Ort hinaus. Vielleicht aber auch nicht. Sollte nach einer Prüfung der Produkte und deren Kennzeichnung eine so genannte Ordnungsverfügung ohne sofortigen Vollzug ergehen, könnte der Händler dagegen klagen. Das kann sich über Jahre hinziehen, verschafft der Kommune aber Luft, bis die Rechtslage eindeutig geklärt ist. Bevor man sich im schlimmsten Fall teuren Schadensersatzforderungen gegenüber sieht, vernimmt man doch lieber das Lob eines vermeintlichen Gegners: „Das ist clever, so auf Zeit zu spielen“, meint Dac Sprengel vom Verband des E-Zigarettenhandels. Der geht nach neuesten juristischen Bewertungen im Übrigen davon aus, dass die Nikotin-Flüssigkeiten am Ende nicht als Arzneimittel eingestuft werden. Dann wäre der Dampf ganz raus.