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Stadt Essen will künftig private Inkasso-Firmen engagieren

Stadt Essen will künftig private Inkasso-Firmen engagieren

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Foto: Remo Bodo Tietz NRZ
Von säumigen Bürgern Außenstände einzutreiben, gelang der Stadt Essen nie so gut wie heute. Dennoch setzt der Kämmerer auf private Inkasso-Firmen.

Essen. 

Wie das ist, über seine Verhältnisse zu leben und einen Haufen Schulden zu schultern – dieses Gefühl kennen sie bei der Stadt Essen selber zur Genüge: Über 3,3 Milliarden Euro Miese sind mittlerweile aufgelaufen. Da kann es niemanden wundern, wenn man sich im Rathaus eifrig müht, all jenen Bürgern auf den Füßen zu stehen, die sich als allzu säumige Zahler erwiesen haben.

Vom unbezahlten Knöllchen bis zur dicken Gewerbesteuerzahlung, von Kita-Beiträgen über Abschleppgebühren bis zu Hundesteuer und Hartz IV-Leistungen – städtische Forderungen in einer Größenordnung von rund 30 Millionen Euro haben mittlerweile Inkasso-Status, 6.000 Schuldner alles in allem.

Zwanzig Mitarbeiter im „Forderungsmanagement“

Ein „harter Kern aus Stammkunden“ ist darunter, wie Beate Behnke-Hahne, Leiterin der städtischen Finanzbuchhaltung, sie nennt, aber auch Erstfälle. Leute, die nicht zahlen können, weil sie klamm sind. Aber auch Leute, die nicht zahlen wollen, bis der städtische Außendienst ihnen den Laptop pfändet oder das Auto. Dann finden sie doch noch was und zahlen – missmutig.

Zwanzig Mitarbeiter sind für das „Forderungsmanagement“ der Stadt unterwegs und haben vergangenes Jahr die Rekordmarke von zehn Millionen Euro eingesammelt. Dieses Jahr, so Behnke-Hahne, fällt der Betrag wohl noch höher aus.

Ein so großer Erfolg, dass sich nicht auf Anhieb erschließt, warum Stadtkämmerer Lars Martin Klieve plant, das Inkasso künftig auch von Privatfirmen erledigen zu lassen.

Projekte zur Probe in Baden-Württemberg oder Berlin

„Es ist nicht so, dass ich das Gefühl hätte, unsere Leute seien schlecht“, beeilt sich Klieve also zu sagen. Aber die Stadt unterliege nun mal anderen Reglementierungen als Private, etwa beim Datenschutz. Die könnten mit Fremdsprachenkenntnissen punkten und „haben andere Dienstzeiten, als es der öffentliche Dienst übers Herz bringt“. Ihnen das Inkasso zu überlassen, ist für die öffentliche Hand noch Neuland, es gibt Projekte zur Probe in Baden-Württemberg oder Berlin.

Und keine Sorge: Es geht nicht darum, mit zweifelhaften Methoden zu arbeiten, keine Drohgebärden, kein Schwitzkasten, keine nach hinten gedrehte Finger für notorische Zahlungsverweigerer. Seriöse Firmen wie der in Essen ansässige Inkasso-Multi GFKL haben damit nichts am Hut. „Auch die Privaten werden nur schreiben und telefonieren“ – aber vielleicht Leute erreichen, die die Stadt bei ihren zweijährlichen Routine-Wiedervorlagen nicht zu fassen kriegt: Und sei’s, dass so ans Licht kommt, wie ein Schuldner „Bußgelder schuldig bleibt, aber im Versandhaus um die Ecke Ratenzahlung vereinbart.“

Allerdings muss Klieve registrieren, dass das Land in diesen Tagen seine Begeisterung für private Inkasso-Firmen ausbremst: Ausstehende Steuern darf die Stadt nicht eintreiben lassen, heißt es mit Verweis aufs Steuergeheimnis.

Was insofern kurios erscheint, als die Privaten auch bei anderen Außenständen nur die Summen kennen, aber nicht wissen, was der Bürger schuldig blieb – Unterhaltszahlungen oder Grundbesitzabgaben, Knöllchen oder Kita-Beiträge. Egal, „wir wollen das ausprobieren“, sagt der Kämmerer, auch wenn der Erfolg offen bleibt: „Das sind wir den ehrlichen Steuerzahlern schuldig.“

Wo die Stadt Essen stundet:

Abgabenart Betrag
Gewerbesteuer und Zinsen 25.817.000 €
Leistungen gemäß Sozialgesetzbuch II 1.195.000 €
Erträge aus sozialen Leistungen 1.047.000 €
Kindertageseinrichtungen Beiträge und Entgelte 800.000 €
Hundesteuer 599.000 €
Sonstige Vergnügungssteuer 414.000 €
Kostenbeiträge/Aufwendungsersatz SGB VIII 340.000 €
Elternbeiträge Grundschulen 269.000 €
Benutzungsgebühren Rettungsdienst 239.000 €
Verwaltungsgebühr für Zwangsstilllegung 187.000 €
Mieten und Pachten 149.000 €
Ansprüche gegen Unterhaltsverpflichtete 121.000 €
Rückzahlung gewährter Hilfe 98.000 €
Abschleppmaßnahmen 65.000 €
Bußgelder/Zwangsgelder 60.000 €

(Quelle: Stadt Essen, Finanzbuchhaltung, Stand 1.November 2015)