Veröffentlicht inEssen

Stadt Essen schafft mehr Raum für Asylbewerber

Stadt Essen schafft mehr Raum für Asylbewerber

Asylunterkunft in Essen.jpg
Foto: WAZ FotoPool
Nach der notdürftigen Unterbringung von 55 Asylbewerbern in einer Turnhalle an der Bedingrader Lohstraße, schafft die Stadt Essen nun Raum für Asylbewerber: Ein Haus im Gebäudekomplex Auf’m Bögel soll saniert werden und bietet 40 Menschen Platz. Die Grundschule wird zur Unterkunft in Notfällen.

Essen. 

Die nicht abebbende Asylwelle setzt die Stadt nachhaltig unter Druck: Obwohl die Schonnebecker Unterkunft an der Gerhardstraße bereits im Oktober reaktiviert wurde, um dort 43 Menschen unterbringen zu können, mussten an der Bedingrader Lohstraße 55 Asylbewerber in eine Turnhalle einziehen.

Es war eine kurzfristige Not-Lösung und nach Meinung der Stadt eigentlich „nicht zumutbar“. Einen anderen Ausweg sah man dennoch nicht: Alle anderen zehn Unterkünfte in der Stadt sind bis auf vier Plätze belegt. 683 Menschen teilen sich den alles andere als üppig bemessenen Raum, 521 davon sind Roma aus Mazedonien und Serbien, deren Strom zurzeit eher anschwillt als abreißt: Bereits jetzt schon leben rund 30 Prozent mehr Asylbewerber in den Heimen als in den Wintermonaten der Vorjahre. Rund die Hälfte davon sind Kinder.

Stadt weiter unter Zugzwang

Das bringt die Stadt weiter unter Zugzwang, nach zusätzlichen Möglichkeiten einer Unterbringung wurde in den vergangenen Tagen intensiv gefahndet. Auf der Suche nach Auswegen aus der aktuellen Klemme hat die Verwaltungsspitze um Oberbürgermeister Reinhard Paß gestern eine Entscheidung getroffen, die sie für wirtschaftlich vertretbar und schnell umsetzbar hält, wie Sozialdezernent Peter Renzel erläuterte: Der bereits existierende Unterkunfts-Standort Auf’m Bögel in Haarzopf wird um das Gebäude Hausnummer 42 erweitert.

Gestohlene Rohre und Elektroleitungen werden in den nächsten drei bis vier Wochen ersetzt. Bis zu 40 Personen sollen dort einziehen. 53 leben bereits in den Nachbarhäusern 38 und 40. Weitere 110 Plätze sollen in der Unterkunft an der Dahlhauser Straße und an anderen Standorten freigezogen werden, indem Spätaussiedler und mietfähige Flüchtlinge möglichst innerhalb der nächsten zwei bis vier Wochen in Wohnungen vermittelt werden. Entsprechende Verhandlungen mit den Immobiliengesellschaften Allbau und Viva West laufen bereits, sagte Renzel.

80 Menschen in acht Klassen

In Kupferdreh will die Stadt die ehemalige Grundschule an der Oslenderstraße für „absolute Notsituationen“, so Renzel, so weit herrichten, dass in den acht Klassenräumen bis zu 80 Menschen Platz finden können.

Kaum war die Politik in die Pläne eingeweiht, regte sich vereinzelter Widerstand: „Die angesagte Unterbringung von Flüchtlingen in der Grundschule in Dilldorf halte ich für problematisch“, sagte Gabriele Giesecke von der Linke-Fraktion im Rat der Stadt: „Wir werden darauf drängen, dass hier nach einer Alternative gesucht wird.“

Dennoch freute sich die Fraktion, „umgehend“ über die Pläne der Stadt informiert worden zu sein. Oberbürgermeister und Sozialverwaltung reagierten „zeitnah und umsichtig“, meinte auch die Rats-SPD, die wie die Linke forderte, die Asylbewerber umfassend zu betreuen und die Anwohner schnell zu informieren.

Ein laufendes Geschäft der Verwaltung

Entsprechende Versammlungen seien bereits geplant, beruhigte Renzel. Mehr Mitspracherecht wird die Stadt ihren Bürgern und der Politik aber wohl kaum einräumen. Die gestrigen Entscheidungen werden als „laufendes Geschäft der Verwaltung“ gesehen. Schließlich sei die Stadt zur Aufnahme der Menschen verpflichtet und sieht sich deshalb zum schnellen Handeln gezwungen.

150 der in Essen untergebrachten Roma sind inzwischen ausreisepflichtig, ihre Asylanträge bereits abgelehnt. Dennoch geht die Stadt nicht davon aus, dass sie kurzfristig in ihre Heimatländer zurückkehren. Im Oktober wurde nicht ein einziger Mensch auf den Balkan abgeschoben, weiß Renzel. Das Land stellte keine Tickets für den Rückflug zur Verfügung und die Stadt fest: „Aufgrund der bisherigen Erfahrungen ist zu erwarten, dass fast alle Personen gesundheitsbedingte Abschiebehindernisse geltend machen“ – oder ihre Ausweise verlieren.