Die Uni Duisburg-Essen will die Zulassung zum Studium erheblich beschränken. Fast alle Fächer werden zum Wintersemester 2013/14 mit einem NC belegt. Bildungsanbieter wie die FOM sehen darin ihre Chance. Auch Handel und Handwerk werben um Abiturienten.
Essen.
Aus der Bildungswelt kommen derzeit wenig gute Nachrichten: Die Universitäten ächzen unter der hohen Zahl von Studenten, mit dem doppelten Abiturjahrgang wird sich die Situation noch einmal verschärfen. Die Hochschulen, deren Forderungen nach zusätzlichen Mitteln ins Leere laufen, wissen sich nicht anders zu helfen als mit weiteren Zulassungsbeschränkungen, auch die Uni Essen-Duisburg hat flächendeckende NCs angekündigt. Wer dieses Jahr Abitur macht, dem kann angst und bange werden. Klingt so, als gäbe es in der Bildungswelt derzeit nur Verlierer. In der ganzen Bildungswelt?
Bislang zu 70 Prozent Berufstätige
Nein. Es gibt auch diejenigen, die von der Übernachfrage an den staatlichen Universitäten profitieren könnten. Anbieter privater Hochschulbildung hoffen auf mehr Kundschaft. Die Fachhochschule für Oekonomie & Management (FOM), Teil der in Essen ansässigen BCW-Gruppe mit deutschlandweit 26.000 Studenten, will ihr Augenmerk stärker als zuvor auf Abiturienten richten. Bislang besteht die Studentenschaft vor allem aus Berufstätigen, die sich nach der Ausbildung oder später entscheiden, neben dem Job ein Wirtschaftsstudium zu absolvieren. In Essen machen sie 70 Prozent der Studierenden aus. Das gilt auch für die Gruppe jener 550 Männer und Frauen, die vergangenen Herbst ins erste Semester starteten.
Beim nächsten Durchgang könnte das Verhältnis anders sein, könnten sich unter den Studenten mehr junge Leute befinden, die das FOM-Studium gleich nach der Schule machen. „Die Gespräche mit Interessenten, die in diesem Jahr die Abitur-Prüfung ablegen, nehmen zu“, sagt Pressereferent Carsten Döpp, und: „Wir wollen verstärkt an die Schulen gehen.“
Dort wird man nicht nur für das Studium am Abend und am Wochenende werben, sondern erstmals auch für ein Vollzeitmodell. Das wird von einer Schwester der FOM angeboten, der „eufom“ mit Sitz in Luxemburg. Ab diesem Wintersemester hat man zwei der Studiengänge auch in Essen im Programm: „European Management“ und „European Business & Psychology“. Ob die Privat-Uni wirklich eine Alternative ist für diejenigen Schulabgänger, die an den staatlichen Hochschulen nicht zum Zuge kommen, ist freilich eine Preisfrage: Das siebensemestrige Studium schlägt mit knapp 20.000 Euro zu Buche.
Treffen mit Schulvertretern angepeilt
Wem das große Aufkommen an Schulabgängern mit Abitur ebenfalls zupass kommt, ist bekanntermaßen das Handwerk. Ulrich Meier, Geschäftsführer der Essener Kreishandwerkerschaft, hofft denn auch auf ein baldiges Treffen mit Vertretern von Gymnasien und Gesamtschulen in der Stadt. „Wir wollen sie in die Pflicht nehmen, ihre Abiturienten nicht nur in Richtung Studium, sondern auch in Richtung betriebliche Ausbildung zu informieren.“
Unermüdlich wirbt auch die Industrie- und Handelskammer bei ihren Mitgliedern, die Gelegenheit beim Schopfe zu packen und angesichts des doppelten Abitur-Jahrgangs mehr Ausbildungsplätze als sonst zur Verfügung zu stellen. Wer die besonders guten Abiturienten ins Haus holen wolle, möge zudem darüber nachdenken, ihnen die Möglichkeit des Studiums neben der Ausbildung zu eröffnen. Ob’s gefruchtet hat, sei noch nicht abzusehen, sagt Hans Michaelsen, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der Essener IHK. Die meisten mittelständischen Betriebe seien noch mittendrin im Bewerbungsverfahren für das kommende Ausbildungsjahr.
Mehr Abiturienten in die betriebliche Ausbildung – wenn’s so kommt, wie Handel und Handwerk hoffen, ist auch klar, dass Absolventen anderer Schulformen bei der Lehrstellensuche den Kürzeren ziehen. Womit man dann doch wieder bei den Verlierern wäre.