Im vergangenen Jahr haben so viele Menschen die katholische Kirche im Ruhrgebiet verlassen wie zuletzt im Jahr 2000. Dies geht aus der kirchlichen Jahresstatistik für das Ruhrbistum hervor, die gestern veröffentlicht wurde.
Danach sank die Mitgliederzahl der Gemeinden an Rhein, Ruhr und Lenne um 13.565 auf 830.623 Katholiken. Neben einem deutlichen Überhang an Sterbefällen gegenüber Taufen sowie mehr Fort- als Zuzügen sind für diesen Rückgang laut Bistum auch 5405 Kirchenaustritte maßgeblich. Die Austrittszahlen lagen damit um 1981 höher als im Vorjahr. „Diese Bilanz schmerzt uns sehr“, sagte der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, gestern zur neuen Jahresstatistik: „Jeder einzelne, der unserer Kirche den Rücken kehrt, ist ein trauriger Verlust für unsere Glaubensgemeinschaft.“
Den deutlichen Anstieg der Austrittszahlen führt der Generalvikar unter anderem auf die intensiven Diskussionen um den Bau der Bischofsresidenz in Limburg und die Personalie des dortigen Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst zurück: „Dadurch ist viel Vertrauen verloren gegangen.“ In diesem „Sog der bundesweiten Debatte“ habe es dem Bistum Essen laut Generalvikar Pfeffer zunächst wenig genutzt, mit den eigenen Finanzen schon seit längerem ausgesprochen transparent umzugehen und auch das Vermögen des viel diskutierten Bischöflichen Stuhls umgehend veröffentlicht zu haben.
Zudem führt Pfeffer einen Teil der Kirchenaustritte auch auf jene Verunsicherung zurück, die mit der Umstellung beim Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge eingetreten sei. Womöglich habe manch einer diese Verfahrensänderung für die Einführung einer neuen Steuer gehalten – und deshalb den Entschluss zum Kirchenaustritt gefasst.
Allerdings sieht Generalvikar Pfeffer hier alarmierende Symptome für eine weiter zunehmende Skepsis und Distanz vieler Menschen gegenüber der katholischen Kirche. Deshalb führe für die Kirche kein Weg daran vorbei, sich transparent und offen den Menschen zuzuwenden. „Wir wollen im Bistum Essen eine Kirche sein, in der die Menschen unserer Region gerne mitmachen“, betont Pfeffer. Deshalb müsse innerhalb der Kirche weiter an notwendigen Veränderungen gearbeitet werden, die das Vertrauen der Menschen stärken.
Trotz des Mitgliederrückgangs ist der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung im Bistum Essen im vergangenen Jahr leicht auf 33,5 Prozent gestiegen: Mit einem Minus von gut 2 Prozent ist die Gesamtbevölkerung im Bereich des Ruhrbistums 2013 stärker geschrumpft als die Zahl der Katholiken (-1,6 Prozent). Dies dürfte indes vor allem statistische Gründe haben und unter anderem mit einer Korrektur der Einwohnerzahlen nach der jüngsten Volkszählung zu tun haben.
Als Lichtblick in der Statistik wertet Pfeffer die steigenden Zahlen bei Eintritten und Wiederaufnahmen in die katholische Kirche. Zwar machten sich die 116 Eintritte (2012: 88) und 264 Wiederaufnahmen (2012: 238) statistisch kaum bemerkbar, „aber gerade in diesen Zeiten vielfacher Verunsicherung sind diese klaren Bekenntnisse zu unserer Glaubensgemeinschaft beeindruckende Zeugnisse“, so Pfeffer: „Sie machen Mut, weiter als eine offene und menschenfreundliche Kirche die frohe Botschaft Gottes im Ruhrgebiet und im märkischen Sauerland zu verkünden“.