Essen.
Jetzt wird hart durchgegriffen: In Essen müssen 177 Kneipen ihre Aschenbecher abräumen. Sonst droht ein Zwangsgeld ab 2000 Euro aufwärts. Der Sprecher der Raucherclubs ist sich sicher: „Dann wird die klassische Kneipe sterben“.
Die Stadt hat den Burgfrieden mit den Gastwirten in Sachen Raucherclubs aufgekündigt. Bisher galt die Devise: Wir schreiten nur ein, wenn es Beschwerden gibt. Jetzt hat die Stadt 177 Kneipen ausgemacht, die demnächst ihre Aschenbecher abräumen müssen. Die Alternative: Zwangsgeld ab 2000 Euro aufwärts. „Dann wird die klassische Kneipe sterben“, warnt Thomas Terdisch, Betreiber des S6 am Stadtwaldplatz und Sprecher der Raucherclubs.
Das seit 2009 bestehende Nichtraucherschutzgesetz hatte weitgehende Ausnahmeregelungen zugelassen. Unter anderem konnten Gaststätte Raucherclubs gründen, auf dem Papier nur für Mitglieder. Diese Regelung hatte das Oberverwaltungsgericht Münster im April gekippt: Raucherclubs in gewerblichen Gaststätten seien grundsätzlich illegal.
Auflagen zur Einhaltung des Nichtraucherschutzes NRW-Gesundheitsministerin Steffens (Grüne) hatte eine Überarbeitung des Gesetzes mit weitgehender Streichung der Ausnahme-Tatbestäde angekündigt. Auf dieses Gesetz wolle man warten, hatte Ordnungsamtsleiter Kraemer noch im Juli erklärt: „Wir holen nicht den Hammer raus.“
Jetzt klingt das ganz anders. Ob Düsseldorf Druck gemacht hat? „Wir sind nicht auf der Jagd, aber wir wollen Gleichbehandlung“, sagt Kraemers Stellvertreter Rainer Kunze zur Begründung dafür, dass die Stadt nun „in den nächsten vier bis sechs Wochen“ die verbliebenen Raucherclubs erneut kontrollieren, Auflagen zur Einhaltung des Nichtraucherschutzes erteilen und mit Zwangsgeld drohen wird.
Musikalisch geht es in der d.bar in Holsterhausen zu. An der Kahrstraße spielt die Musik eine wichtige Rolle. Chef Oliver Sidiropoulosan war früher selbst Stammgast.
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Das Ambiente: Wohnzimmer-like.
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Um die Kneipe hat sich im Laufe der Zeit ein Netzwerk aus kreativen Köpfen gebildet.
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Geheimtipp in Rüttenscheid: das Crosskultur. Foto: Dennis Straßmeier
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Die Kneipe fällt vor allem durch ihre kunterbunte Einrichtung auf. Foto: Dennis Straßmeier
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Knalliges Pink, Tigerfell, Goldspiegel – der stilvolle Kitsch ist einzigartig. Foto: Dennis Straßmeier
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Seit acht Jahren ist Natalie Hooge Geschäftsführerin. Foto: Dennis Straßmeier
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Seit fast 20 Jahren ist die Rockkneipe „Nord“ in der Nord-Stadt eine Institution. Foto: Klaus Micke
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Seit 2006 führt Verena Steinhauer die Geschicke des Ladens. Foto: Klaus Micke
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Der raue Charme des Nord spiegelt sich in der Musikpalette wieder: Metal, Punk, Alternative bekommen die Gäste dort auf die Ohren. Foto: Klaus Micke
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Steinhauer steht selbst noch regelmäßig hinter der Theke, auch an den Wochenenden. Foto: Klaus Micke
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Schummrig ist schön, das könnte ein Leitspruch für das Nord sein. Foto: Klaus Micke
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In der Szenekneipe „Stoffwechsel“ ändern sich Musik, Getränke und Speisen regelmäßig. Mit Eröffnung ihrer eigenen Kneipe erfüllte sich Inhaberin Claudia Stoff 2006 einen Lebenstraum. Foto: Dennis Straßmeier
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Nachdem sie jahrelang etwa im Klick Erfahrungen in der Gastronomie sammelte, „wurde es Zeit für etwas Eigenes“. Der Name „Stoffwechsel“ ist dabei Programm. Foto: Dennis Straßmeier
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„Wir sind nicht so schickimicki. Das macht unseren Charme aus“, sagen Daniela Loof und Christian Voss, die in Rüttenscheid das Soul Hell Cafe betreiben. Foto: privat
Das Soul Hell Cafe holt den Kiez nach Rüttenscheid.
Genießt ein kühles „Blondes“: Martin Grahl ist Geschäftsführer in der Dampfbierbrauerei in Borbeck. Mitarbeiter Martin Stolzenberg zapft. Foto: Remo Bodo Tietz
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In der Goldbar relaxt der Chef persönlich: Patrick Sokoll entspannt am Tresen. Foto: Walter Buchholz
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Aushilfe Mareike serviert im Außenbereich. Foto: Walter Buchholz
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Urig ist es im „Banditen wie wir“. Foto: Dennis Straßmeier
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Gabriel Gedenk ist Inhaber der Szene-Kneipe Banditen wie wir. Das Foto zeigt ihn mit seiner Freundin Stella. Foto: Dennis Straßmeier
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„Banditen wie wir“ ist mehr als eine Kneipe – seit vier Jahren bietet das „Wohnzimmer“ der Cäcilien-Straße Freigeistern ein Zuhause. Foto: Dennis Straßmeier
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Sven Dülfer ist Holland-Fan. Im „De Prins“ ist das kaum zu übersehen. Eine Kneipe ganz im Zeichen der Frietjes. Seit 17 Jahren führt der Gastronom das Lokal an der Isenbergstraße. Foto: Walter Buchholz
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Das Wahrzeichen seiner Kneipe ist die Modelleisenbahn. Foto: Oliver Müller
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Bistro, Weinstube, Künstlercafé: eben einer dieser undefinierbaren Orte mit Mischfunktion. Fürs Viertel, aber auch für die Stadt. Olaf M. Meier, seit fast sechs Jahren Chat Noir-Betreiber, reiht sich ohne weiteres in die Linie seiner Vorgänger und Vorgängerinnen ein. Foto: Oliver Müller
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Die höchste Kneipdendichte der Stadt findet sich seit jeher zwischen Rellinghauser und Rüttenscheider Straße. Mitten drin, an der Friederikenstraße, sitzt Andreas Mais in der „Alm“. Foto: Kerstin Kokoska
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„Wir sind Dinosaurier“, sagt Andreas Mais über die Traditionskneipen im Viertel. „Wir sterben langsam aus.“ Foto: Kerstin Kokoska
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2004 hat Mais mit seiner Lebensgefährtin das „Harry Schick“ von der Erbengemeinschaft Horst Schick übernommen und als „Alm“ wieder belebt; dem Namen trägt die alpenländische Einrichtung ebenso Rechnung wie die Speisekarte. Foto: Kerstin Kokoska
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Axel Klubescheidt ist bekennender Fan der 20er-Jahre. Hosenträger, weißes Hemd, Schirmmütze – die Gäste des FCUK Yoga an der Emmastraße kennen den 32-jährigen Barkeeper nicht anders. Foto: Ulrich von Born
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Und auch das Interieur der Cocktailbar würde jeder Burlesque-Tänzerin die perfekte Bühne bieten. Verspielte Kronleuchter, helle Korbmöbel und ein riesiges Himmelbett mit weichen Kissen lassen den Glanz dieser glorreichen Zeit wieder aufleben. Foto: Ulrich von Born
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Nicht nur mit der bewusst stilvollen Inneneinrichtung ist es den Machern des FCUK gelungen, den Räumen der früheren Vatter-Kneipe „Die Uhr“ neues Leben einzuhauchen. Foto: Ulrich von Born
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Anregungen holt sich der Barkeeper, der durch seine Ausbildung zum Restaurantfachmann im Essener Sheraton in die Gastroszene rutschte, nicht nur in der Küche. „Zwischen den Barkeepern in Deutschland existiert ein enges Netzwerk“, sagt Klubescheidt. Foto: Ulrich von Born
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Der 32-Jährige will die Barszene auch im pilsverehrenden Kneipenmekka Ruhrgebiet salonfähig machen – ohne dabei die Wurzeln zu vergessen. Foto: Ulrich von Born
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„Natürlich kommen auch viele Gäste hierher, um ein Pils zu trinken – und das soll auch so sein“, sagt Klubescheidt. Foto: Ulrich von Born
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Gemeinsam mit Kollegen aus den Nachbarstädten gründete er den „Barzirkel Ruhrgebiet“. Foto: Ulrich von Born
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Von Frohnhausern, für Frohnhauser: das „Anyway“ ist für viele Kunden ein zweites Wohnzimmer. Foto: Dennis Straßmeier
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„Wir wollten etwas mit Stil und Seele, etwas Eigenes und sehr Spezielles“, sagt Miteigentümer Wolfgang Supp. Foto: Dennis Straßmeier
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Rock’n’Roll, gern etwas lauter und härter, kombiniert mit Kunst, das sind die Eckpfeiler der Kneipe. Foto: Dennis Straßmeier
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Seit 2001 verwöhnt Inhaber Andreas Pulla seine Besucher im Daktari. Weit über die Stadtgrenzen hinaus ist sein Laden für exotische Kreationen samt origineller Deko bekannt. Foto: Uwe Möller
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„Wie eine Lodge in Südafrika“, so beschreibt Gastronom Andreas Pulla seine Bar. Alles ist auf afrikanisch getrimmt. Foto: Uwe Möller
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Sitzgelegenheiten mit Leoparden-Muster, Holz-Masken, wilde Tiere in Form von Stofftieren, Fruchtbarkeitsstatuen, Tuchmalereien aus dem Kongo und eine Theke, die einer Buschhütte gleicht. Foto: Uwe Möller
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Die Einrichtung hat Andreas Pulla in Eigenregie umgesetzt. Im Laufe der Jahre haben Stammgäste den Look mit afrikanischen Reise-Mitbringseln weiter bereichert. Foto: Uwe Möller
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„Das Konzept fängt draußen an, geht über den Gastraum bis hin zu den Toiletten“, erklärt Pulla. Foto: Uwe Möller
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Letztere sind auch vom Safari-Fieber befallen. Vogelgezwitscher und Geräusche von wilden Tieren erwarten die Gäste dort. Foto: Uwe Möller
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Zusammen mit seiner Frau führt Thomas Siepmann die 11 Freunde-Bar in Rüttenscheid. Foto: Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
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Wer das Grün der „11 Freunde Bar“ betritt, blickt direkt in den Fußball-Himmel. Foto: Remo Bodo Tietz
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An Gott vorbeigeschmuggelt hat sich natürlich Stan Libuda, doch auch internationale Größen wie George Best – einer der besten Spieler, den Irland je hervor gebracht hat – blicken gerahmt auf die Gäste des bekanntesten Fußball-Wohnzimmers Deutschlands herab. Foto: Remo: Bodo Tietz
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Vor fünf Jahren als Experiment aus der Taufe gehoben, hat sich die Bar mittlerweile in die Champions League der rund 30.000 deutschen Sportbars gespielt. Foto: Remo Bodo Tietz
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Die 11 Freunde Bar feiert ihr 5 jähriges Bestehen. Exponate der Bar am Montag, dem 12.4.2010 in Essen Rüttenscheid. Foto Remo Bodo Tietz / WAZ FotoPool
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Mit einem solchen Erfolg hätte Thomas Siepmann, der hauptberuflich Geschäftsführer einer Essener Marketing-Agentur ist, nicht gerechnet. Doch schon bei der Eröffnung 2005 rannten Fußballfans ihm und seiner Frau Kyung-Ae den Laden ein. Foto: Remo Bodo Tietz
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„Ohne meine Frau wäre das alles hier nicht möglich. Sie schmeißt den Laden – auch wenn sie zuerst nur froh war, den ganzen Krempel aus der Wohnung zu haben“, erinnert sich Siepmann. Foto: Remo Bodo Tietz
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Denn die „11 Freunde Bar“ ist Kneipe und Fußball-Museum zugleich. John Rohsmann zapft. Foto: Remo Bodo Tietz
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Alexander Tillmann kehrte Berlin den Rücken, um sich mit seiner Café-Bar-Klub-Kombi „StadtKind-Essen“ einen Traum zu erfüllen. Foto: Arnold Rennemeyer
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„For urban rocker“ – dieser Slogan folgt der Corporate Identity des „StadtKindes“ auf Schritt und Tritt. Ob Getränkekarte, Werbepostkarte oder Außenfassade – Alexander Tillmann betont das Großstädtische an seinem Lokal. Foto: Arnold Rennemeyer
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Mit viel Liebe zum Detail hat Tillmann aus dem ehemaligen „Litfaß“ an der Segerothstraße 85 eine Mischung aus Berliner Kiezkneipe und szeneträchtigem Geheimtipp für passionierte Verfechter des urbanen Lebensgefühls gemacht. Foto: Arnold Rennemeyer
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Lounge-artig gruppieren sich einzelne Bereiche mit kleinen Ledersitzgelegenheiten um niedrige Kaffeetischchen. Foto: Arnold Rennemeyer
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Begleitet werden sie von exzentrischen Lampenkreationen und nicht zu verfehlenden Accessoires, etwa ein altes Tonbandgerät, ein Furby-Stofftier, das als Platzhalter für Reservierungen dient, oder einer Kindertafel mit Magnetbuchstaben, Marke Sesamstraße. Foto: Arnold Rennemeyer
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Die Hoffnung, nicht aufzufallen Gleichbehandlung deshalb, weil etliche Kult-Kneipen in Rüttenscheid die Aufkleber „Raucherclub“ schon seufzend abgeknibbelt haben: Plan B, Sylter Kliff, die Alm. Einige nach Beschwerden, einige freiwillig. Einige haben die Aschenbecher tatsächlich weggeräumt, andere lassen weiter rauchen und hoffen, nicht aufzufallen. Diese Hoffnung ist trügerisch, warnt Kunze: „Da wird keiner mehr durch das Netz rutschen.“
Unerhört bleibt der Appell des Hotel- und Gaststättenverbandes, den Status Quo wenigstens bis zur Vorlage des neuen Gesetzes zu erhalten. „Es gibt keine Planungssicherheit für die Gastronomen“, klagte Verbandssprecher Thorsten Hellwig. „Wer weiß denn schon, ob Wirte demnächst überhaupt noch Raucherräume betreiben dürfen?“ Stefan Romberg, Betreiber des Rüttenscheider „Mittendrinn“, hätte in diesem Fall „fast 15 000 Euro für Nüsse in die Hand genommen..“
Jeden Monat Miese „Es ist schon bitter, was hier abgeht“, sagt Terdisch. „Im S6 liegt der Raucheranteil bis 70 Prozent. Wenn mir nur zehn Prozent vom Umsatz wegbrechen, mache ich jeden Monat Miese.“ Er will notfalls gegen die Stadt klagen.