Er war Dadaist, Perfektionist und einer der größten Modefotografen im New York der 40er und 50er Jahre: Das Museum Folkwang zeigt Erwin Blumenfeld
Essen.
Es hat Fotografen gegeben, die sich dem schönen Schein der Modewelt leichteren Herzens verschrieben haben als dieser Erwin Blumenfeld. Der in Berlin geborene Dadaist, avantgardistische Autodidakt, platonische Erotomane, kreative Kontrollfreak, jüdische Emigrant und experimentierfreudige Perfektionist, wusste virtuos mit der Kamera umzugehen und hat dem Bild gleichzeitig doch immer misstraut. Das Museum Folkwang zeigt mit „Blumenfeld Studio“ einen der berühmtesten und bestverdienenden Fotografen der 40er und 50er Jahre, der dem „kunstfeindlichen Eitelkeitsjahrmarkt“ der Modefotografie auf seine Art begegnet ist. Er hat den Aufnahmen von sündteuren Dior-Kostümen und hauchdünnen Seidenstrümpfe einfach Kunst „untergeschmuggelt“.
Avantgarde und angewandte Kunst
In Amerika macht Allroundkünstler Blumenfeld, der Modefotografie und Malerei ganz beiläufig in Einklang bringt, wenn er Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrring als Vorlage für eine mondäne Modeaufnahme mit Ohrclips nimmt, ab 1941 eine Bilderbuchkarriere. „Hier ist ein neuer und klarer Geist“, schwärmt sein Freund und Entdecker Cecil Beaton.Und Alexander Liberman, Art Director von Vogue, spricht von einem Fotografen, „der am tiefsten in den Schönen Künsten verwurzelt ist“. Dank Beaton bekommt der Berliner Kontakte zu erlesenen Magazinen von bis „Harpers Bazaar“ bis „Life and Look“. Blumenfeld fotografiert schöne Frauen, traumhafte Abendkleider, teure Pflegecremes, sinnliche Rauchwölkchen, makellose Haut, kokette Blicke. Aber er fotografiert auch Licht und Schatten, Sehnsüchte und Illusionen, Formen und Farbe. Und er arbeitet zeitlebens mit einem immer wiederkehrenden Repertoire von Themen — Anschnitte, Folien, Farbfilter und Mehrfachbelichtungen – und schafft so den Brückenschlag zwischen alter und neuer Welt, zwischen Avantgarde und angewandter Kunst.
Im Museum Folkwang sorgt die Ausstellung „Blumenfeld Studio“ nun für eine weitere zeitübergreifende Verbindung – nämlich die zwischen analoger und digitaler Fotografie. Die rund 100 Farbabzüge und großformatigen Diapositive die im New Yorker Atelier gefunden wurden, sind im Laufe der Jahre nämlich so stark verblasst, dass sie digital rekonstruiert werden mussten. Sie zeugen nun von einer Fotografie, die nicht nur das eine veröffentlichte Magazinbild kennt. Vielmehr sind die Bilder eine Dokumentation von klug durchdachter Inszenierung, genialem Umgang mit Licht und dem nie endenden Ringen um das perfekte Bild. Das Bild, das trotz konkreter Vorgaben der Auftraggeber seinen kreativen Eigensinn und das Bekenntnis zur europäischen kulturellen Herkunft nie verleugnet.