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„Er hätte jeden töten können“ – Inhaftierter Salafist stand vor Eintritt in den Polizeidienst

Inhaftierter Salafist kurz vor Eintritt in den Polizeidienst

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Foto: dpa
Einer der vier festgenommenen Salafisten, die einen Anschlag auf den Chef der rechtspopulistischen Vereinigung Pro NRW geplant haben sollen, war offenbar kurz davor, in Bremen als Polizist im Staatsdienst übernommen zu werden. Der 25-jährige Koray D. soll zudem versucht haben, sich eine Schusswaffe zu besorgen.

Essen/Düsseldorf. 

Der Salafist Koray D., der möglicherweise auf Pro-NRW-Chef Hartmut Beisicht schießen sollte, stand nach Recherchen dieser Zeitung unmittelbar vor dem Eintritt in den Bremer Polizeidienst. Wenige Tage vor seiner Vereidigung 2011 wollte er eine Pistole haben. Die Waffe hatte er sich als Mitglied eines Essener Schießsportvereins ordnungsgemäß bestellt.

Ehe sie geliefert wurde, kam die Polizei. Koray D. wurde festgesetzt. Der Düsseldorfer Staatsschutz hatte ihn damals seit einiger Zeit im Visier. Der Verdacht: Planung einer Straftat mit terroristischem Hintergrund. Beweisbar war das nicht. Koray D. kam wieder auf freien Fuß. Doch mit der Karriere bei der Polizei war’s vorbei.

Vor der Waffe kamen die Fahnder

Jetzt sitzt Koray D. in Untersuchungshaft. Vor einer Woche wurde er festgenommen. Der 25-jährige Deutsch-Türke befand sich in der Bonner Wohnung von Marco G., die von einem Sondereinsatzkommando gestürmt wurde. Diesmal hatte Koray D. eine scharfe Waffe bei sich. In seiner Hose, die neben ihm lag, steckte eine Pistole vom Kaliber 7,65 Millimeter.

Marco G., Koray D., Tayfun S., Enea B. – das sind die vier Salafisten, gegen die seit Montag der Generalbundesanwalt ermittelt: wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Verabredung zum Mord und weiterer Straftaten.

„Er hätte auf zehn Meter jeden töten können“, sagt Andreas Isselmann über Koray D. Isselmann ist Vorsitzender des Schießsportvereins „Snipers-Essen e.V.“. Rund 20 Mitglieder schießen in dem Klub mit Pistole, Revolver, Büchse, Großkaliber- und Kleinkalibergewehr. Der Schießstand liegt in Xanten. 2010 kam Koray D. in den Verein. Isselmann erinnert sich noch genau: „Er war der perfekte nette junge Mann von nebenan: gepflegt, nett, superkorrekt, gebildet.“ Solche Neuzugänge nehmen mitgliederschwache Sportschützen mit Kusshand. Entsprechend erfreut waren die „Snipers“.

Koray D. trainierte eifrig. Die vorgeschriebene medizinisch-psychologische Untersuchung legte er vor. Das Pflichtpensum zur Beantragung einer eigenen Schusswaffe, 18 Trainingseinheiten im Jahr, erfüllte er. Dass Koray D. zugleich in den Polizeidienst strebte, ahnte niemand im Verein. Seinen islamistischen Hintergrund schon gar nicht. „Er hatte die perfekte Tarnung“, sagt Schützen-Chef Isselmann heute und kommt sich im Nachhinein vor „wie im Krimi“.

Beim Deutschen Schützenbund beantragte Koray D. eine eigene Pistole. Beretta, CZ, Glogg oder Walther – unter den Schusswaffen vom Kaliber 9 Millimeter hatte er die freie Auswahl. „Bis zur Auslieferung dauert es einige Zeit“, sagt Isselmann. Doch der Jungschütze hatte es plötzlich ziemlich eilig. Er bat den Vereinschef, „die Sache etwas zu beschleunigen“. Er brauche die Waffe bald, denn: „Ich gehe jetzt nach Bremen, zur Polizei.“ Schon „in ein paar Tagen“ sei die Vereidigung. Einen Tag später stand die Polizei vor Isselmanns Tür. „Koray D. wird seit einem Jahr observiert, sagen die Ermittler. Er stehe unter Terrorverdacht. „Ich war schockiert“, sagt Isselmann. „Das muss man sich mal überlegen: Der wäre bei unserer Polizei vereidigt worden.“

Tayfun S. gilt als Kopf der Zelle

Für Ermittler ist das eine Horrorvorstellung: „Ein bewaffneter Islamist inmitten einer feierlichen Vereidigung, in diesem Fall auch noch im Beisein des Bremer Innensenators“ – das sei „eine ganz heiße Kiste“, da liege „die Anschlagsgefahr auf der Hand“, heißt es in Sicherheitskreisen. Die Bundesanwaltschaft wollte sich zu der knapp gescheiterten Polizei-Karriere von Koray D. gestern „nicht äußern“.

Koray D. orientierte sich anders. Er suchte die Nähe von Tayfun S., jenem 23-jährigen Salafisten, den Fahnder für den Kopf der mutmaßlichen Terror-Zelle halten. Sein Revier: Essen. In Sicherheitskreisen gilt S. als Nachfolger des Gefährders Ali R., der die islamistische Szene in der Region lange dominierte, ehe er im März 2010 in den Gaza-Streifen abgeschoben wurde. Tayfun S. habe „den strategischen Kopf und die Energie“ für eine mögliche Anschlagsplanung, glauben Ermittler. Jetzt nicht mehr. S. wurde am Dienstag in Essen festgenommen.