Der Plan, den Vertrag mit Geschäftsführer Klaus Kunze (68) vorzeitig um zwei Jahre bis Ende 2015 zu verlängern, ist vorerst gescheitert. Mit ihrem vorläufigen Veto gegen den Chef der Entsorgungsbetriebe setzt sich Minderheitsgesellschafter Remondis dem Verdacht aus, man wolle die EBE „feindlich übernehmen“.
Essen.
Sie hatten mit vielem gerechnet – nur nicht damit, dass der Partner auf dem Müllwagen ihnen einfach so ins Steuer greift. Umso irritierter musste gestern die Mehrheit aus Sozialdemokraten und Arbeitnehmer-Vertretern im Aufsichtsrat der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) feststellen: Der Plan, den Vertrag mit Geschäftsführer Klaus Kunze (68) vorzeitig um zwei Jahre bis Ende 2015 zu verlängern, ist vorerst gescheitert.
Zwar konnte Kunze die Stimmenmehrheit auf sich vereinigen, doch ein Passus im Gesellschafter-Vertrag erlaubt es dem privaten Entsorgungs-Unternehmen Remondis als Minderheitsgesellschafter mit 49 Prozent der EBE-Anteile, ein Veto gegen die Personalie einzulegen. Und dies taten die Remondis-Vertreter: Sie haben keine grundsätzlichen Bedenken gegen Kunze, wollen aber erst die künftige Geschäftsverteilung mit dem von ihrem Unternehmen gestellten EBE-Geschäftsführer Guido Hanning regeln.
Gefühlte Eiszeit
Den städtischen Partner im Entsorgungs-Geschäft so vor den Kopf zu stoßen, Kunze mit einem Nein bis auf weiteres abzuservieren und das eigene Wohlwollen vom Entgegenkommen in der Frage der Geschäftsverteilung abhängig zu machen – diese Haltung stieß ungeachtet parteilicher Grenzen im städtischen Lager durch die Bank auf Befremden.
Denn wenn Remondis den Segen für den von Stadtseite bestellten EBE-Chef an Änderungen der Geschäftsverteilung knüpft, „dann kann das nur zum Nachteil der Stadt sein“, sorgt sich Oberbürgermeister Reinhard Paß, der zugleich als Aufsichtsratschef der Entsorgungsbetriebe fungiert. Er sieht eine jahrelange „wunderbare Kultur der Zusammenarbeit gefühlt in Frage gestellt: Das ist bedauerlich.“
„Der Ton wird härter“
Lothar Grüll, der für die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Kontrollgremium sitzt, formuliert es schärfer: „Nach meiner Auffassung ist das ein Vertrauensbruch“, sagt Grüll, „die versuchen, dass der Schwanz mit dem Hund wedelt“. Wenn es für den Gewerkschafter noch eines Beweises bedurft hätte, dass der private Einfluss bei den Entsorgungsbetrieben zurückgedrängt werden muss, dann sei er damit erbracht: „Es gilt zu verhindern, dass Remondis bei der EBE das Sagen bekommt, denn das nützt weder der Belegschaft noch den Bürgern etwas.“
„Der Ton wird härter“ fürchtet auch CDU-Frau Jutta Eckenbach, die als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende gestern nicht recht wusste, ob sie mehr die Niederlage Kunzes begrüßen oder eher den Kurs von Remondis kritisieren sollte: „Wir müssen zusehen, dass wir unsere Rechte als Stadt wahren: Es darf keine ,feindliche Übernahme’ bei den Entsorgungsbetrieben geben.“
Vielleicht nur ein Ausrutscher
Vorzugsweise Spott hatte Eckenbach für den OB übrig, dem sie zuschrieb, dass die Kunze-Personalie – die Christdemokraten und Grüne nicht mitgetragen hatten – so grandios in die Hose ging: „Das war ein dilettantisches Vorgehen.“
Ein Vorwurf, den der OB zurückweist, zumal nach NRZ-Informationen offenbar noch kurz vor der Aufsichtsrats-Sitzung informelle Drähte ins Unternehmen geknüpft wurden: Da hatte noch alles danach ausgesehen, als würde Remondis Kunze sogar mitwählen.
Die Kehrtwende in der Sitzung, die durch einen Passus im Gesellschaftervertrag gestützt wird, kann man sich bei den Sozialdemokraten nicht erklären. Aufklärung wird es vorerst nicht geben, eine Sondersitzung des Aufsichtsrates im Februar lehnte Remondis offenbar ab, nun kommt man im März wieder zusammen und wird vorher reden. „Vielleicht“, sagt OB Paß, „war das ja nur ein Ausrutscher“.