Superintendent Ferdinand Isigkeit thematisierte die Loveparade-Tragödie und ihre Folgen bei der Synode des Kirchenkreises in Baerl. Notfallseelsorger berichteten von der Betreuung der Angehörigen der Todesopfer.
Das Drama bei der Loveparade und seine Folgen war unter anderem Thema bei der Synode des Kirchenkreises am Wochenende in Baerl. Superintendent Ferdinand Isigkeit griff dabei auch die Debatte um Schuld und moralische Verantwortung auf. „Es ist viel zum Thema Verantwortung gesagt und geschrieben worden. Der Oberbürgermeister steht in der Kritik. Ohne die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen durch Kollektivierung nivellieren zu wollen, wäre es ein gutes Zeichen gewesen, wenn der Rat der Stadt Duisburg, der die Loveparade als Prestigeobjekt nach Duisburg geholt hat, sich moralisch mitverantwortlich gezeigt hätte“, sagte Isigkeit vor den 117 Kirchenparlamentariern aus den 28 evangelischen Gemeinden.
„Fritz Pleitgen hat das als Repräsentant von Ruhr 2010 getan und damit Haltung gezeigt“, äußerte sich der Superintendent. „Dass aber der Oberbürgermeister Morddrohungen erhielt und deshalb mit seiner Familie in Sicherheit gebracht werden musste, empfinde ich dagegen als zutiefst verwerflich.“
21 Tote und Hunderte Verletzte
Die Loveparade, die in einer Katastrophe mit 21 Toten und Hunderten Verletzten endete, war aber auch aus einem anderen Grund abseits der Diskussion um Verantwortlichkeiten Thema. Das einzige Duisburger Todesopfer kam aus dem Duisburger Westen, also aus dem Kirchenkreis Moers. Wie Isigkeit berichtete, wurden die Angehörigen durch die Notfallseelsorge und durch einen Seelsorger vor Ort betreut, und zwar direkt nach der Katastrophe und auch danach, wie zum Beispiel durch die Begleitung während des Gedenkgottesdienstes in der Salvatorkirche.
Das Unglück bei der Loveparade habe auf dramatische Weise gezeigt, wie wichtig Notfallseelsorge sei. Dazu gehöre auch die Einsatznachsorge, die sich an Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr oder an Rettungskräfte richtet, die nach einem Einsatz bei einem Unglück seelsorgerliche Unterstützung benötigen. Wegen der großen Bedeutung der Notfallseelsorge und dem hohen Bedarf an Notfallseelsorgern, der nicht allein mit Pfarrerinnen und Pfarrern gedeckt werden könne, würden demnächst besonders geschulte Ehrenamtliche eingesetzt werden können.
„Wie soll ich dieses tiefe Leid aushalten?“
Einblicke aus Sicht der Notfallseelsorger gewährte der Orsoyer Pfarrer Uwe Klein, der im Gottesdienst zur Eröffnung der Synode sprach. Rund 150 Besucher hörten in der Baerler Dorfkirche gebannt zu, als Klein in bewegenden Beispielen aus dem auch für die Seelsorger in hohem Maß belastenden Einsatzalltag berichtete. Seit zehn Jahren stünden die Notfallseelsorger in Wesel Menschen zur Seite, die sich in akuten Notfallkrisen befinden. Diese „erste Hilfe an der Seele“ leisten die Seelsorger unabhängig von Konfession und Religionszugehörigkeit. „Wie soll ich dieses tiefe Leid aushalten?“, das sei die Frage, die der Pfarrer den Menschen bei ihren Einsätzen vor Ort und später auch für sich selbst beantworten müsste. „So manches Mal klammere ich mich an die Verheißungen des 23. Psalms“, sagte Klein: „Seine Worte geben mir die Gewissheit: Bei Gott ist sicheres Terrain.“
Bernhard Ludwig, Pfarrer für die Notfallseelsorge im Kirchenkreis, wies darauf hin, dass die Betreuung der durch das Unglück auf der Loveparade seelisch zu Schaden gekommenen Besucher „noch über einen Zeitraum von mehreren Jahren einen höheren Anteil der Arbeitszeit in Anspruch“ nehmen werde.