Seit dem 1. Oktober 1992 ist Bernd Wilmert (62) Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum. WAZ-Redakteur Thomas Schmitt sprach mit ihm über die vergangenen Jahrzehnte.
Herr Wilmert, welche Themen waren zu Beginn Ihre wichtigsten?
Bernd Wilmert: In der Zeit vor der Liberalisierung der Energiemärkte von 1992 bis 1998 war der Job von den Herausforderungen her überschaubar. In dieser Zeit haben wir versucht, die Stadtwerke breiter aufzustellen und neue Geschäftsfelder hinzuzugewinnen. Die Übernahme des Umweltservice Bochum gehört dazu. Gedacht haben wir dabei aber in erster Linie an die energetische Nutzung, also an die Müllverbrennung. Das hat sich zerschlagen, weil es auf diesem Markt später dramatische Überkapazitäten gab.
Mit der Gründung der Energieversorgung Mittleres Ruhrgebiet EWMR gaben sie 1998 gemeinsam mit den Städten Herne und Witten eine erste Antwort auf die Liberalisierung der Märkte. Wachstum und Selbstständigkeit waren die Themen.
Ja, die Liberalisierung war für uns als lokale Monopolisten, denen die Kunden nicht weglaufen konnten, eine Kulturrevolution. Darauf mussten wir uns einstellen. Erinnern Sie sich, wie Yello-Strom den Markt aufgemischt hat? Wir haben, wie andere auch, Kosten gesenkt. Viel wichtiger aber war es, die Mentalität im Betrieb zu verändern, den Wettbewerb als Chance zu sehen und nicht nur als Risiko. Das haben wir erfolgreich getan. Wir haben heute im Bereich Gewerbe- und Sonderkunden genauso viele außerhalb Bochums wie in Bochum. Bei den Verlusten vor Ort liegen wir weit unter dem Durchschnitt. Dieser beträgt 25 bis 30 Prozent, wir haben nur rund 10 Prozent unserer Kunden verloren.
Was kam danach?
Wir haben überlegt, wie wir den Handel in den Griff bekommen? Damals war es üblich, Verträge über eine Laufzeit von 20 Jahren zu machen. Das ging nicht mehr. Wir sind eine Beteiligung mit Trianel eingegangen. Wir waren der fünfte Partner, heute sind es 55. Trianel ist der größte Stadtwerke-Verbund in Deutschland, vielleicht sogar in Europa. Das war im Jahr 2000. Drei Jahre später haben wir gemeinsam mit Dortmund Gelsenwasser gekauft. Meiner Ansicht nach war das ein Glücksfall für die Stadtwerke.
Es folgten Beteiligungen an Kohle- und Gaskraftwerken.
Das war damals ein mutiger, aus heutiger Sicht ist es ein verhängnisvoller Schritt. Niemand ahnte, wie sich die Energiewende entwickeln würde. Ich halte sie für richtig und wichtig. Aber wie sie gemacht wird, das ist ökonomisch hart an der Grenze zur Verantwortungslosigkeit.