Herbert Grönemeyer: „Bochum ist immer meine Heimat“
Herbert Grönemeyer gibt am 19. Juni ein Konzert in Bochum. Gewidmet ist es dem Album „4630 Bochum“. Bochums Ex-Opelaner haben freien Eintritt.
Bochum.
„Herbie“ hält Wort: Das von dem Sänger versprochene Konzert in Bochum ist fix. Am 19. Juni wird Herbert Grönemeyer im Stadion an der Castroper Straße spielen – und zwei weitere Versprechen einlösen. Zum einen wird er die im vergangenen Jahr in einem Wettbewerb von WAZ und Radio Bochum ermittelte 5. Strophe von „Bochum“ live singen, zum anderen hat er das Drama um Opel nicht vergessen. Grönemeyer lädt zu dem von der WAZ präsentierten Konzert alle Opelaner ein, die Ende 2014 vom Aus des Werkes in Bochum betroffen waren – rund 3300 Leute plus Begleitperson.
Das Konzert in Bochum wird ein ganz besonderes: Grönemeyer packt die Veranstaltung nicht einfach in die derzeit erfolgreich laufende „Dauernd jetzt“-Tour, sondern spielt in Bochum nahezu komplett das 1984 erschienene Album „4630 Bochum“, zu dem Hits wie „Männer“, „Alkohol“ oder „Flugzeuge im Bauch“ gehören – und natürlich der Song „Bochum“.
Grönemeyer will in Bochum das Stadion rocken
30 Jahre lang hatte Bochums inoffizielle Stadthymne vier Strophen. Ende 2014 suchten die Leser und Hörer von WAZ und Radio Bochum zum Abschluss einer großen Aktion anlässlich des 30. Geburtstages von „4630 Bochum“ eine 5. Strophe aus. Leserin Ursula Tharr setzte sich bei mehr als 700 Einsendungen durch. Ihr Text beschreibt den Wandel Bochums seit 1984: „Du hast den Ruß abgewaschen, und Deine Öfen sind kalt. Doch Deine Zechen sind voll Leben. Hier wird getanzt, gelacht, das Morgen ausgedacht. Gefördert wird was lebt!“
Zweieinhalb Stunden will Grönemeyer im Juni in Bochum das Stadion rocken und zurückblicken auf mehr als 30 Jahre Karriere im Musikgeschäft. Zu hören sein werden neben 4630-Klassikern auch Songs vom neuen Album „Dauernd jetzt“ und mehrere von Grönemeyers größten Hits wie „Mensch“, „Der Weg“ und viele mehr. Auch eine Anregung der WAZ will Grönemeyer aufgreifen und in Anwesenheit der vielen Opelaner „Kadett“, ein Song aus seinen Anfangsjahren, spielen.
Herbert Grönemeyer im Interview über sein neues Album und die Tour „Dauernd jetzt“
Ende November 2014 veröffentlichte Herbert Grönemeyer sein 14. Studioalbum. Im Mai und Juni geht er mit „Dauernd jetzt“ auf Tour durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und die Niederlande. Ein Höhepunkt, wenn nicht der Höhepunkt wird das von der WAZ präsentierte Konzert in Bochum am 19. Juni sein. Es ist ganz dem 30. Geburtstag des Albums „4630 Bochum“ gewidmet, mit dem der heute 58-Jährige 1984 den Durchbruch schaffte. WAZ-Redakteur Thomas Schmitt sprach mit Herbert Grönemeyer.
Herr Grönemeyer, wie kommt das neue Album bei den Fans an?
Herbert Grönemeyer: Das ist für mich schwierig zu beantworten. Ich höre aber, dass viele Menschen sagen, das neue Album sei nach Schiffsverkehr, das etwas spröder war, wieder dichter und melodiöser. Ich denke, die Leute mögen es. Es ist sehr erfolgreich.
„Die Tour läuft bombig“
Wie läuft der Vorverkauf für die Sommertour?
Grönemeyer: Die Tour läuft bombig. Wir sind im Grunde fast ausverkauft.
Haben Sie eigentlich ein Lieblingslied auf dem Album?
Grönemeyer: „Roter Mond“ ist eines davon, aber gut finde ich auch „Unter Tage“. Es handelt von der Verlässlichkeit im Ruhrgebiet, die uns alle geprägt hat. Das heißt nicht, dass wir alles super Typen sind, aber verlässlich sind wir im Ruhrgebiet schon.
Mit „Morgen“ und jetzt aktuell „Fang mich an“ sind aber andere Singles aus dem Album ausgekoppelt worden. Wer entscheidet das?
Grönemeyer: Das machen wir im Team – zusammen mit der Plattenfirma. Ich bin ja derjenige der am wenigsten Abstand zu den Songs hat. Für die Auswahl der Singles sind andere Kriterien als mein persönlicher Geschmack wichtig. Zum Beispiel: Was spielt das Radio, was nicht? Ist die Nummer zu hart oder zu ruhig?
„Ich habe wieder zur Leichtigkeit zurück gefunden“
Mit dem neuen Album ist auch ein neuer Grönemeyer in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Ihren Ruf, mitunter zickig zu sein, werden Sie derzeit nicht gerecht.
Grönemeyer: Zickig? Ich kann mich selber nicht beschreiben, aber meine Freunde werden das anders sehen. Es hat aber sicher etwas gedauert, die schweren Jahre Ende der 90er aus den Knochen zu kriegen. Eine solche Katastrophe prägt einen. (Anm. d. Red.: 1998 starben innerhalb einer Woche Grönemeyers Bruder Wilhelm und seine Frau Anna)
Sie selbst haben kürzlich in einem Interview gesagt: Ich bin in meinem neuen Leben angekommen. Was heißt das konkret?
Grönemeyer: Die Kinder sind groß, ich lebe glücklich in einer neuen Beziehung. Nach 16 Jahren hat sich damit ein Kreis geschlossen, ich habe wieder zur Leichtigkeit zurück gefunden, das merke ich auch beim Schreiben. Das Leben hat sich entkrampft und ist wieder unter meine Füße geschoben. Von da aus kann man wunderbar los starten.
„Herbie“ wird die 5. Strophe von „Bochum“ beim Konzert singen: „Die Aktion war wunderbar“
Zum 30. Geburtstag von „4630 Bochum“ haben WAZ und Radio Bochum im vergangenen Jahr im Rahmen einer großen Aktion eine 5. Strophe für unsere Stadthymne „Bochum“ ermittelt. Sie haben immer gesagt, dass sie diese im Stadion singen werden. Jetzt ist es soweit. Am 19. Juni wird es ein Jubiläumskonzert geben. Wie kam es jetzt so schnell dazu?
Grönemeyer: Den Wunsch, in Bochum zu spielen, gab es von Anfang an. Wir sind das aber ruhig und gelassen angegangen. Und am Abschlusswochenende der Tour passt das einfach wunderbar.
Ein exklusives Heimspiel
Das Konzert in Bochum wird aber kein normales im Rahmen der „Dauernd jetzt“-Tour, sondern ein ganz besonderes.
Grönemeyer: Wir werden in erster Linie, was wir sonst nicht mehr machen, das Album Bochum spielen, vielleicht mit Ausnahme von ein, zwei Stücken. Natürlich gehören auch Sachen von „Dauernd Jetzt“ und ältere Hits wie „Mensch“ zum Programm.
Das hört sich nach einem exklusiven Heimspiel an.
Grönemeyer: Ja, das hat auch für uns etwas Sentimentales. Man glaubt es ja selber nicht, dass man jetzt schon dreißig Jahre davon entfernt ist. Auf allen Tourneen war „Bochum“ mit „Flugzeuge“, „Männer“, „Alkohol“ oder „Mambo“ aber immer stark vertreten.
Haben Sie denn die anderen Songs der Platte überhaupt noch auf dem Schirm oder müssen Sie üben?
Grönemeyer: Ja, das müssen wir. „Amerika“, „Jetzt oder nie“ oder „Fangfragen“ müssen wir uns neu draufschaffen.
Erstmals „Bochum“ mit fünf Strophen
Wie habe ich mir das vorzustellen?
Grönemeyer: Wir müssen die Sounds suchen, die Harmonien, die Texte lesen. Das Schöne aber ist, dass wir als Band im Grunde 33 Jahre zusammen sind. Wir werden aber versuchen, die Songs so zu arrangieren, dass sie etwas zeitgemäßer klingen. Bochum aber nicht, das steht wie eine Bank.
Dafür werden Sie Bochum erstmals mit fünf Strophen singen.
Grönemeyer: Logisch. Ich hoffe, viele singen mit. Die Aktion war wirklich wunderbar. Egal, wie alt ich bin oder werde, Bochum ist immer meine Heimat. Auch die WAZ gehört dazu, mit der bin ich groß geworden.
Fasziniert über das 7:1 gegen Brasilien bei der Fußball-WM 2014
Zu Bochum gehört Opel. Das Werk hat Ende 2014 geschlossen. Sie hatten in dem Zusammenhang angekündigt, etwas für die Opelaner tun zu wollen. Nun halten Sie Wort. Die komplette Belegschaft darf gratis ins Konzert.
Grönemeyer: Ja, man kann ja als Künstler nicht so viel tun. Diese Einladung ist für mich eine Geste der Solidarität. Alle Opelaner sind ganz, ganz herzlich eingeladen, mit einer Begleitperson. Ich hoffe, dass so viele wie möglich kommen.
Sie haben ein Opel-Lied im Repertoire. Werden Sie Kadett spielen?
Grönemeyer: Das ist eine gute Idee. Ja, das werden wir spielen. „Susi ist viel schärfer als Gabi und Marie, und wenn ich eine will, dann will ich nur sie. Und auch, wenn sie mich noch so sehr drängte, mit ihr ging ich nicht ins Bett. Denn Heinzken ist noch viel schärfer, und Heinz, das ist mein Kadett.“ Den kann ich noch den Text.
„Ich bin ein ziemlich Autoverrückter“
Sie sollen ohnehin ein Faible für Autos haben. Im Zuge unser Aktion die 5. Strophe hat uns ein Leser davon berichtet. Er sagte, er habe Ihnen an der Castroper Straße mal einen giftgrünen Saab 96 verkauft. Erinnern Sie sich?
Grönemeyer: Ja, logisch. Der Wagen hatte eine Fliehkraftkupplung. Ich war damals am Theater und habe mir das Auto von meinen ersten Gagen gekauft. Ich bin wirklich ein ziemlich Autoverrückter. Ich habe heute noch einen Saab turbo und ein Saab Cabrio.
MusikFahren Sie heute mehrere Autos?
Grönemeyer: Einige. Ich sammle Autos, vor allen Dingen welche, die man früher gefahren hat. Ich habe mir gerade erst einen Golf GTI gekauft. Einen Golf eins. Ich besuche auch gern die Oldtimermesse in Essen. Das habe ich von früher. Ich bin immer zum Automarkt nach Essen-Bergeborbeck gefahren und habe mir da für 200, 300 Mark Autos gekauft, welche ich dann wenige Monate gefahren und wieder verkauft habe.
Mit Gewinn?
Grönemeyer: Mir ging es nicht ums Handeln, ich hatte einfach wenig Geld. Aber meine Kinder haben mir mal ein Visitenkarte zu Weihnachten geschenkt, da stand drauf: Gastronomie, Gebrauchtwagen und Entertainment. Wenn man aus dem Ruhrgebiet kommt, hat man halt eine starke Affinität zu Autos – und natürlich zum Fußball.
„So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen“
Apropos Fußball. Auf der neuen Platte findet sich mit „Der Löw“ auch ein Song mit Bezug zur Fußball-WM 2014. Sie waren inspiriert vom 7:1 gegen Brasilien.
Grönemeyer: Ja, das Lied habe ich nach diesem Spiel geschrieben. Es waren zuerst alle Spielernamen aufgezählt, aber das war ein bisschen platt. Nach dem Finale habe ich den Text umgeschrieben. Das Brasilienspiel hat einen schon sehr geprägt, so etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Und ich verfolge Fußball seit ich mit vier Jahren erstmals beim VfL war. Da spielten die noch in der Westfalenliga.