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Bochumer Opel-Werk II – Letztes Getriebe ist vom Band

Bochumer Opel-Werk II – Letztes Getriebe ist vom Band

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Foto: Haenisch / waz fotopool
Sang- und klanglos ist am Montag das letzte Getriebe im Bochumer Opel-Werk II vom Band gelaufen. Damit endet eine Ära. 2004 war dort schon die Motorenproduktion eingestellt worden. Was aus den 300 Opelanern wird, die zuletzt die Getriebe gefertigt haben, entscheidet sich in den nächsten Wochen.

Bochum. 

Er steht etwas versteckt in der S-Kurve zwischen Bahnhof Langendreer und der Zufahrt zum Werk II: ein Kadett A aus den 1960ern; aus einer Zeit, in der es bei Opel richtig brummte. Aber wie er so dasteht, unter den Bäumen mit den fallenden Blättern, wirkt das automobile Schmuckstück wie ein Sinnbild für den gesamten Standort.

Es ist ein historischer Tag in der sich dem Ende entgegen neigenden Bochumer Opel-Geschichte, dieser 7. Oktober 2013. Nach Jahrzehnten wird die Fertigung von Getrieben eingestellt, gestern lief das letzte vom Band. Lautlos geradezu. Unspektakulär. „Ich dachte es gibt noch eine kleine Feier mit den Beschäftigten, die noch da sind. Aber nichts. Auf einmal war Schluss“, erzählt Burkhard Falk.

Mehr als 30 Jahre für Opel gearbeitet

Er kann seine Enttäuschung nicht verhehlen. Obwohl er frei hatte, ist der 55-Jährige am Montag ins Werk gefahren, um an diesem besonderen Tag dabei zu sein. Aber mehr als eine kurze, eher schmucklose Ansprache des Betriebsleiters habe es nicht gegeben. Ansonsten war der letzte Produktionstag schon der erste, um die noch 300 Beschäftigten des Getriebewerks über ihre Alternativen in der Zukunft zu informieren.

Mehr als 30 Jahre hat Burkhard Falk bei und für Opel gearbeitet; hat erst Motoren gebaut – bis zum Ende der Produktion. Und nun erlebt er das Aus des gesamten Werks. Fast genauso lange ist Andreas von Rekowski Opelaner – immer in Langendreer. „Ich habe hier als Stift angefangen, wurde übernommen. Und jetzt ist für mich Schluss“, sagt der 49-Jährige.

„Psychische Belastung war enorm“

Die ganz große Enttäuschung ist bei beiden nicht mehr spürbar. Die haben sie ebenso hinter sich wie viele andere. „Es herrscht eine gewisser Galgenhumor unter den Kollegen“, sagt ein Werkzeugmacher, der seinen Namen nicht nennen möchte und der zu dem Team gehört, dass noch bis zum Jahresende mit der Auflösung des Lagers beschäftigt sein wird.

Die Elektroniker bestätigen. Fast eine Erleichterung sei es gewesen, als vor einigen Tagen die Nachricht kam, dass endgültig Schluss ist. Denn am schlimmsten sei die Unsicherheit gewesen, was werden soll. „Die psychische Belastung war in den letzten Monaten enorm“, sagt Andreas von Rekowski. Spätestens seit 2004 sei es immer um die Existenz des Werks und damit auch um die eigene Existenz gegangen.

Wechsel ins Werk I ist kein Thema 

Jetzt soll es woanders weitergehen. „Ich bin noch zu jung, um aufzuhören“, sagt der 49-Jährige. Er habe zwei Kinder, eine Tochter mache nächstes Jahr Abitur. Seine Frau verdiene ein wenig mit, aber er sei der Haupternährer. Und daher gibt es für ihn auch wenige Möglichkeiten für Kompromisse. Für eine neue Stelle würde er natürlich fahren: 30, 40,50 Kilometer, vielleicht sogar über einen Umzug nachdenken. „Man muss flexibel sein.“ Die Experten von der Transfergesellschaft haben den Elektronikern Hoffnung gemacht. Die Chancen, einen neuen Job zu finden, stünden gut. Immerhin.

Die Abfindungen nehmen, in der Transfergesellschaft fit machen lassen für den Arbeitsmarkt und dann so schnell wie möglich einen neuen Job finden. Das wäre der Traum vieler Opelaner. Kein Thema ist für Burkhard Falk und Andreas von Rekowski ein Wechsel ins Werk I, das Ende 2014 schließen soll.

„Gutes Geld verdient“

„Man munkelt sogar, dass es schon im Sommer vor den Betriebsferien dicht gemacht wird“, so von Rekowski. Das seien keine guten Aussichten. Und überhaupt: Wer wisse schon, ob die Abfindungen nächstes Jahr noch genauso hoch sein werden jetzt . Die beiden Elektroniker werden gehen.

Mit einem tränenden Auge – und immer noch mit Wut im Bauch. Aber immerhin mit dem Gefühl, „dass es hier ein gutes Klima unter den meisten Kollegen gab“ (Falk) und „dass wir gutes Geld verdient haben“ (von Rekowski). Das bleibt ihnen nach drei Jahrzehnten Opel in Bochum.