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VfL-Bochum-Talent Gyamerah kehrt aus der Ungewissheit zurück

VfL-Bochum-Talent Gyamerah kehrt aus der Ungewissheit zurück

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Jan Gyamerah bei seinem Debüt in der 2. Bundesliga - beim Bochumer 0:0 in Dresden kurz vor Weihnachten 2013. Foto: imago
Jan Gyamerah feiert am Donnerstag seinen 20. Geburtstag – und am Montag sein Comeback beim Zweitligisten VfL Bochum nach anderthalb Jahren.

Bochum. 

Trainingsplatz des VfL Bochum, vor ein paar Wochen. Die Profis sind auf dem Platz. Ein paar Fans gucken zu. In ihrem Rücken geht ein junger Mann die Treppe hinunter, zur Kabine. Zum Krafttraining. „Das Phantom“, sagt ein Beobachter, „es gibt ihn noch.“

„Was ich teilweise hören oder im Internet lesen musste am Anfang, war nicht schön. Ich kann das nicht nachvollziehen“, sagt Jan Gyamerah. Er lernte, damit umzugehen. Oder: es nicht zu lesen.

Fakt ist: Der 19-Jährige, der Rechtsverteidiger mit dem immensen Talent, der als größte Hoffnung nach Leon Goretzka galt beim VfL Bochum, hat in den letzten beiden Jahren exakt zweimal gespielt in der 2. Liga. In Dresden am 20. Dezember 2013. Und gegen den FSV Frankfurt am 7. Februar 2014. Rund 30 Minuten war er jeweils am Ball. Eine Stunde in zwei Jahren.

Zwei Einsätze für den VfL Bochum in zwei Jahren

Jan Gyamerah hat seitdem rund drei Monate mit der Mannschaft trainiert. Zuletzt: im Februar 2014.

Danach tauchte er ab für die Öffentlichkeit. Fragte man Peter Neururer, seinen Ex-Trainer, zuckte der mit den Schultern. Gertjan Verbeek muss man nicht fragen: Der Niederländer äußert sich nicht über verletzte Spieler.

Verbeek soll ihn kennenlernen, das hat sich Gyamerah fest vorgenommen. Auf dem Platz. Ab Montag. „Ich bin bereit“, sagt er. Aber, auch das hat der Abiturient gelernt: Wahrscheinlich muss er sich selbst in Geduld üben. Darf nicht verzweifeln, wenn es Rückschläge gibt: „Ich denke von Tag zu Tag.“ Sein Vertrag gilt bis Juni 2016.

Er hat hat eine Odyssee hinter sich. Von Arzt zu Arzt. Einer erklärte, er sei „nicht tauglich. Das hat mich getroffen.“ Seine Eltern, seine Freundin, sie halfen. „Das Schlimmste war, dass nichts gefunden wurde“, erzählt Gyamerah.

Zu Saisonbeginn 2013/14 traten die Probleme im Schambeinbereich auf, er kehrte im Herbst zurück, absolvierte das Trainingslager. Bei einer Einheit daheim der Rückschlag: „Bei einem Drehschuss hat es in der Leiste Knacks gemacht.“ Sein Einsatz zum Jahresauftakt 2014 gegen den FSV bestritt er mit Spritzen und Schmerztablette. Keine Lösung. „Es wurde von Tag zu Tag schlimmer.“

VfL Bochum behandelte Gyamerah zunächst konservativ

Immer wieder sagten Ärzte: Wir finden nichts. „Ich wusste doch, dass etwas passiert war.“ In Köln unterzog er sich einer Adduktoren-OP im April, „danach wurden die Schmerzen noch stärker.“ Sechs Wochen sollte er auf Krücken gehen, es wurden über acht. Eine Reha in Köln brachte fast nichts. In Ruhe war es okay. Unter Belastung kehrten die Schmerzen zurück.

Das Karriereende? „Man hat viel Zeit, da denkt man auch viel nach“, deutet er seine Zweifel an. Er schrieb sich ein an der Ruhr-Universtität, im Sommersemester 2014, ging letztlich aber nicht hin. „Es ging ja wieder aufwärts.“

Ende Oktober suchte er in Berlin einen Leistenspezialisten auf. Der war dem einstigen U-Nationalspieler vom DFB empfohlen worden. Er diagnostizierte eine „weiche Leiste“, einen kleinen Leistenbruch und einen entzündeten Nerv. Eine Spritze half. Gyamerah atmete auf. Der Grund der Qual, er schien gefunden.

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Mit dem VfL wurde vereinbart, erstmal konservativ zu behandeln, mit Reha, Kraftübungen. Seit Anfang Januar mit Jörn Menger, dem künftigen Athletik-Trainer der Profis. „Ich habe mich besser gefühlt“, sagt Gyamerah. Allerdings: die Leiste schmerzte nach wie vor.

Im März entschied er sich zur OP in Berlin. Unter anderem wurde ein Nerv gekappt. Ein kleiner Eingriff war das, sagt er; einer, der Großes bewirkte. Und vielleicht ein Jahr zu spät kam. „Hinterher ist man immer schlauer.“

Seit April rackert er gemeinsam mit Jan Simunek am Comeback. „Das wir zu zweit sind, hat sehr geholfen. Wir haben schon viel gemacht. Bei Sprints, bei Schüssen gibt es kein Problem.“

Aber die echten Belastungstests kommen jetzt. In den Zweikämpfen. Im intensiven Training. Sein Ziel: „Ich will Fußball spielen. Jeden Tag. Ohne Schmerzen.“