So hat Hannes Bongartz Schalkes 7:0-Sieg in München erlebt
Am Samstagabend spielt Schalke bei den Bayern. Vor 40 Jahren siegten die Königsblauen sensationell mit 7:0 in München. Der frühere Spielmacher Hannes Bongartz erinnert sich.
Bottrop.
Glückauf, der Übersteiger kommt. Hannes Bongartz, der einst als Schalker Nationalspieler mit ausladenden Bewegungen seiner Beine den Gegenspielern Schwindelanfälle bescherte und später die Bundesligisten Kaiserslautern, Wattenscheid, Duisburg und Mönchengladbach trainierte, ist mit 64 Jahren noch äußerst aktiv: Der Bottroper berät junge Fußballer, und er besitzt, trainiert und steuert Trabrennpferde – „das hält mich fit“, sagt er. Auch im Fußballgeschäft kennt er sich noch bestens aus, gespannt wartet er auf das Spiel des FC Schalke 04 an diesem Samstagabend (18.30 Uhr, Sky, live in unserem Ticker) beim FC Bayern München. Vor 40 Jahren war den Schalkern mit ihrem damaligen Spielmacher Bongartz eine Sensation gelungen: Sie gewannen bei den Bayern, die dreimal nacheinander den Europapokal der Landesmeister gewonnen hatten, mit 7:0.
Herr Bongartz, verraten Sie uns doch bitte mal, wie man 7:0 bei Bayern München gewinnt.
Hannes Bongartz: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so etwas je wieder geben wird. Wir haben es damals geschafft, weil wir eine richtig gute Mannschaft hatten. Die würde sich auch unter den heutigen Anforderungen taktisch und spielerisch behaupten können.
Aber die Bayern waren mit Beckenbauer, Müller, Maier, Rummenigge und Hoeneß auch nicht gerade wie eine Freizeitmannschaft besetzt.
Hannes Bongartz: Ja, auch sie hatten ein tolles Team. Aber wir hatten einen Ausnahmetag erwischt. Das Spiel war vergleichbar mit Brasiliens 1:7 gegen Deutschland im WM-Halbfinale 2014. Wenn man auf diesem Level früh 0:2 zurückliegt und dann mit aller Macht versucht, das zu korrigieren, dann läuft man ins offene Messer und kassiert sieben Stück.
Warum ist Schalke trotz dieser Klasse-Mannschaft 1976/77 nur Vizemeister geworden?
Hannes Bongartz: Uns fehlte am Ende ein Punkt auf Borussia Mönchengladbach. Am letzten Spieltag haben die Gladbacher 2:2 bei den Bayern gespielt, so dass uns der eigene 4:2-Sieg gegen Dortmund nicht half. Uns fehlte damals die Konstanz. Das zieht sich wie ein roter Faden durch den Verein, das gilt 40 Jahre später ja immer noch.
Haben Sie einen Rat für die Schalker für Samstagabend?
Hannes Bongartz: Gut stehen. In der Defensive diszipliniert arbeiten. Und dann: mutig nach vorne spielen.
Das klingt, als könnten Sie sich einen Schalker Sieg vorstellen.
Hannes Bongartz: Es ist nicht unmöglich, in München zu gewinnen. Die Jungs müssen die Bayern früh attackieren. Und sie müssen an sich glauben. Die Schalker haben ein paar Spieler mit Phlegma und schlechter Körpersprache, vor allem in der Abwehr.
Was fehlt Schalke?
Hannes Bongartz: Eine erkennbare Entwicklung, wie sie Borussia Dortmund gelungen ist. Seit Jahren schon unterscheidet sich die Spielauffassung der Dortmunder und der Schalker erheblich. Der BVB agiert auf dem Platz immer als Mannschaft. Der Verein hat sich stabilisiert, nachdem er das richtige Händchen bei der Trainerwahl hatte und Jürgen Klopp verpflichtete. Und es herrschte Ruhe, weil das Dreigestirn mit Klopp, Geschäftsführer Watzke und Manager Zorc mit einer Zunge gesprochen hat. Das ist etwas, das Schalke durchaus von Dortmund lernen kann.
Schalke sehnt sich nach Kontinuität, bekommt sie aber nicht hin. Woran liegt das?
Hannes Bongartz: Ich glaube, dass das nicht am Trainer oder an der Mannschaft liegt, sondern an der Kompetenz der Führungskräfte. Wenn du einen Top-Manager hast, läuft es im ganzen Klub. Ein gutes Beispiel ist doch der 1. FC Köln, wo Jörg Schmadtke sensationelle Arbeit leistet. Jetzt haben die Kölner eine kleine Ergebniskrise, aber keiner verfällt in Panik. Vor drei Jahren hätte da noch der Dom gewackelt.
Schalke nimmt zur neuen Saison einen Managerwechsel vor: Horst Heldt muss gehen, Christian Heidel kommt. Wie beurteilen Sie das?
Hannes Bongartz: Das ist eine spannende Personalie. Christian Heidel kann für Schalke zu einem Glücksfall werden. Er hat mit Mainz meinem früheren Verein Kaiserslautern den Rang abgelaufen und Unbeschreibliches vollbracht. Er hat drei großartige Trainer hervorgezaubert: Erst Klopp, dann Tuchel, jetzt Schmidt – auch der ist ein Supertyp. Mal sehen, ob Heidel das auch hier im Ruhrpott gelingt. Auf Schalke kann er seinen Professor machen.