Gelsenkirchen.
Mit seiner Entscheidung, den FC Schalke 04 nach fünf Jahren zu verlassen und sich ausgerechnet dem ohnehin schon übermächtigen FC Bayern München anzuschließen, hat es sich Leon Goretzka Anfang des Jahres mit vielen Menschen in Gelsenkirchen verdorben.
Mit ganz vielen Fans, aber auch mit Clemens Tönnies. Schalkes Aufsichtsrats-Vorsitzender tönte damals, der Nationalspieler solle nicht mehr das königsblaue Trikot tragen, ehe er von dieser ersten von Emotionen geleiteten Reaktion doch noch Abstand nahm. Goretzka nimmt Tönnies diese Aussagen nicht krumm. Im Interview mit der „Sportbild“ hat der 23-Jährige nun den Ablauf des Wechsels erläutert, seine Beweggründe dafür und warum er den Schalker Fans nichts vorgaukeln wollte.
FC Schalke 04: Leon Goretzka wechselt aus sportlichen Gründen
Für den Tausch des Arbeitsplatzes macht der Mittelfeldspieler vor allem sportliche Gründe verantwortlich. Auf Schalke habe er alles bequem vorgefunden, was er für den Start in eine große Profikarriere benötigte: eine sehr gute Mannschaft, die Geborgenheit im privaten Umfeld, den richtigen Trainer.
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Aber eben auch viel Routine mit der Zeit: „Das ist eine gefährliche Situation, denn vielleicht läuft man dabei Gefahr, nicht sein ganzes Potenzial zu nutzen. Ich möchte in zehn Jahren nicht zu mir sagen, da ist mehr drin gewesen. Das würde ich mir nicht verzeihen.“
Leon Goretzka wollte zeitgleich informieren
Den Fünfjahresvertrag, den er 2013 beim Wechsel vom VfL Bochum zu S04 unterschrieben hatte, nochmals zu verlängern, kam nun aber auch nicht infrage: „Ich persönlich wollte nicht meinen Vertrag verlängern und somit den Fans suggerieren: Ich bleibe jetzt hier, ich bin euer Held – und ein Jahr später gehe ich womöglich doch. Das wäre nicht mein Ding.“
Goretzka sei es bei der Entscheidungsfindung und -bekanntgabe wichtig gewesen, sowohl Tönnies als auch Sportdirektor Christian Heidel und Trainer Domenico Tedesco gleichzeitig auf den aktuellen Stand zu bringen. „Und das, bevor der Vertrag in München unterschrieben ist“, so der Nationalspieler. „Von Angesicht zu Angesicht. Nicht per SMS oder per Telefonat. Weil ich mich sauber verhalten wollte. Das habe ich getan.“
Bei einem Gespräch Mitte Januar in Rheda-Wiedenbrück bei Clemens Tönnies habe Goretzka erklärt, den Verein verlassen zu wollen. Dass die Schalker danach noch auf einen Verbleib hofften, sei legitim gewesen, denn zu dem Zeitpunkt sei der Vertrag beim FC Bayern noch nicht unterschrieben gewesen.
Nationalspieler wollte sich nicht von Emotionen leiten lassen
Er selbst habe sich lange Zeit Gedanken gemacht, wie es mit ihm weitergehen sollte, da ihm der FC Bayern Anfang des Jahres noch nicht mitteilen konnte, wer der neue Trainer werden würde. „Das war ein Punkt, der mich gestört hat. Am Ende hat Bayern ein klares Trainer-Profil benannt. Mit dem konnte ich mich identifizieren. Zudem ist klar: Wenn du zu Bayern gehst, erhöht sich die Chance, Titel zu gewinnen.“
Bei der langwierigen Entscheidungsfindung sei es Goretzka wichtig gewesen, sich nicht von Emotionen leiten zu lassen: „Ganz wichtig war diesbezüglich mein Vater, der ein Vorbild für mich ist, weil er in der Lage ist, nüchtern Entscheidungen zu treffen. Das habe ich mir von ihm abgeschaut. Es ging bei mir so weit, dass ich viele Gedanken in einem Notizbuch aufgeschrieben habe, die mir in dieser Zeit so durch den Kopf geschossen sind, um sie später noch einmal hinterfragen zu können.“
Auch der FC Barcelona war an Goretzka interessiert
In dem Büchlein tauchten dann auch „so absurde Dinge wie zum Beispiel das Wetter in dem jeweiligen Land“ auf. Am Ende wurde es aber doch nicht die spanische Sonne, schließlich zählte ja auch der FC Barcelona zu den interessierten Vereinen: „Für mich war meine Entscheidung für Bayern die richtige, und das zählt.“ (ab)