FC Schalke 04: Warum Domenico Tedesco in Stuttgart ein Heimspiel hatte
Schalkes Tedesco ist in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen und hat als Jugendtrainer beim VfB gearbeitet. Umso schöner war der Sieg am Samstag.
Stuttgart.
Domenico Tedesco riss beide Arme in die Höhe, als Schiedsrichter Felix Zwayer das Spiel gegen den VfB Stuttgart abpfiff. Mit 2:0 hatte seine Mannschaft gewonnen und nach drei sieglosen Bundesligaspielen den ersten Sieg in der Rückrunde eingefahren. Tedesco folgte seinen Spielern in die Fankurve, um mit den Fans zu feiern. Als diese ein Lied einstimmten, hüpfte der 32-Jährige ausgelassen, Arm in Arm mit seiner Mannschaft. „Freunde haben mich darauf aufmerksam gemacht. Ich selbst bekomme das gar nicht so mit, weil es spontan und von Herzen kommt. Das ist ja nichts, was man plant“, sagte Tedesco und lachte. Keine Frage: Dieser Sieg bei seinem Ex-Verein war für ihn ein ganz besonderer.
„Ich konnte aus drei Metern Entfernung beobachten, wie er vor der Bank herumgehüpft ist. Mein Eindruck war schon der, dass es für ihn ein besonderes Spiel ist“, sagte Schalkes Manager Christian Heidel. Für Domenico Tedesco war es die Rückkehr in seine Heimat. Im Alter von zwei Jahren zog er mit seinen Eltern aus der italienischen Provinz Cosenza in die Nähe von Stuttgart. Der Schalker Trainer besitzt noch immer eine Wohnung im Stadtteil Cannstatt – die nur ein paar hundert Meter von der Mercedes-Benz Arena entfernt ist. „Ich glaube, dass selbst die Familie achten Grades, wenn sie in Stuttgart wohnen sollte, im Stadion war“, sagte Heidel und lachte.
Zeit, um den Sieg in der alten Heimat mit der Familie zu feiern, blieb aber nicht. Zwei Stunden nach dem Abpfiff stieg auch Domenico Tedesco in den Schalker Mannschaftsbus. Als eine Mitarbeiterin der Presseabteilung ihm eine DVD mit der Aufzeichnung der Partie geben wollte, wies er darauf hin, dass er diese bereits in der Tasche hätte. Tedesco ist ein akribischer Arbeiter, der das nächste Spiel bereits im Blick hat.
Sieben Jahre beim VfB Stuttgart
Als Jugendlicher saß der Schalker Cheftrainer beim VfB Stuttgart als Fan auf der Tribüne, 2008 begann er im VfB-Nachwuchs als Trainer. Bis 2015 war er Trainer der U-17-Junioren, sein Co-Trainer war der ehemalige Nationalspieler Andreas Hinkel. Tedesco wollte in Hennef die Prüfung zum Fußballlehrer ablegen, das Training sollte zu dieser Zeit von Hinkel übernommen werden. Rainer Adrion, der damalige Sportliche Leiter der Nachwuchsabteilung, und Sportvorstand Robin Dutt lehnten ab, sodass Tedesco ein Angebot der TSG Hoffenheim annahm. Er betreute zunächst die U16 und schloss parallel dazu seine Ausbildung zum Fußballlehrer als Jahrgangsbester ab. Anschließend trainierte er die U19 der Hoffenheimer. Im März 2017 übernahm Tedesco den Zweitligisten FC Erzgebirge Aue und führte das Team zum Klassenerhalt. Im vergangenen Sommer folgte der Wechsel nach Schalke.
Nach dem Sieg mit den Königsblauen am Samstag begrüßte Tedesco viele Journalisten, die er noch gut aus seiner Zeit beim VfB kennt. Bei der Eßlinger Zeitung absolvierte er sogar mal ein Schüler-Praktikum in der Sportredaktion. Auch Jürgen Sundermann, der den VfB Stuttgart 1977 in die Bundesliga führte und 1983 Trainer auf Schalke war, hörte genau zu, was Tedesco in der Pressekonferenz sagte. Anschließend gab es einen kurzen Austausch.
Sundermann lobt Tedesco und S04
Sundermann lebt in Leonberg bei Stuttgart und ist beim VfB unter anderem als Scout tätig. Der 78-Jährige war nach dem schwachen Auftritt seines Clubs bedient, schwärmte aber von Tedesco und Schalke in den höchsten Tönen. „Wie die Schalker gespielt haben, hat mir sehr gefallen. Das ist eine echte Mannschaft, in der der eine für den anderen alles gegeben hat. Da ist Feuer drin, da ist Begeisterung zu spüren.“ Über Domenico Tedesco sagte Jürgen Sundermann: „Der Trainer hat eine große Ausstrahlung. Er ist ein Teil der Mannschaft, ich habe beobachtet, wie emotional er während des Spiels war. Er hat seine Spieler immer wieder angefeuert. Nach dem Spiel hat er mit der Mannschaft und den Fans gefeiert. So muss es sein.“
Jürgen Sundermann ist sicher, dass die Schalker schon in der nächsten Saison wieder in der Champions League spielen werden. Ob ihnen der Einzug in die Königsklasse als Vizemeister, als Dritter oder als Vierter gelingt, vermag er nicht einzuschätzen. Er weiß nur: „Wer so geschlossen auftritt wie Schalke, wird belohnt.“