Sergej Dikhtiar kam 1992 zu Schalke. Am Donnerstagabend drückt der Ukrainer den Königsblauen gegen Schachtjor Donezk die Daumen.
Barver.
„Borussia Dortmund? Nein!“ Sergej Dikhtiar ist fassungslos. „Da müssen die Jungs mir einen Streich gespielt haben. Das wird ein Nachspiel haben“, sagt der ehemalige Schalker. Auf der Internetseite des SV Barver – der Klub, dessen erste Mannschaft Dikhtiar in der 2. Kreisklasse Diepholz Süd als Spielertrainer betreut – steht es tatsächlich geschrieben. Sein Lieblingsverein: Borussia Dortmund.
Der 40-Jährige stellt klar: „Ich bin immer noch ein Schalker. Das wissen die Jungs genau. Wenn ich sie ärgern will, trage ich immer meine Schalke-Mütze.“
Lob von Berger, Thon und Assauer
Auch heute Abend, wenn die Königsblauen in der Europa League auf Schachtjar Donezk treffen, ist Sergej Dikthiar Schalker. Allerdings ohne Mütze. Das Hinspiel des Sechzehntefinals der Europa League wird er nämlich bequem vom Wohnzimmersessel aus verfolgen. So groß die Sympathie mit Schachtjar, dem Klub aus seinem Heimatland Ukraine ist, auch für Dikhtiar gilt: Einmal Schalker, immer Schalker.
Der Stürmer wurde in der Jugendabteilung von Dynamo Kiew ausgebildet, 1992 entdeckten ihn dann die Schalker Talentspäher bei einem Turnier im Münsterland. Sie luden den ihn erst zu einem Probetraining und später dann zu Vertragsgesprächen ein. Dikhtiar spielte zunächst in der Schalker A-Jugend unter Trainer Klaus Fichtel und wohnte bei einer Gastfamilie in Gladbeck.
Auch Profitrainer Jörg Berger hielt große Stücke auf Dikhtiar. Spätestens nach seinem zweiten Bundesligaspiel im September 1994 beim TSV 1860 München, das Schalke dank eines Dikhtiar-Tores mit 1:0 gewann. Nach einer Flanke von Jiri Nemec war er zur Stelle. Berger schwärmte: „Ich war mit Dikhtiar mehr als zufrieden.“ Kapitän Olaf Thon sagte: „Das hat mich an meine alten Zeiten erinnert, als ich da vorne rumgetanzt bin.“ Und Rudi Assauer versprach: „Der hat noch dollere Dinge drauf.“
Von Schalke nach Wattenscheid
Ganz so viel Dolles von Dikhtiar gab es auf Schalke allerdings nicht mehr. Nach nur 13 Bundesligaspielen und einem Wadenbeinbruch wechselte er zum Zweitligisten SG Wattenscheid 09. „Zu dieser Zeit gab es noch die Regel, dass nur drei Ausländer spielen durften. Schalke hatte Youri Mulder, Jiri Nemec, Radolslav Latal und mich“, sagt Dikhtiar.
Heute, fast 25 Jahre später, weiß er es zu schätzen, für einen Klub wie Schalke gespielt zu haben. „Als junger Spieler hat man da gar nicht drüber nachgedacht, sondern es fast als selbstverständlich hingenommen“, sagt er. Dass Dikhtiar wegen Undiszipliniertheiten in Ungnade gefallen sei, so wie es berichtet wurde, weist er heute noch zurück. „Ich kam mal zu spät zum Training, habe auch meine Meinung gesagt. Aber ich war nie ein disziplinloser Spieler.“
Über Wattenscheid, den 1. FC Saarbrücken, SV Meppen und den BV Cloppenburg kam Dikhtiar im Sommer 2009 zum damaligen Oberligisten BSV Rehden, der ihm eine Ausbildungsstelle in einer Logistikfirma vermitteln konnte. „Irgendwann muss man an die Zeit nach dem Fußball denken“, sagt er. Heute ist er Abteilungsleiter. Als er seine Fußballkarriere vor dreieinhalb Jahren eigentlich beenden wollte, fragte der SV Barver an, ein kleiner Klub aus dem acht Kilometer entfernten Nachbarort. Dikhtiar ließ sich überreden und ist seitdem Spielertrainer. Wenn er mitspielt, dann meistens auf der Sechs.
Der BVB interessiert Dikhtiar nicht
Mit neun Punkten Vorsprung führt der SV Barver die Tabelle in der 2. Kreisklasse an. Der Aufstieg ist aber kein Muss. „Bei uns geht es mehr um den Zusammenhalt. Eine Klasse höher müssten wir auch mehr trainieren“, sagt der Coach.
Am Donnerstagabend ist Training, eine lockere Einheit, Rückrundenstart ist erst in einem Monat. Dikhtiar will pünktlich Schluss machen. Wegen Schalke. „Ich denke, dass die Chancen aufs Weiterkommen gegen Donezk bei 50:50 liegen“, sagt er. Schachtjar hat zwar gute Spieler verloren, aber noch immer große Qualität.“ Dikhtiar ist sicher: „Die Mannschaft, die weiterkommt, kann auch die Europa League gewinnen.“
Und der BVB? „Interessiert mich nicht“, sagt er und lacht.