Noch vor dem Anpfiff des Pokal-Halbfinals zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Wolfsburg sorgte der BVB-Anhang für ein erstes optisches Highlight: die Konfetti-Choreografie beim Einlauf der Mannschaften. Der Schnipsel-Lawine auf dem Rasen Herr zu werden, erwies sich allerdings als kompliziert.
Essen.
Alles ist angerichtet. Der BVB empfängt den VfL Wolfsburg, es geht um das erste von zwei Tickets für Berlin. Die „Gelbe Wand“, wie der Dortmunder Anhang „seine“ Südtribüne ehrerbietend nennt, zaubert eine Choreografie in den Signal-Iduna-Park (Traditionalisten lesen an dieser Stelle wahlweise auch „Westfalenstadion“), dass einem die Augen übergehen. Tausende und abertausende güldene Konfetti-Schnipsel und Lametta-Streifen regnen auf den Rasen nieder, schaffen ein Fest der Farben, eine Fontäne der Fußballfreude, die tausenden Zuschauern im Stadion und vor den Fernsehschirmen die Münder vor Staunen offen stehen lässt, während die Mannschaften unter tosendem Applaus in den schwarz-gelben Fußball-Tempel einlaufen.
So weit, so schön.
Choreo-erfahren wie sie in Dortmund sind, hatten sich die Verantwortlichen im Vorfeld der Polyethylen-Parade natürlich auch Gedanken über die schnelle Entsorgung des Kunststoff-Teppichs gemacht, der den Strafraum und die Bereiche nahe der Eckfahnen bedeckte. Drei wackere Gestalten, mit Laubbläsern bewaffnet, sagten dem Glitzer den Kampf an. Doch durchschlagender Erfolg wollte sich bei ordentlich Gegenwind nicht so recht einstellen. Während also der Fernsehzuschauer auf den sich hinauszögernden Spielbeginn wartete, kamen unweigerlich Gedanken an einen kleinen Möchtegern-Ritter auf, der einst in der spanischen Pampa gegen Windmühlen kämpfte. Und als das Spiel endlich begann, mischte sich immer noch eine beachtliche Menge Goldglänzendes mit dem Grün des Rasens.
ARD-Kommentator Steffen Simon schien zu ahnen, was kommen würde und stellte gleich einmal die Frage in den Raum, ob das denn wohl gut gehen würde. Dortmunds Wintertransfer Milos Jojic schien zu ahnen, was Simon ahnte und lieferte prompt den Gegenbeweis. Über die rechte Außenbahn gut in Szene gesetzt, versuchte er sich mit einem Haken in den Sechszehner der Wölfe zu dribbeln – und schon war er ausgerutscht, der Arme.
Der deutsche Fußball hingegen ist um eine Anekdote reicher. Und schon wieder kamen Erinnerungen auf, diesmal an das Uefa-Cup-Halbfinale zwischen Werder Bremen und dem HSV anno 2009, als Hamburgs Michael Graavgard eine Papierkugel, die Teil einer Choreografie sein sollte, anschoss und das Spielgerät ins Aus trudelte. Ecke Werder, der Rest ist Geschichte. Die damit endete, dass besagte Papierkugel zum „Internetstar“ mit eigenem Twitter-Account wurde, unzählige eBay-Auktionen nach sich zog und es sogar ins Werder-Museum schaffte. Doch ins „Borusseum“ wird es das Dortmunder Konfetti nicht schaffen, wenn überhaupt verschwindend geringen Einfluss hatte es schließlich auf den Ausgang der Partie. Und das ist auch gut so.
Was also mitnehmen aus der Plastikschnipsel-Posse von Dortmund?
Zum einen, dass der Einsatz lediglich dreier Laubbläser von weiser, aber auch überoptimistischer Vorausplanung zeugte. Zum anderen, dass der Schuss mit der Lamettakanone aus Dortmunder Sicht im schlimmsten anzunehmenden Fall sogar hätte nach hinten losgehen können. Um den Gedanken einmal weiterzuspinnen: Angenommen nicht Wolfsburg, sondern der BVB hätte die Seitenwahl gewonnen, zuerst Richtung Nordtribüne gespielt und Wolfsburg eingenetzt, weil ein Dortmunder Verteidiger im entscheidenden Moment ausrutscht… Zu guter Letzt und vor allem aber nehmen wir mit, dass derartige Choreos eine Bereicherung für den Fußball in deutschen Stadien sind. Also bitte mehr davon. Doch Achtung: Rasen betreten auf eigene Gefahr.