Dortmund.
Mit dem Erlebten, dem Anschlag auf das eigene Leben, geht jeder BVB-Spieler anders um. Da wäre Marcel Schmelzer, der mit leicht feuchten Augen sagt: „Es war wieder so, dass ich, bis wir geschlossen rausgegangen sind, nicht viel an Fußball gedacht habe.“ Oder Sokratis, der erklärt: „Wir müssen weitermachen. Das Leben geht weiter.“ Oder eben Nuri Sahin, der über die Tat nicht mehr sprechen will.
Aber die Mannschaft, die Verantwortlichen, die Fans haben erkannt, dass sie trotzdem nur gemeinsam diese schwierige Phase überstehen. Und so war der 3:1 (2:1)-Erfolg von Borussia Dortmund im eigenen Stadion ein Erfolg, der die Schwarz-Gelben noch enger zusammengeschweißt hat. Der BVB rückt zusammen. Oder, wie es der Dortmunder Trainer Thomas Tuchel ausdrückte: „An diesen Heimsieg werden wir noch eine Weile denken.“
Nur vier Tage nach dem Anschlag auf den BVB-Bus ist es dabei immer noch so, dass der Erfolg unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden muss: sportlich und emotional.
Sportlich gesehen, war es ein extrem wichtiger Sieg durch Tore von Marco Reus (3.), Sokratis (35.) und Pierre-Emerick Aubameyang (86.). Die Dortmunder bleiben durch die drei Punkte an dem Drittplatzieren TSG Hoffenheim dran, die zeitgleich gegen Gladbach gewannen (5:3). Noch hat der BVB die direkte Qualifikation für die Champions League in der eigenen Hand. Ein Punkte beträgt der Rückstand auf die TSG. Aber: „Wir haben Hoffenheim noch zu Hause“, erklärte Kapitän Schmelzer.
Eine Energieleistung
Emotional gesehen, war dieser Sieg aber noch viel wichtiger. Vier Tage nach dem Attentat, bei dem sich Marc Bartra schwer verletzte, schwang sich die Mannschaft zu einer Energieleistung auf. „Es war eine außergewöhnliche Charakterleistung meiner Elf. Dafür gebührt ihr der allerhöchste Respekt“, meinte der Dortmunder Trainer Thomas Tuchel.
Für 90 Minuten konnten die Spieler das Erlebte hinter sich lassen, vergessen. „Fußball ist eine Chance, uns abzulenken“, erklärte Sokratis. Und die Fans wollen ihrer Mannschaft auf dem langen Weg in die Normalität helfen. Nach den 90 Minuten, als das Erlebte wieder in den Mittelpunkte rückte, feierte die Südtribüne die BVB-Elf so laut wie selten. Arm in Arm standen die Spieler vor den 25.000 Anhängern, hielten gemeinsam ein Trikot des verletzten Marc Bartra hoch. Für Schmelzer war das ein Gänsehausmoment. „Das wird uns als Mannschaft zusammenschweißen“, meinte der Kapitän. Und Tuchel erklärte: „Der emotionale Moment vor der Südtribüne nach dem Spiel hat gezeigt, wie die Mannschaft mit der Situation umgeht.“
Reus kehrt zurück
Dass der BVB überhaupt die drei Punkte feiern konnte, lag zu einem Großteil an einem, der nach fünf Wochen Verletzungspause erstmals wieder auf dem Platz stand: Marco Reus. Der Nationalspieler wirkte so, als hätte es die Verletzungspause wegen eines Muskelfaserrisses im Oberschenkel nie gegeben. Nicht nur wegen seines Tores zum 1:0 in der dritten Minute per Hackentrick. Reus war präsent, leitete viele Offensivaktionen der Schwarz-Gelben ein. In der Halbzeit wurde er ausgewechselt. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, wie Tuchel versicherte.
Nach dem 1:1-Ausgleich von Frankfurts Marco Fabian (29.) drohte das Spiel zu kippen, doch es war Abwehrspieler Sokratis, der sein „schönstes Tor“ zum 2:1 erzielte. Danach verpasste es der BVB, frühzeitig für die Entscheidung zu sorgen. Erst der 26. Saisontreffer von Pierre-Emerick Aubameyang in der 86. Minute sorgte für Erleichterung. Es folgte der gemeinsame Gänsehautmoment.