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Ex-BVB-Spieler Feiersinger über seine abgekühlte Liebe zum Fußball

Ex-BVB-Spieler Feiersinger über seine abgekühlte Liebe

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foto Ex-Fußball-Profi Wolfgang Feiersinger (Borussia Dortmund) auf seiner Alm in Aurach (nahe Kitzbühel, Österreich) mit Lebensgefährtin Karin Rass.
Der Österreicher Wolfgang Feiersinger war einst erfolgreicher Fußball-Profi, legendär sind bei den BVB-Fans bis heute seine Einsätze 1997 in den Halbfinal-Duellen der Champions League mit Manchester United. Heute bewirtschaftet er eine Berghütte in den Tiroler Alpen und genießt mit seiner Freundin das „Alpen Fern-Sehen“.

Aurach bei Kitzbühel. 

Wenn Wolfgang Feiersinger abends in seinem Wohnzimmer sitzt, kann er eine beeindruckende Aussicht genießen: Unter ihm ruht ein weitläufiges grünes Bergtal. Aus der Ferne grüßen ihn die Gipfel der Tiroler Alpen wie freundliche Nachbarn. Natur-Idylle pur, die man mit allen Sinnen erleben kann. „Du siehst es, du riechst es. Und du hörst die Stille“, sagt Feiersinger, der mit seiner Freundin Karin Sass die Hochwild-Alm-Hütte in den Kitzbühler Alpen betreibt. Beide sitzen abends gerne auf der kleinen Terrasse vor der Holztür der Hütte, ihrem Wohnzimmer, und genießen beim Wein ihr „Alpen Fern-Sehen“. „Das ist Lebensqualität“, sagt Feiersinger.

Früher saßen im Wohnzimmer von Wolfgang Feiersinger 40.000 Menschen. Oder 50.000. Oder 80.000, wenn es ein Heimspiel seines Klubs Borussia Dortmund war. Feiersinger war Fußball-Profi. Das Stadion war sein Zuhause. Nachdem das Flutlicht eingeschaltet worden war, fieberten zigtausend Fans auf den Rängen und Millionen Zuschauer vor den Fernsehern mit, wenn der Österreicher einen seiner feinen Pässe spielte.

Im Finale nur auf der Tribüne

Feiersinger, 47, hat in seinen zwanzig Profijahren viel erlebt. Er stand mit Austria Salzburg im UEFA-Pokal-Finale, spielte für sein Heimatland bei der WM 1998 in Frankreich. Seine erfolgreichste Zeit hatte er Ende der 90er-Jahre bei Borussia Dortmund. Legendär sind bei den BVB-Fans bis heute seine Einsätze 1997 in den Halbfinal-Duellen der Champions League mit Manchester United. Dortmund zog, auch dank Libero Feiersinger, ins Endspiel ein.

Nur wurde aus dem größten Moment seiner Karriere der dunkelste. Matthias Sammer, zuvor verletzt, war beim Finale einsatzbereit. Trainer Ottmar Hitzfeld holte Sammer in die Startelf. Und setzte Feiersinger auf die Tribüne. „Ein echter Ottmar“ wird die Entscheidung bis heute in Dortmund genannt.

Der Rest ist Fußballgeschichte. Der BVB siegte. „Aber ich konnte mich nicht freuen“, sagt Feiersinger. „Es war eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens. Die Menschlichkeit blieb auf der Strecke“, sagte Hitzfeld später.

Es war nicht das einzige Mal, dass Feiersinger von seinem Fußball, mit dem er viel Spaß hatte und viel Geld verdiente, bitter enttäuscht wurde. Der Österreicher blieb im Geschäft und wurde Trainer. Im Nachwuchs von Red Bull Salzburg. Als dort, wie gerade erst wieder durch Ralf Rangnick, personell durchgewischt wurde, musste auch Feiersinger gehen. „Da war für mich endgültig Schluss“, sagt er. Feiersinger nutzte den Tiefpunkt zur Neu-Orientierung. Und startete in sein zweites Leben. Hoch oben auf 1557 Metern, wo sich nur Wanderer, Murmeltiere und Steinböcke begegnen, pachtete er vor vier Jahren mit Freundin Karin die Hochwildalm-Hütte. Er kehrte in die Berge zurück, aus denen er kommt. „Mein Leben nach dem Fußball gehört der Natur. Und die ist größer als alles andere.“

„Ein großes Geschäft und Zirkus“

Zum Fußball, einst seine große Leidenschaft, sein Beruf und seine Berufung, ist er auf Distanz gegangen. Es ist eine abgekühlte, eine enttäuschte Liebe. „Fußball ist ein großes Geschäft und Zirkus“, findet Feiersinger, wenn er von seiner Berghütte auf das bunte Treiben hinabschaut. Ihn stören die meinungslosen Einheitstypen. „Einen geraden Michi wie mich, der seine Meinung sagt, gibt es kaum noch.“

Neulich mühte sich sein ehemaliger BVB-Mitspieler Andy Möller den zweistündigen Fußweg zur Hütte hinauf. Und beide sprachen über die – nicht immer – guten alten Zeiten. Damals, als Feiersinger mal mit Julio Cesar im Playboy zu sehen war. Der braun gebrannte Beau mit den blauen Auge ist er immer noch. Nur während ihm früher die Sporttasche hintergetragen wurde, packt er heute selbst an. Als Koch. Als Bedienung. Als Hausmeister. Als Schreiner. Gerade hat er den Hühnern einen Stall gebaut.

„Für die Frühstückseier. Denn morgens“, verrät Wolfgang Feiersinger, „ist die Aussicht hier oben oft noch schöner als am Abend“.