Riesen-Wirbel um den Auftritt eines Taliban-Vertreters am Donnerstag (16. November) in einer Moschee in NRW. Ein Sprecher der Taliban veröffentlichte im Nachgang Ausschnitte der Propaganda-Rede bei „X“ (vormals Twitter).
Der Vorgang ist ein Schlag ins Gesicht für die Behörden – und für die zahlreichen Opfer des militant-islamistischen Regimes in Afghanistan, die in Deutschland Schutz suchen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Auftritt in der NRW-Moschee scharf kritisiert. Der Moschee-Verband Ditib reagierte sofort.
NRW: Taliban-Skandal – „Sind schockiert“
Bei dem Redner handelte es sich um Abdul Bari Omar. Der Direktor der Nationalen Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde der Taliban hielt seine Rede vor Dutzenden Zuhörern in einer Moschee des deutsch-türkischen Ditib-Verbandes (mehr zum Ditib-Verband hier). Dabei habe er nach ARD-Angaben von angeblichen Erfolgen der Taliban-Regierung in Afghanistan gesprochen und dazu aufgerufen, kritischen Medien zu misstrauen.
Der Vortrag sei einem Loblied auf die Taliban gleichgekommen, die vor zwei Jahren die Macht in Afghanistan zurückerobert hatten und seitdem große Teile der Bevölkerung unterdrücken. Insbesondere Frauen dürfen kaum noch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Omars Appell: „Freunde, lasst uns den Fakten über die Errungenschaften der Taliban Aufmerksamkeit schenken, ohne auf die Medien zu achten. Wir müssen versuchen, die Fakten selbst herauszufinden.“
Auch interessant: Bürgergeld-Empfänger aus NRW gibt zu: „Der Staat geht mir am Arsch vorbei“
Auf Nachfrage von DER WESTEN distanzierte sich der Ditib-Bundesverband von dem Auftritt. Man habe den Saal der Moschee in Köln-Chorweiler dem „Kulturverein der Kunar Jugendlichen e.V.“ zur Verfügung gestellt. Entgegen vertraglicher Vereinbarungen seien die Räumlichkeiten zu politischen Zwecken missbraucht worden. „Wir sind schockiert über diese Veranstaltung. Wir sind zutiefst enttäuscht, dass unser Vertrauen dermaßen ausgenutzt wurde. Das stellt einen eklatanten Vertragsbruch dar“, so die Ditib klar und weiter: „Unsere Gemeinde, unser Verband, die Ditib lehnt jede – auch nur geistige – Nähe zur Taliban ab.“
Jetzt kostenlos die wichtigsten News von DER WESTEN auf dein Handy.
Wie kam der Taliban-Vertreter nach Deutschland?
Nancy Faeser forderte Aufklärung: „Der Auftritt des Taliban-Vertreters in Köln ist vollkommen inakzeptabel und scharf zu verurteilen“, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur: „Niemand darf radikalen Islamisten in Deutschland eine Bühne bieten.“ Die Taliban seien für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, sagte Faeser weiter. „Wir schützen in Deutschland viele Geflüchtete aus Afghanistan vor der Unterdrückungsherrschaft der Taliban. Deshalb haben Taliban-Funktionäre absolut nichts zu suchen in Deutschland.“
Mehr Themen:
Unklar blieb zunächst, wie Abdul Bari Omar überhaupt nach Deutschland einreisen konnte. Es ist eine Frage, die angesichts der angespannten Sicherheitslage in Deutschland allen unter den Nägeln brennt. Dem Auswärtigen Amt sei die Reise nicht angekündigt und dem Taliban-Vertreter kein Visum erteilt worden. In der Zwischenzeit ist durchgesickert, dass Abdul Bari Omar über die Niederlande nach Deutschland gekommen war. Dort sorgt ein Foto des Taliban-Vertreters mit dem niederländischen Gesundheitsminister Ernst Kuipers für Wirbel. Der habe nach eigenen Angaben nicht gewusst, wer da neben ihm steht. „Das war ein Fehler, der auf keinen Fall hätte passieren dürfen, und ich bereue es“, teilte Ernst Kuipers bei „X“ mit. Das Auswärtige Amt der Niederlande teilte auf Nachfrage von „T-online“ mit, wie der Mann ins Nachbarland einreisen konnte: „Diese Person steht auf keiner Sanktionsliste. Dennoch hätte ihm kein Visum gewährt werden dürfen. Das Außenministerium prüft derzeit die Vorgehensweise, um zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert.“ (mit dpa)